Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

wechselten hier mit Hütten und Bretterzäunen. Ist Edwina eine Tochter der Nacht? Das würde sich jetzt verrathen können, wenn ich noch an ihrem Fenster Licht sähe! dachte Ottomar. Daß Raimund Ehlerdt in demselben menschenüberfüllten Hause wohnte, war ihm nicht unbekannt.

Sein zweiter und dritter Besuch bei Edwina waren ganz unglücklich abgelaufen. Sie hatte ihn nur durch die Thürspalte, die von einer Kette gebildet wurde, empfangen und frivol lachend gesagt: Schicken Sie mir den Grafen oder das Geld!

An den Fenstern der Nummer 13 Palissadenstraße war Alles dunkel. Alles lag ringsum wie im tiefsten Schlafe. Der Wind pfiff. Ottomar zog den Ueberzieher fester über die leichte Ballkleidung und gedachte seines wenig geschützten Schuhwerks. Schon wollte er rasch in sein Viertel zu gelangen suchen, da bemerkte er Lichtschimmer durch die obere Glasblende der Hausthür. Er trat näher, hörte Geräusch und bald drehte sich der Hausschlüssel. Ein Mann in tiefer Vermummung durch einen Mantel wurde von einer alten Frau hinausgelassen. Hat sie ihre Bedienung gewechselt? Oder ist das die wahre Vertraute und alles Andere, die Josefa, nur Schein? waren Ottomars erste Gedanken. Schon war die Thür wieder zugeworfen und geschlossen. Der

wechselten hier mit Hütten und Bretterzäunen. Ist Edwina eine Tochter der Nacht? Das würde sich jetzt verrathen können, wenn ich noch an ihrem Fenster Licht sähe! dachte Ottomar. Daß Raimund Ehlerdt in demselben menschenüberfüllten Hause wohnte, war ihm nicht unbekannt.

Sein zweiter und dritter Besuch bei Edwina waren ganz unglücklich abgelaufen. Sie hatte ihn nur durch die Thürspalte, die von einer Kette gebildet wurde, empfangen und frivol lachend gesagt: Schicken Sie mir den Grafen oder das Geld!

An den Fenstern der Nummer 13 Palissadenstraße war Alles dunkel. Alles lag ringsum wie im tiefsten Schlafe. Der Wind pfiff. Ottomar zog den Ueberzieher fester über die leichte Ballkleidung und gedachte seines wenig geschützten Schuhwerks. Schon wollte er rasch in sein Viertel zu gelangen suchen, da bemerkte er Lichtschimmer durch die obere Glasblende der Hausthür. Er trat näher, hörte Geräusch und bald drehte sich der Hausschlüssel. Ein Mann in tiefer Vermummung durch einen Mantel wurde von einer alten Frau hinausgelassen. Hat sie ihre Bedienung gewechselt? Oder ist das die wahre Vertraute und alles Andere, die Josefa, nur Schein? waren Ottomars erste Gedanken. Schon war die Thür wieder zugeworfen und geschlossen. Der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0276" n="270"/>
wechselten hier mit Hütten und Bretterzäunen. Ist Edwina eine Tochter der Nacht? Das würde sich jetzt verrathen können, wenn ich noch an ihrem Fenster Licht sähe! dachte Ottomar. Daß Raimund Ehlerdt in demselben menschenüberfüllten Hause wohnte, war ihm nicht unbekannt. </p>
        <p>Sein zweiter und dritter Besuch bei Edwina waren ganz unglücklich abgelaufen. Sie hatte ihn nur durch die Thürspalte, die von einer Kette gebildet wurde, empfangen und frivol lachend gesagt: Schicken Sie mir den Grafen oder das Geld! </p>
        <p>An den Fenstern der Nummer 13 Palissadenstraße war Alles dunkel. Alles lag ringsum wie im tiefsten Schlafe. Der Wind pfiff. Ottomar zog den Ueberzieher fester über die leichte Ballkleidung und gedachte seines wenig geschützten Schuhwerks. Schon wollte er rasch in sein Viertel zu gelangen suchen, da bemerkte er Lichtschimmer durch die obere Glasblende der Hausthür. Er trat näher, hörte Geräusch und bald drehte sich der Hausschlüssel. Ein Mann in tiefer Vermummung durch einen Mantel wurde von einer alten Frau hinausgelassen. Hat sie ihre Bedienung gewechselt? Oder ist das die wahre Vertraute und alles Andere, die Josefa, nur Schein? waren Ottomars erste Gedanken. Schon war die Thür wieder zugeworfen und geschlossen. Der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0276] wechselten hier mit Hütten und Bretterzäunen. Ist Edwina eine Tochter der Nacht? Das würde sich jetzt verrathen können, wenn ich noch an ihrem Fenster Licht sähe! dachte Ottomar. Daß Raimund Ehlerdt in demselben menschenüberfüllten Hause wohnte, war ihm nicht unbekannt. Sein zweiter und dritter Besuch bei Edwina waren ganz unglücklich abgelaufen. Sie hatte ihn nur durch die Thürspalte, die von einer Kette gebildet wurde, empfangen und frivol lachend gesagt: Schicken Sie mir den Grafen oder das Geld! An den Fenstern der Nummer 13 Palissadenstraße war Alles dunkel. Alles lag ringsum wie im tiefsten Schlafe. Der Wind pfiff. Ottomar zog den Ueberzieher fester über die leichte Ballkleidung und gedachte seines wenig geschützten Schuhwerks. Schon wollte er rasch in sein Viertel zu gelangen suchen, da bemerkte er Lichtschimmer durch die obere Glasblende der Hausthür. Er trat näher, hörte Geräusch und bald drehte sich der Hausschlüssel. Ein Mann in tiefer Vermummung durch einen Mantel wurde von einer alten Frau hinausgelassen. Hat sie ihre Bedienung gewechselt? Oder ist das die wahre Vertraute und alles Andere, die Josefa, nur Schein? waren Ottomars erste Gedanken. Schon war die Thür wieder zugeworfen und geschlossen. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/276
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/276>, abgerufen am 04.12.2024.