Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Kampf um's Dasein? Das sind Streikgedanken, mit denen Ihr umgeht, Plümicke! rief Helene. Das habt Ihr aus den Versammlungen mitgebracht! Martha Ehlerdt hat mir Schreckensdinge davon erzählt! Was seh' ich! Da ist sie ja! unterbrach sie sich mit freudigem Ausruf, sprang zum Atelier hinaus und eilte einem jungen Mädchen, das in wärmerer Herbstkleidung, stahlblauer, einfacher Straßenkleidung, über und über erröthet, rasch eilend in den Garten sprang, Helene umarmte und küßte mit den Worten: Ich wollte Dich nur im Vorbeifahren begrüßen! Draußen steht unser Wagen! Ich muß herumkutschiren, um all die Commissionen auszuführen für den Frauenverein, die unsere Commerzienräthin übernimmt, als wäre sie noch die Rüstigste, und hernach ist sie krank und Alles fällt auf mich -!

Helene kannte schon die wunderlichen Verhältnisse im Hause des Doctor Wolny, den ihr Bruder oft den unglücklichsten Menschen unter der Sonne nannte.

Inzwischen war Martha schon in's Atelier gesprungen und hatte die Hülfsarbeiter und den Meister begrüßt. Sie schüttelte diesem kräftig die Hand, die er eine Weile freigeben mußte von seiner Arbeit. Warum so eilig? fragte er ruhig.

Helene war nachgekommen.

Kampf um’s Dasein? Das sind Streikgedanken, mit denen Ihr umgeht, Plümicke! rief Helene. Das habt Ihr aus den Versammlungen mitgebracht! Martha Ehlerdt hat mir Schreckensdinge davon erzählt! Was seh’ ich! Da ist sie ja! unterbrach sie sich mit freudigem Ausruf, sprang zum Atelier hinaus und eilte einem jungen Mädchen, das in wärmerer Herbstkleidung, stahlblauer, einfacher Straßenkleidung, über und über erröthet, rasch eilend in den Garten sprang, Helene umarmte und küßte mit den Worten: Ich wollte Dich nur im Vorbeifahren begrüßen! Draußen steht unser Wagen! Ich muß herumkutschiren, um all die Commissionen auszuführen für den Frauenverein, die unsere Commerzienräthin übernimmt, als wäre sie noch die Rüstigste, und hernach ist sie krank und Alles fällt auf mich –!

Helene kannte schon die wunderlichen Verhältnisse im Hause des Doctor Wolny, den ihr Bruder oft den unglücklichsten Menschen unter der Sonne nannte.

Inzwischen war Martha schon in’s Atelier gesprungen und hatte die Hülfsarbeiter und den Meister begrüßt. Sie schüttelte diesem kräftig die Hand, die er eine Weile freigeben mußte von seiner Arbeit. Warum so eilig? fragte er ruhig.

Helene war nachgekommen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="81"/>
Kampf um&#x2019;s Dasein? Das sind <ref xml:id="TEXTStreikgedanken" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLStreikgedanken">Streikgedanken</ref>, mit  denen Ihr umgeht, Plümicke! rief Helene. Das habt Ihr aus den Versammlungen  mitgebracht! Martha Ehlerdt hat mir Schreckensdinge davon erzählt! Was seh&#x2019;  ich! Da ist sie ja! unterbrach sie sich mit freudigem Ausruf, sprang zum  Atelier hinaus und eilte einem jungen Mädchen, das in wärmerer  Herbstkleidung, stahlblauer, einfacher Straßenkleidung, über und über  erröthet, rasch eilend in den Garten sprang, Helene umarmte und küßte mit den  Worten: Ich wollte Dich nur im Vorbeifahren begrüßen! Draußen steht unser  Wagen! Ich muß herumkutschiren, um all <ref xml:id="TEXTdieCommissionen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLdieCommissionen">die  Commissionen</ref> auszuführen für den <ref xml:id="TEXTFrauenverein" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLFrauenverein">Frauenverein</ref>, die unsere Commerzienräthin übernimmt,  als wäre sie noch die Rüstigste, und hernach ist sie krank und Alles fällt  auf mich &#x2013;! </p>
        <p>Helene kannte schon die wunderlichen Verhältnisse im Hause des  Doctor Wolny, den ihr Bruder oft den unglücklichsten Menschen unter der Sonne  nannte. </p>
        <p>Inzwischen war Martha schon in&#x2019;s Atelier gesprungen und hatte  die Hülfsarbeiter und den Meister begrüßt. Sie schüttelte diesem kräftig die  Hand, die er eine Weile freigeben mußte von seiner Arbeit. Warum so eilig?  fragte er ruhig. </p>
        <p>Helene war nachgekommen. </p>
        <p>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0087] Kampf um’s Dasein? Das sind Streikgedanken, mit denen Ihr umgeht, Plümicke! rief Helene. Das habt Ihr aus den Versammlungen mitgebracht! Martha Ehlerdt hat mir Schreckensdinge davon erzählt! Was seh’ ich! Da ist sie ja! unterbrach sie sich mit freudigem Ausruf, sprang zum Atelier hinaus und eilte einem jungen Mädchen, das in wärmerer Herbstkleidung, stahlblauer, einfacher Straßenkleidung, über und über erröthet, rasch eilend in den Garten sprang, Helene umarmte und küßte mit den Worten: Ich wollte Dich nur im Vorbeifahren begrüßen! Draußen steht unser Wagen! Ich muß herumkutschiren, um all die Commissionen auszuführen für den Frauenverein, die unsere Commerzienräthin übernimmt, als wäre sie noch die Rüstigste, und hernach ist sie krank und Alles fällt auf mich –! Helene kannte schon die wunderlichen Verhältnisse im Hause des Doctor Wolny, den ihr Bruder oft den unglücklichsten Menschen unter der Sonne nannte. Inzwischen war Martha schon in’s Atelier gesprungen und hatte die Hülfsarbeiter und den Meister begrüßt. Sie schüttelte diesem kräftig die Hand, die er eine Weile freigeben mußte von seiner Arbeit. Warum so eilig? fragte er ruhig. Helene war nachgekommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/87
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/87>, abgerufen am 18.12.2024.