Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Da steckte die "zehnte Muse", wie Frau Brennicke genannt wurde, den Kopf durch die Thür und sprach ein bedeutungsvolles Wort: Der Wagen! Schon gut! war die Antwort. Da ein Wagen anrollte, so konnte Ottomar nur annehmen, daß Prinz Narziß kam, der seine brahminischen, rein der Betrachtung gewidmeten Besuche abwechselnd des Morgens oder des Abends machte. Ottomar empfahl sich und Edwina schien nicht zu wissen, sollte sie ihn zum Bleiben nöthigen oder den Prinzen Rauden empfangen, wie es Se. Durchlaucht Vormittags liebte, kränkelnd und schmachtend mit ihr allein. Glauben Sie doch an diese Comödie nicht! sagte sie. Die ganze Welt gehört - wie Schiller eine seiner schwächsten Gestalten, den Ritter Talbot, sagen läßt - dem Narrenkönig an! Edwinas Blick sagte noch: Eine Luftwelle macht das Gerücht zum Orkan! Aber auch die Luftwelle umfächelt das Auge, entlockt ihm vielleicht den Tribut des Verdrusses, des Aergers, des Stolzes, den Tribut der Thräne! Edwina hatte ihn an eine Thür begleitet, die Ottomar benutzen konnte, ohne dem Fürsten zu begegnen, dessen Wagen in der That unten stand. Wahrscheinlich hatte schon den hohen Besuch Frau Brennicke in Empfang genommen. Da steckte die „zehnte Muse“, wie Frau Brennicke genannt wurde, den Kopf durch die Thür und sprach ein bedeutungsvolles Wort: Der Wagen! Schon gut! war die Antwort. Da ein Wagen anrollte, so konnte Ottomar nur annehmen, daß Prinz Narziß kam, der seine brahminischen, rein der Betrachtung gewidmeten Besuche abwechselnd des Morgens oder des Abends machte. Ottomar empfahl sich und Edwina schien nicht zu wissen, sollte sie ihn zum Bleiben nöthigen oder den Prinzen Rauden empfangen, wie es Se. Durchlaucht Vormittags liebte, kränkelnd und schmachtend mit ihr allein. Glauben Sie doch an diese Comödie nicht! sagte sie. Die ganze Welt gehört – wie Schiller eine seiner schwächsten Gestalten, den Ritter Talbot, sagen läßt – dem Narrenkönig an! Edwinas Blick sagte noch: Eine Luftwelle macht das Gerücht zum Orkan! Aber auch die Luftwelle umfächelt das Auge, entlockt ihm vielleicht den Tribut des Verdrusses, des Aergers, des Stolzes, den Tribut der Thräne! Edwina hatte ihn an eine Thür begleitet, die Ottomar benutzen konnte, ohne dem Fürsten zu begegnen, dessen Wagen in der That unten stand. Wahrscheinlich hatte schon den hohen Besuch Frau Brennicke in Empfang genommen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0102" n="96"/> <p> Da steckte die „zehnte Muse“, wie Frau Brennicke genannt wurde, den Kopf durch die Thür und sprach ein bedeutungsvolles Wort: Der Wagen!</p> <p>Schon gut! war die Antwort.</p> <p>Da ein Wagen anrollte, so konnte Ottomar nur annehmen, daß Prinz Narziß kam, der seine <ref xml:id="TEXTbrahminischen" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLbrahminischen">brahminischen</ref>, rein der Betrachtung gewidmeten Besuche abwechselnd des Morgens oder des Abends machte.</p> <p>Ottomar empfahl sich und Edwina schien nicht zu wissen, sollte sie ihn zum Bleiben nöthigen oder den Prinzen Rauden empfangen, wie es Se. Durchlaucht Vormittags liebte, kränkelnd und schmachtend mit ihr allein. Glauben Sie doch an diese Comödie nicht! sagte sie. <ref xml:id="TEXTDieganzeBISNarrenkoenigan" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLDieganzeBISNarrenkoenigan">Die ganze Welt gehört – wie Schiller eine seiner schwächsten Gestalten, den Ritter Talbot, sagen läßt – dem Narrenkönig an</ref>! Edwinas Blick sagte noch: Eine Luftwelle macht das Gerücht zum Orkan! Aber auch die Luftwelle umfächelt das Auge, entlockt ihm vielleicht den Tribut des Verdrusses, des Aergers, des Stolzes, den Tribut der Thräne!</p> <p>Edwina hatte ihn an eine Thür begleitet, die Ottomar benutzen konnte, ohne dem Fürsten zu begegnen, dessen Wagen in der That unten stand. Wahrscheinlich hatte schon den hohen Besuch Frau Brennicke in Empfang genommen.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [96/0102]
Da steckte die „zehnte Muse“, wie Frau Brennicke genannt wurde, den Kopf durch die Thür und sprach ein bedeutungsvolles Wort: Der Wagen!
Schon gut! war die Antwort.
Da ein Wagen anrollte, so konnte Ottomar nur annehmen, daß Prinz Narziß kam, der seine brahminischen, rein der Betrachtung gewidmeten Besuche abwechselnd des Morgens oder des Abends machte.
Ottomar empfahl sich und Edwina schien nicht zu wissen, sollte sie ihn zum Bleiben nöthigen oder den Prinzen Rauden empfangen, wie es Se. Durchlaucht Vormittags liebte, kränkelnd und schmachtend mit ihr allein. Glauben Sie doch an diese Comödie nicht! sagte sie. Die ganze Welt gehört – wie Schiller eine seiner schwächsten Gestalten, den Ritter Talbot, sagen läßt – dem Narrenkönig an! Edwinas Blick sagte noch: Eine Luftwelle macht das Gerücht zum Orkan! Aber auch die Luftwelle umfächelt das Auge, entlockt ihm vielleicht den Tribut des Verdrusses, des Aergers, des Stolzes, den Tribut der Thräne!
Edwina hatte ihn an eine Thür begleitet, die Ottomar benutzen konnte, ohne dem Fürsten zu begegnen, dessen Wagen in der That unten stand. Wahrscheinlich hatte schon den hohen Besuch Frau Brennicke in Empfang genommen.
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