Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.nach meiner Bitte gehandelt! Ich hatte den Schlüssel verlegt und erst später gefunden! Die Commerzienräthin war sprachlos. Schwägerin Dora handelte energisch. Die Kranke wurde auf ihr Zimmer gebracht. Sah sie doch, als sie sich etwas erholte, daß ihr Sohn ausgeführt, womit er schon lange gedroht hatte. Sie sah die Papiere, die Blechkapsel, die vielleicht schon die Documente auch - des innigsten Verkehrs mit Martha Ehlerdt enthielten! Die anonymen Briefe, die ebenfalls darin liegen sollten mit dem einzigen Exemplar des Testamentes, verwandelten sich in giftige sich ringelnde Schlangen, die mit dem Stachel ihrer Zunge nach ihrem Herzen zielten. Man mußte sie in ihr Bett, nachdem auch dieses sorgfältig, wie der Fußteppich, untersucht worden war, mehr forttragen, als führen. Ihr nur halbes Mitmachen eines glänzend begonnenen Festabends war nichts Seltenes. Alle waren ihr stilles Sichzurückziehen gewohnt, sogar das jeweilige Fehlen des Hausherrn, wo dann Tante Dora die Honneurs machte. Inzwischen war das Souper im vollen Zuge. Der Staatsanwalt sah sich bei Tisch den "unverfrorenen" drei Männern gegenüber, von denen zwei mit bester Laune ihm aus dem grünen Römerglase, gefüllt mit köstlichem Niersteiner, zutranken, ohne indeß mit dem nach meiner Bitte gehandelt! Ich hatte den Schlüssel verlegt und erst später gefunden! Die Commerzienräthin war sprachlos. Schwägerin Dora handelte energisch. Die Kranke wurde auf ihr Zimmer gebracht. Sah sie doch, als sie sich etwas erholte, daß ihr Sohn ausgeführt, womit er schon lange gedroht hatte. Sie sah die Papiere, die Blechkapsel, die vielleicht schon die Documente auch – des innigsten Verkehrs mit Martha Ehlerdt enthielten! Die anonymen Briefe, die ebenfalls darin liegen sollten mit dem einzigen Exemplar des Testamentes, verwandelten sich in giftige sich ringelnde Schlangen, die mit dem Stachel ihrer Zunge nach ihrem Herzen zielten. Man mußte sie in ihr Bett, nachdem auch dieses sorgfältig, wie der Fußteppich, untersucht worden war, mehr forttragen, als führen. Ihr nur halbes Mitmachen eines glänzend begonnenen Festabends war nichts Seltenes. Alle waren ihr stilles Sichzurückziehen gewohnt, sogar das jeweilige Fehlen des Hausherrn, wo dann Tante Dora die Honneurs machte. Inzwischen war das Souper im vollen Zuge. Der Staatsanwalt sah sich bei Tisch den „unverfrorenen“ drei Männern gegenüber, von denen zwei mit bester Laune ihm aus dem grünen Römerglase, gefüllt mit köstlichem Niersteiner, zutranken, ohne indeß mit dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0261" n="255"/> nach meiner Bitte gehandelt! Ich hatte den Schlüssel verlegt und erst später gefunden! </p> <p>Die Commerzienräthin war sprachlos. Schwägerin Dora handelte energisch. Die Kranke wurde auf ihr Zimmer gebracht. Sah sie doch, als sie sich etwas erholte, daß ihr Sohn ausgeführt, womit er schon lange gedroht hatte. Sie sah die Papiere, die Blechkapsel, die vielleicht schon die Documente auch – des innigsten Verkehrs mit Martha Ehlerdt enthielten! Die anonymen Briefe, die ebenfalls darin liegen sollten mit dem einzigen Exemplar des Testamentes, verwandelten sich in giftige sich ringelnde Schlangen, die mit dem Stachel ihrer Zunge nach ihrem Herzen zielten. Man mußte sie in ihr Bett, nachdem auch dieses sorgfältig, wie der Fußteppich, untersucht worden war, mehr forttragen, als führen. Ihr nur halbes Mitmachen eines glänzend begonnenen Festabends war nichts Seltenes. Alle waren ihr stilles Sichzurückziehen gewohnt, sogar das jeweilige Fehlen des Hausherrn, wo dann Tante Dora die Honneurs machte. </p> <p>Inzwischen war das Souper im vollen Zuge. Der Staatsanwalt sah sich bei Tisch den „<ref xml:id="TEXTunverfrorenen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLunverfrorenen">unverfrorenen</ref>“ drei Männern gegenüber, von denen zwei mit bester Laune ihm aus dem grünen Römerglase, gefüllt mit köstlichem Niersteiner, zutranken, ohne indeß mit dem </p> </div> </body> </text> </TEI> [255/0261]
nach meiner Bitte gehandelt! Ich hatte den Schlüssel verlegt und erst später gefunden!
Die Commerzienräthin war sprachlos. Schwägerin Dora handelte energisch. Die Kranke wurde auf ihr Zimmer gebracht. Sah sie doch, als sie sich etwas erholte, daß ihr Sohn ausgeführt, womit er schon lange gedroht hatte. Sie sah die Papiere, die Blechkapsel, die vielleicht schon die Documente auch – des innigsten Verkehrs mit Martha Ehlerdt enthielten! Die anonymen Briefe, die ebenfalls darin liegen sollten mit dem einzigen Exemplar des Testamentes, verwandelten sich in giftige sich ringelnde Schlangen, die mit dem Stachel ihrer Zunge nach ihrem Herzen zielten. Man mußte sie in ihr Bett, nachdem auch dieses sorgfältig, wie der Fußteppich, untersucht worden war, mehr forttragen, als führen. Ihr nur halbes Mitmachen eines glänzend begonnenen Festabends war nichts Seltenes. Alle waren ihr stilles Sichzurückziehen gewohnt, sogar das jeweilige Fehlen des Hausherrn, wo dann Tante Dora die Honneurs machte.
Inzwischen war das Souper im vollen Zuge. Der Staatsanwalt sah sich bei Tisch den „unverfrorenen“ drei Männern gegenüber, von denen zwei mit bester Laune ihm aus dem grünen Römerglase, gefüllt mit köstlichem Niersteiner, zutranken, ohne indeß mit dem
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