Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.sein mochte. Hohe Blattpflanzen, das unterschied Ottomar allmälig, unterbrachen die Portieren, die bronzenen Armleuchter, die Gueridons. Graf Udo zog eines der Fensterrouleaux auf. Da fiel ein Widerstrahl der Mittagssonne blitzend aus einem Spiegel heraus, auf ein Porträt in Lebensgröße, vor dem, in Betrachtung versunken, die ehrwürdige Dame saß. Der junge Graf hatte es leicht, den Willen der Tante zu lenken. Denn die als Prinzessin von einem strengen Vater erzogene willenlose Frau hing mit abgöttischer Verehrung an den Lippen des so lange ihr entzogen gewesenen einzigen jüngeren Verwandten, den sie, außer einem Sonderling, dem Fürsten Rauden, der nicht weit von ihr wohnte, besaß. Sie hatte den Grafen Wilhelm wider den Willen ihrer Familie geheirathet und die Spannung war geblieben. Graf Udo hatte das Majorat ererbt. Sie, die Gräfin, auf ihr reiches Witthum angewiesen, ließ ihn schalten und walten. Sein fleißiger, interessanter Briefwechsel hatte sie früher für die Entbehrung seines Umgangs entschädigt. Ihr heißgeliebter Gatte hatte die Sitte, Abends im adligen Casino zuzubringen. Darüber hatte sie allerdings freudlose Stunden. Aber sie zürnte darum nicht dem Grafen Wilhelm und ihr Wirken für Wohlthätigkeit zerstreute sie. Sie fühlte sich glücklich, den Grafen in seinen sein mochte. Hohe Blattpflanzen, das unterschied Ottomar allmälig, unterbrachen die Portièren, die bronzenen Armleuchter, die Gueridons. Graf Udo zog eines der Fensterrouleaux auf. Da fiel ein Widerstrahl der Mittagssonne blitzend aus einem Spiegel heraus, auf ein Porträt in Lebensgröße, vor dem, in Betrachtung versunken, die ehrwürdige Dame saß. Der junge Graf hatte es leicht, den Willen der Tante zu lenken. Denn die als Prinzessin von einem strengen Vater erzogene willenlose Frau hing mit abgöttischer Verehrung an den Lippen des so lange ihr entzogen gewesenen einzigen jüngeren Verwandten, den sie, außer einem Sonderling, dem Fürsten Rauden, der nicht weit von ihr wohnte, besaß. Sie hatte den Grafen Wilhelm wider den Willen ihrer Familie geheirathet und die Spannung war geblieben. Graf Udo hatte das Majorat ererbt. Sie, die Gräfin, auf ihr reiches Witthum angewiesen, ließ ihn schalten und walten. Sein fleißiger, interessanter Briefwechsel hatte sie früher für die Entbehrung seines Umgangs entschädigt. Ihr heißgeliebter Gatte hatte die Sitte, Abends im adligen Casino zuzubringen. Darüber hatte sie allerdings freudlose Stunden. Aber sie zürnte darum nicht dem Grafen Wilhelm und ihr Wirken für Wohlthätigkeit zerstreute sie. Sie fühlte sich glücklich, den Grafen in seinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="35"/> sein mochte. Hohe Blattpflanzen, das unterschied Ottomar allmälig, unterbrachen die <ref xml:id="TEXTPortieren" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLPortieren">Portièren</ref>, die bronzenen Armleuchter, die <ref xml:id="TEXTGueridons" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLGueridons">Gueridons</ref>. Graf Udo zog eines der <ref xml:id="TEXTFensterrouleaux" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLFensterrouleaux">Fensterrouleaux</ref> auf. Da fiel ein Widerstrahl der Mittagssonne blitzend aus einem Spiegel heraus, auf ein Porträt in Lebensgröße, vor dem, in Betrachtung versunken, die ehrwürdige Dame saß. </p> <p>Der junge Graf hatte es leicht, den Willen der Tante zu lenken. Denn die als Prinzessin von einem strengen Vater erzogene willenlose Frau hing mit abgöttischer Verehrung an den Lippen des so lange ihr entzogen gewesenen einzigen jüngeren Verwandten, den sie, außer einem Sonderling, dem Fürsten Rauden, der nicht weit von ihr wohnte, besaß. Sie hatte den Grafen Wilhelm wider den Willen ihrer Familie geheirathet und die Spannung war geblieben. Graf Udo <ref xml:id="TEXThattedasBSererbt" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLhattedasBISererbt">hatte das Majorat ererbt</ref>. Sie, die Gräfin, auf ihr reiches <ref xml:id="TEXTWitthum" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLWitthum">Witthum</ref> angewiesen, ließ ihn schalten und walten. Sein fleißiger, interessanter Briefwechsel hatte sie früher für die Entbehrung seines Umgangs entschädigt. Ihr heißgeliebter Gatte hatte die Sitte, Abends im adligen Casino zuzubringen. Darüber hatte sie allerdings freudlose Stunden. Aber sie zürnte darum nicht dem Grafen Wilhelm und ihr Wirken für Wohlthätigkeit zerstreute sie. Sie fühlte sich glücklich, den Grafen in seinen </p> </div> </body> </text> </TEI> [35/0041]
sein mochte. Hohe Blattpflanzen, das unterschied Ottomar allmälig, unterbrachen die Portièren, die bronzenen Armleuchter, die Gueridons. Graf Udo zog eines der Fensterrouleaux auf. Da fiel ein Widerstrahl der Mittagssonne blitzend aus einem Spiegel heraus, auf ein Porträt in Lebensgröße, vor dem, in Betrachtung versunken, die ehrwürdige Dame saß.
Der junge Graf hatte es leicht, den Willen der Tante zu lenken. Denn die als Prinzessin von einem strengen Vater erzogene willenlose Frau hing mit abgöttischer Verehrung an den Lippen des so lange ihr entzogen gewesenen einzigen jüngeren Verwandten, den sie, außer einem Sonderling, dem Fürsten Rauden, der nicht weit von ihr wohnte, besaß. Sie hatte den Grafen Wilhelm wider den Willen ihrer Familie geheirathet und die Spannung war geblieben. Graf Udo hatte das Majorat ererbt. Sie, die Gräfin, auf ihr reiches Witthum angewiesen, ließ ihn schalten und walten. Sein fleißiger, interessanter Briefwechsel hatte sie früher für die Entbehrung seines Umgangs entschädigt. Ihr heißgeliebter Gatte hatte die Sitte, Abends im adligen Casino zuzubringen. Darüber hatte sie allerdings freudlose Stunden. Aber sie zürnte darum nicht dem Grafen Wilhelm und ihr Wirken für Wohlthätigkeit zerstreute sie. Sie fühlte sich glücklich, den Grafen in seinen
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