Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.gegangen! Den Rest mache ich heute Abend ab. Ich besuche Ihren Vater in seiner Wohnung. Seien Sie doch auch da! Sie sollen ja eine hübsche Schwester haben? Die aber dem Vater nicht Modell steht! erwiderte der Bruder, etwas verletzt durch diese plötzliche Gedankenverbindung. Der Graf schien so reinen Sinnes, daß er sich die bei ihm vorausgesetzte Gedankenreihe erst erklären mußte. Der junge Althing versank immer mehr in eine brütende Stimmung. Er meinte, er würde auf den überraschenden Besuch weder Mutter noch Schwester vorbereiten. Sonst sei der Vater im Stande, in den Künstlerverein zu laufen, an einen Ort, wo er noch zuweilen, wie er zu sagen pflegte, einen richtig construirten Menschen fände. Ein echter Künstler könnte denn doch, meinte er, lebenslang sein Rom und Neapel nicht vergessen! Lieber Althing, was ist überhaupt der Mensch! rief der Graf, mit einem sonderbaren plötzlich ausbrechenden bisher wie zurückgehaltenen Gefühl. Seine Worte schienen Scherz zu sein und doch begleitete sie in seinen Mienen ein tiefer Ernst. Aufrichtig gestanden, fuhr er fort, ich bin in der Lage, jetzt wie König Philipp auf der Bühne auszurufen: Gütige Vorsehung, gieb mir einen Menschen -! gegangen! Den Rest mache ich heute Abend ab. Ich besuche Ihren Vater in seiner Wohnung. Seien Sie doch auch da! Sie sollen ja eine hübsche Schwester haben? Die aber dem Vater nicht Modell steht! erwiderte der Bruder, etwas verletzt durch diese plötzliche Gedankenverbindung. Der Graf schien so reinen Sinnes, daß er sich die bei ihm vorausgesetzte Gedankenreihe erst erklären mußte. Der junge Althing versank immer mehr in eine brütende Stimmung. Er meinte, er würde auf den überraschenden Besuch weder Mutter noch Schwester vorbereiten. Sonst sei der Vater im Stande, in den Künstlerverein zu laufen, an einen Ort, wo er noch zuweilen, wie er zu sagen pflegte, einen richtig construirten Menschen fände. Ein echter Künstler könnte denn doch, meinte er, lebenslang sein Rom und Neapel nicht vergessen! Lieber Althing, was ist überhaupt der Mensch! rief der Graf, mit einem sonderbaren plötzlich ausbrechenden bisher wie zurückgehaltenen Gefühl. Seine Worte schienen Scherz zu sein und doch begleitete sie in seinen Mienen ein tiefer Ernst. Aufrichtig gestanden, fuhr er fort, ich bin in der Lage, jetzt wie König Philipp auf der Bühne auszurufen: Gütige Vorsehung, gieb mir einen Menschen –! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="37"/> gegangen! Den Rest mache ich heute Abend ab. Ich besuche Ihren Vater in seiner Wohnung. Seien Sie doch auch da! Sie sollen ja eine hübsche Schwester haben? </p> <p>Die aber dem Vater nicht Modell steht! erwiderte der Bruder, etwas verletzt durch diese plötzliche Gedankenverbindung. </p> <p>Der Graf schien so reinen Sinnes, daß er sich die bei ihm vorausgesetzte Gedankenreihe erst erklären mußte. Der junge Althing versank immer mehr in eine brütende Stimmung. Er meinte, er würde auf den überraschenden Besuch weder Mutter noch Schwester vorbereiten. Sonst sei der Vater im Stande, in den Künstlerverein zu laufen, an einen Ort, wo er noch zuweilen, wie er zu sagen pflegte, einen richtig construirten Menschen fände. Ein echter Künstler könnte denn doch, meinte er, lebenslang sein Rom und Neapel nicht vergessen! </p> <p>Lieber Althing, was ist überhaupt der Mensch! rief der Graf, mit einem sonderbaren plötzlich ausbrechenden bisher wie zurückgehaltenen Gefühl. Seine Worte schienen Scherz zu sein und doch begleitete sie in seinen Mienen ein tiefer Ernst. Aufrichtig gestanden, fuhr er fort, ich bin in der Lage, jetzt <ref xml:id="TEXTwieKoenigBISMenschen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLwieKoenigBISMenschen">wie König Philipp auf der Bühne auszurufen: Gütige Vorsehung, gieb mir einen Menschen</ref> –! </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0043]
gegangen! Den Rest mache ich heute Abend ab. Ich besuche Ihren Vater in seiner Wohnung. Seien Sie doch auch da! Sie sollen ja eine hübsche Schwester haben?
Die aber dem Vater nicht Modell steht! erwiderte der Bruder, etwas verletzt durch diese plötzliche Gedankenverbindung.
Der Graf schien so reinen Sinnes, daß er sich die bei ihm vorausgesetzte Gedankenreihe erst erklären mußte. Der junge Althing versank immer mehr in eine brütende Stimmung. Er meinte, er würde auf den überraschenden Besuch weder Mutter noch Schwester vorbereiten. Sonst sei der Vater im Stande, in den Künstlerverein zu laufen, an einen Ort, wo er noch zuweilen, wie er zu sagen pflegte, einen richtig construirten Menschen fände. Ein echter Künstler könnte denn doch, meinte er, lebenslang sein Rom und Neapel nicht vergessen!
Lieber Althing, was ist überhaupt der Mensch! rief der Graf, mit einem sonderbaren plötzlich ausbrechenden bisher wie zurückgehaltenen Gefühl. Seine Worte schienen Scherz zu sein und doch begleitete sie in seinen Mienen ein tiefer Ernst. Aufrichtig gestanden, fuhr er fort, ich bin in der Lage, jetzt wie König Philipp auf der Bühne auszurufen: Gütige Vorsehung, gieb mir einen Menschen –!
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