Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.nächsten Zeit die Gräfin Treuenfels werden sollte und auch sein wollte und - werden mußte. Ihr Denken war darin ganz frivol. Und Ottomar schauderte, daß er sah, wie sein Freund Graf Udo eine ebensolche Auffassung hatte. Dieser liebte offenbar seine goldgelockte Schwester. Der Bruder sah Helenen in ihrer Einsamkeit leiden. Helenens Phantasie war vom Bilde des Grafen, von seinen geistvollen Tändeleien, seinen Rückblicken auf die großartigen Natureindrücke, die er empfangen, von kleinen erlaubten Aufmerksamkeiten mit Bildern, Photographieen und dergleichen eingenommen. Sollte er den Freund nicht ernstlich über die Gefahren für Leib und Seele seiner geliebten Schwester zur Rede stellen? Aber da hörte er dann diesen von Adas Neigung zu ihm sprechen, vom Drängen der Generalin, vom Drängen des mit Schulden belasteten aus der Armee gestoßenen Bruders. Alles, was Forbeck hieße, wartete mit Verzweiflung auf den Tag der Vermählung. Graf Udo hatte so viel Schulden für diese Familie zu bezahlen, daß sich schon dadurch allein sein Gemüth gegen Ada verdüsterte und verschloß. Sogar vor dem Freunde fing er kurz vor seiner Reise an geheim zu thun. Ottomars erneuerter Besuch bei der Marloff stellte ihre Lebensgeschichte nur noch fester. Seitdem waren ihm die Fäden der Verhandlung entglitten. nächsten Zeit die Gräfin Treuenfels werden sollte und auch sein wollte und – werden mußte. Ihr Denken war darin ganz frivol. Und Ottomar schauderte, daß er sah, wie sein Freund Graf Udo eine ebensolche Auffassung hatte. Dieser liebte offenbar seine goldgelockte Schwester. Der Bruder sah Helenen in ihrer Einsamkeit leiden. Helenens Phantasie war vom Bilde des Grafen, von seinen geistvollen Tändeleien, seinen Rückblicken auf die großartigen Natureindrücke, die er empfangen, von kleinen erlaubten Aufmerksamkeiten mit Bildern, Photographieen und dergleichen eingenommen. Sollte er den Freund nicht ernstlich über die Gefahren für Leib und Seele seiner geliebten Schwester zur Rede stellen? Aber da hörte er dann diesen von Adas Neigung zu ihm sprechen, vom Drängen der Generalin, vom Drängen des mit Schulden belasteten aus der Armee gestoßenen Bruders. Alles, was Forbeck hieße, wartete mit Verzweiflung auf den Tag der Vermählung. Graf Udo hatte so viel Schulden für diese Familie zu bezahlen, daß sich schon dadurch allein sein Gemüth gegen Ada verdüsterte und verschloß. Sogar vor dem Freunde fing er kurz vor seiner Reise an geheim zu thun. Ottomars erneuerter Besuch bei der Marloff stellte ihre Lebensgeschichte nur noch fester. Seitdem waren ihm die Fäden der Verhandlung entglitten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0226" n="220"/> nächsten Zeit die Gräfin Treuenfels werden sollte und auch sein wollte und – werden mußte. Ihr Denken war darin ganz frivol. Und Ottomar schauderte, daß er sah, wie sein Freund Graf Udo eine ebensolche Auffassung hatte. Dieser liebte offenbar seine goldgelockte Schwester. Der Bruder sah Helenen in ihrer Einsamkeit leiden. Helenens Phantasie war vom Bilde des Grafen, von seinen geistvollen Tändeleien, seinen Rückblicken auf die großartigen Natureindrücke, die er empfangen, von kleinen erlaubten Aufmerksamkeiten mit Bildern, Photographieen und dergleichen eingenommen. Sollte er den Freund nicht ernstlich über die Gefahren für Leib und Seele seiner geliebten Schwester zur Rede stellen? Aber da hörte er dann diesen von Adas Neigung zu ihm sprechen, vom Drängen der Generalin, vom Drängen des mit Schulden belasteten aus der Armee gestoßenen Bruders. Alles, was Forbeck hieße, wartete mit Verzweiflung auf den Tag der Vermählung. Graf Udo hatte so viel Schulden für diese Familie zu bezahlen, daß sich schon dadurch allein sein Gemüth gegen Ada verdüsterte und verschloß. Sogar vor dem Freunde fing er kurz vor seiner Reise an geheim zu thun. Ottomars erneuerter Besuch bei der Marloff stellte ihre Lebensgeschichte nur noch fester. Seitdem waren ihm die Fäden der Verhandlung entglitten. </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [220/0226]
nächsten Zeit die Gräfin Treuenfels werden sollte und auch sein wollte und – werden mußte. Ihr Denken war darin ganz frivol. Und Ottomar schauderte, daß er sah, wie sein Freund Graf Udo eine ebensolche Auffassung hatte. Dieser liebte offenbar seine goldgelockte Schwester. Der Bruder sah Helenen in ihrer Einsamkeit leiden. Helenens Phantasie war vom Bilde des Grafen, von seinen geistvollen Tändeleien, seinen Rückblicken auf die großartigen Natureindrücke, die er empfangen, von kleinen erlaubten Aufmerksamkeiten mit Bildern, Photographieen und dergleichen eingenommen. Sollte er den Freund nicht ernstlich über die Gefahren für Leib und Seele seiner geliebten Schwester zur Rede stellen? Aber da hörte er dann diesen von Adas Neigung zu ihm sprechen, vom Drängen der Generalin, vom Drängen des mit Schulden belasteten aus der Armee gestoßenen Bruders. Alles, was Forbeck hieße, wartete mit Verzweiflung auf den Tag der Vermählung. Graf Udo hatte so viel Schulden für diese Familie zu bezahlen, daß sich schon dadurch allein sein Gemüth gegen Ada verdüsterte und verschloß. Sogar vor dem Freunde fing er kurz vor seiner Reise an geheim zu thun. Ottomars erneuerter Besuch bei der Marloff stellte ihre Lebensgeschichte nur noch fester. Seitdem waren ihm die Fäden der Verhandlung entglitten.
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