Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.über die Wahrheit, die er zugestehen mußte, welchen Ballast sich die Menschheit "thurmhoch", wie Shakespeare sagt, aufgebürdet hat! Wie können wir denn den abschütteln! brummte er und mit einer an ihm ungewohnten lauten Stimme rief er: Bei meinem nächsten Erscheinen werde ich zuvörderst darauf antragen, daß in unserem Kreise jeder Titel an den Nagel gehängt wird und die Frage der absoluten Diesseitigkeit damit beginnt, daß wir eine der scheußlichsten Entstellungen des Charakters unserer Nation, die Furcht vor dem simpeln Eigennamen, wenigstens von uns hier des Montags abschaffen! Wird unterstützt! riefen selbst einige "Ober" . Ein Oberrechnungsrath Braeme setzte jovial hinzu: Aber die Stellen verlieren wir doch nicht? Gleichsam wie zum Dank für diese freudige Zustimmung sprach der wunderliche Alte, der ebenfalls schon auf seinen Hut und Stock ausgeschaut hatte, mit einer gewissen Zaghaftigkeit: Meine Herren, wenn Sie nach Rom kommen und besuchen den Vatican und seine plastischen Schätze, so kommt Ihnen der Gedanke an künstlerische Fähigkeiten, an die Begriffe des Schönen zuerst! Denn die Sammlung ist aus dem Princip der Plastik als Beweisführerin für das Schöne hervorgegangen. An Unsterblichkeit erinnert da leider Nichts. Was beweisen dafür Apollo, Minerva, Ganymed u. s. w. über die Wahrheit, die er zugestehen mußte, welchen Ballast sich die Menschheit „thurmhoch“, wie Shakespeare sagt, aufgebürdet hat! Wie können wir denn den abschütteln! brummte er und mit einer an ihm ungewohnten lauten Stimme rief er: Bei meinem nächsten Erscheinen werde ich zuvörderst darauf antragen, daß in unserem Kreise jeder Titel an den Nagel gehängt wird und die Frage der absoluten Diesseitigkeit damit beginnt, daß wir eine der scheußlichsten Entstellungen des Charakters unserer Nation, die Furcht vor dem simpeln Eigennamen, wenigstens von uns hier des Montags abschaffen! Wird unterstützt! riefen selbst einige „Ober“ . Ein Oberrechnungsrath Braeme setzte jovial hinzu: Aber die Stellen verlieren wir doch nicht? Gleichsam wie zum Dank für diese freudige Zustimmung sprach der wunderliche Alte, der ebenfalls schon auf seinen Hut und Stock ausgeschaut hatte, mit einer gewissen Zaghaftigkeit: Meine Herren, wenn Sie nach Rom kommen und besuchen den Vatican und seine plastischen Schätze, so kommt Ihnen der Gedanke an künstlerische Fähigkeiten, an die Begriffe des Schönen zuerst! Denn die Sammlung ist aus dem Princip der Plastik als Beweisführerin für das Schöne hervorgegangen. An Unsterblichkeit erinnert da leider Nichts. Was beweisen dafür Apollo, Minerva, Ganymed u. s. w. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0114" n="108"/> über die Wahrheit, die er zugestehen mußte, welchen Ballast sich die Menschheit „<ref xml:id="TEXTthurmhochBISsagt" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLthurmhochBISsagt">thurmhoch“, wie Shakespeare sagt</ref>, aufgebürdet hat! Wie können wir denn den abschütteln! brummte er und mit einer an ihm ungewohnten lauten Stimme rief er: Bei meinem nächsten Erscheinen werde ich zuvörderst darauf antragen, daß in unserem Kreise jeder Titel an den Nagel gehängt wird und die Frage der absoluten Diesseitigkeit damit beginnt, daß wir eine der scheußlichsten Entstellungen des Charakters unserer Nation, die Furcht vor dem simpeln Eigennamen, wenigstens von uns hier des Montags abschaffen!</p> <p>Wird unterstützt! riefen selbst <ref xml:id="TEXTeinigeOber" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLeinigeOber">einige „Ober“ </ref>. Ein Oberrechnungsrath Braeme setzte jovial hinzu: Aber die Stellen verlieren wir doch nicht?</p> <p>Gleichsam wie zum Dank für diese freudige Zustimmung sprach der wunderliche Alte, der ebenfalls schon auf seinen Hut und Stock ausgeschaut hatte, mit einer gewissen Zaghaftigkeit: Meine Herren, wenn Sie nach Rom kommen und besuchen den Vatican und seine plastischen Schätze, so kommt Ihnen der Gedanke an künstlerische Fähigkeiten, an die Begriffe des Schönen zuerst! Denn die Sammlung ist aus dem Princip der Plastik als Beweisführerin für das Schöne hervorgegangen. An Unsterblichkeit erinnert da leider Nichts. Was beweisen dafür Apollo, Minerva, Ganymed u. s. w. </p> </div> </body> </text> </TEI> [108/0114]
über die Wahrheit, die er zugestehen mußte, welchen Ballast sich die Menschheit „thurmhoch“, wie Shakespeare sagt, aufgebürdet hat! Wie können wir denn den abschütteln! brummte er und mit einer an ihm ungewohnten lauten Stimme rief er: Bei meinem nächsten Erscheinen werde ich zuvörderst darauf antragen, daß in unserem Kreise jeder Titel an den Nagel gehängt wird und die Frage der absoluten Diesseitigkeit damit beginnt, daß wir eine der scheußlichsten Entstellungen des Charakters unserer Nation, die Furcht vor dem simpeln Eigennamen, wenigstens von uns hier des Montags abschaffen!
Wird unterstützt! riefen selbst einige „Ober“ . Ein Oberrechnungsrath Braeme setzte jovial hinzu: Aber die Stellen verlieren wir doch nicht?
Gleichsam wie zum Dank für diese freudige Zustimmung sprach der wunderliche Alte, der ebenfalls schon auf seinen Hut und Stock ausgeschaut hatte, mit einer gewissen Zaghaftigkeit: Meine Herren, wenn Sie nach Rom kommen und besuchen den Vatican und seine plastischen Schätze, so kommt Ihnen der Gedanke an künstlerische Fähigkeiten, an die Begriffe des Schönen zuerst! Denn die Sammlung ist aus dem Princip der Plastik als Beweisführerin für das Schöne hervorgegangen. An Unsterblichkeit erinnert da leider Nichts. Was beweisen dafür Apollo, Minerva, Ganymed u. s. w.
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