Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Augen um sich wie die Katzen am Tage. Oft wurde geschrieen über die Tyrannei und die Willkür des Courszettels. Aber das Syndicat thronte fest und schwang seinen Scepter, während dumpfdröhnend, Allen durch die Glieder fahrend, die langsamen Pendelschläge der mit furchtbarer Ironie gestellten Zeitenuhr durch den Börsenraum erschollen. Müde wie ein Jagdhund konnte man sich doch nicht zu den Serapionsbrüdern setzen! Man mußte doch leben, Anregungsfähigkeit, active und passive, mitbringen! Heute war sogar der Tod ein Gegenstand eifriger Discussion geworden. Der alte Bildhauer war zugegen. Sein Grabmonument für den Grafen Treuenfels war fertig, wurde viel besprochen und er war schon seit lange an das Grabmal der Commerzienräthin Rabe gegangen. Heute wollte er in die Vorstadt und in dem von Wolny verlassenen Hause nach Bildern suchen, die er mit den von Wolny ihm zurückgelassenen Exemplaren zur Herstellung eines Reliefportraits vergleichen wollte, das die Vorderwand eines antiken Sarkophags schmücken sollte. Die Form einer Badewanne werde ich zu vermeiden suchen, hatte der leichtgereizte Künstler in Gegenwart eines Recensenten gesagt, der einmal wieder sein Atelier betreten und alle Entwürfe mit lächelnder Bewunderung belorgnettirt hatte. Und doch hatte er eben gesagt: Der Tod scheint uns ein Augen um sich wie die Katzen am Tage. Oft wurde geschrieen über die Tyrannei und die Willkür des Courszettels. Aber das Syndicat thronte fest und schwang seinen Scepter, während dumpfdröhnend, Allen durch die Glieder fahrend, die langsamen Pendelschläge der mit furchtbarer Ironie gestellten Zeitenuhr durch den Börsenraum erschollen. Müde wie ein Jagdhund konnte man sich doch nicht zu den Serapionsbrüdern setzen! Man mußte doch leben, Anregungsfähigkeit, active und passive, mitbringen! Heute war sogar der Tod ein Gegenstand eifriger Discussion geworden. Der alte Bildhauer war zugegen. Sein Grabmonument für den Grafen Treuenfels war fertig, wurde viel besprochen und er war schon seit lange an das Grabmal der Commerzienräthin Rabe gegangen. Heute wollte er in die Vorstadt und in dem von Wolny verlassenen Hause nach Bildern suchen, die er mit den von Wolny ihm zurückgelassenen Exemplaren zur Herstellung eines Reliefportraits vergleichen wollte, das die Vorderwand eines antiken Sarkophags schmücken sollte. Die Form einer Badewanne werde ich zu vermeiden suchen, hatte der leichtgereizte Künstler in Gegenwart eines Recensenten gesagt, der einmal wieder sein Atelier betreten und alle Entwürfe mit lächelnder Bewunderung belorgnettirt hatte. Und doch hatte er eben gesagt: Der Tod scheint uns ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0109" n="103"/> Augen um sich wie die Katzen am Tage. Oft wurde geschrieen über die Tyrannei und die Willkür des Courszettels. Aber <ref xml:id="TEXTdasSyndikat" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdasSyndikat">das Syndicat</ref> thronte fest und schwang seinen Scepter, während dumpfdröhnend, Allen durch die Glieder fahrend, die langsamen Pendelschläge der mit furchtbarer Ironie gestellten Zeitenuhr durch den Börsenraum erschollen.</p> <p>Müde wie ein Jagdhund konnte man sich doch nicht zu den Serapionsbrüdern setzen! Man mußte doch leben, Anregungsfähigkeit, active und passive, mitbringen! Heute war sogar der Tod ein Gegenstand eifriger Discussion geworden. Der alte Bildhauer war zugegen. Sein Grabmonument für den Grafen Treuenfels war fertig, wurde viel besprochen und er war schon seit lange an das Grabmal der Commerzienräthin Rabe gegangen. Heute wollte er in die Vorstadt und in dem von Wolny verlassenen Hause nach Bildern suchen, die er mit den von Wolny ihm zurückgelassenen Exemplaren zur Herstellung eines Reliefportraits vergleichen wollte, das die Vorderwand eines antiken Sarkophags schmücken sollte. Die Form einer Badewanne werde ich zu vermeiden suchen, hatte der leichtgereizte Künstler in Gegenwart eines Recensenten gesagt, der einmal wieder sein Atelier betreten und alle Entwürfe mit lächelnder Bewunderung belorgnettirt hatte. Und doch hatte er eben gesagt: Der Tod scheint uns ein </p> </div> </body> </text> </TEI> [103/0109]
Augen um sich wie die Katzen am Tage. Oft wurde geschrieen über die Tyrannei und die Willkür des Courszettels. Aber das Syndicat thronte fest und schwang seinen Scepter, während dumpfdröhnend, Allen durch die Glieder fahrend, die langsamen Pendelschläge der mit furchtbarer Ironie gestellten Zeitenuhr durch den Börsenraum erschollen.
Müde wie ein Jagdhund konnte man sich doch nicht zu den Serapionsbrüdern setzen! Man mußte doch leben, Anregungsfähigkeit, active und passive, mitbringen! Heute war sogar der Tod ein Gegenstand eifriger Discussion geworden. Der alte Bildhauer war zugegen. Sein Grabmonument für den Grafen Treuenfels war fertig, wurde viel besprochen und er war schon seit lange an das Grabmal der Commerzienräthin Rabe gegangen. Heute wollte er in die Vorstadt und in dem von Wolny verlassenen Hause nach Bildern suchen, die er mit den von Wolny ihm zurückgelassenen Exemplaren zur Herstellung eines Reliefportraits vergleichen wollte, das die Vorderwand eines antiken Sarkophags schmücken sollte. Die Form einer Badewanne werde ich zu vermeiden suchen, hatte der leichtgereizte Künstler in Gegenwart eines Recensenten gesagt, der einmal wieder sein Atelier betreten und alle Entwürfe mit lächelnder Bewunderung belorgnettirt hatte. Und doch hatte er eben gesagt: Der Tod scheint uns ein
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/109>, abgerufen am 16.02.2025. |