Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Mahlo war in einer Stimmung, als sollte ihm die Dankbarkeit seine Brust bis zum Himalaya schwellen. Er sah Nichts als vaterländische Victorien um sich und ausverkaufte Kleiderläden. Die Aufgabe, eine Art financieller Bauernfängerei in den Kellerkneipen zu treiben, hatte dem Banquier nur einfallen können beim Anblick des groben Düffels und der grauen Weste mit schon mehreren von den Raufereien fehlenden Knöpfen. Es schwebte ihm so ein kleines in einer Ecke eines Kellers sein Bier trinkendes, simulirendes, die Gäste, die hübsche Kellnerin beobachtendes, altes, zusammengekauertes Männchen vor, das die Leute erst über die Witterung anredete und zuletzt auf den Lauf der Zeiten kam und herausbricht: Ich bin ein schlichter Arbeiter, aber was ich mir zurückgelegt habe, das trage ich Bärenstraße Nummer 209; das Papier, das sie mir da geben, ist gut! Die gehen da nur auf Nummer Sicher! Meyer Cohn bewunderte Mahlos Fassungsgabe, als er ihm diese Comödie vormachte. Als Mahlo zum ersten Mal in seinem neuen, von Cohn noch nicht gesehenen Staat vor Raimund Ehlerdt, der ihm längst unter acht bis zehn leeren Seideln andernorts "vergeben" hatte, sich präsentiren wollte, benutzte dieser dazu eine Frühstunde. Sein alter hochgestiegener Freund war auch ihm von sonst als dann "menschlich- Mahlo war in einer Stimmung, als sollte ihm die Dankbarkeit seine Brust bis zum Himalaya schwellen. Er sah Nichts als vaterländische Victorien um sich und ausverkaufte Kleiderläden. Die Aufgabe, eine Art financieller Bauernfängerei in den Kellerkneipen zu treiben, hatte dem Banquier nur einfallen können beim Anblick des groben Düffels und der grauen Weste mit schon mehreren von den Raufereien fehlenden Knöpfen. Es schwebte ihm so ein kleines in einer Ecke eines Kellers sein Bier trinkendes, simulirendes, die Gäste, die hübsche Kellnerin beobachtendes, altes, zusammengekauertes Männchen vor, das die Leute erst über die Witterung anredete und zuletzt auf den Lauf der Zeiten kam und herausbricht: Ich bin ein schlichter Arbeiter, aber was ich mir zurückgelegt habe, das trage ich Bärenstraße Nummer 209; das Papier, das sie mir da geben, ist gut! Die gehen da nur auf Nummer Sicher! Meyer Cohn bewunderte Mahlos Fassungsgabe, als er ihm diese Comödie vormachte. Als Mahlo zum ersten Mal in seinem neuen, von Cohn noch nicht gesehenen Staat vor Raimund Ehlerdt, der ihm längst unter acht bis zehn leeren Seideln andernorts „vergeben“ hatte, sich präsentiren wollte, benutzte dieser dazu eine Frühstunde. Sein alter hochgestiegener Freund war auch ihm von sonst als dann „menschlich- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0125" n="119"/> <p> Mahlo war in einer Stimmung, als sollte ihm die Dankbarkeit seine Brust bis zum Himalaya schwellen. Er sah Nichts als vaterländische Victorien um sich und ausverkaufte Kleiderläden.</p> <p>Die Aufgabe, eine Art financieller Bauernfängerei in den Kellerkneipen zu treiben, hatte dem Banquier nur einfallen können beim Anblick <ref xml:id="TEXTdesgrobenDueffels" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdesgrobenDueffels">des groben Düffels</ref> und der grauen Weste mit schon mehreren von den Raufereien fehlenden Knöpfen. Es schwebte ihm so ein kleines in einer Ecke eines Kellers sein Bier trinkendes, simulirendes, die Gäste, die hübsche Kellnerin beobachtendes, altes, zusammengekauertes Männchen vor, das die Leute erst über die Witterung anredete und zuletzt auf den Lauf der Zeiten kam und herausbricht: Ich bin ein schlichter Arbeiter, aber was ich mir zurückgelegt habe, das trage ich <ref xml:id="TEXTBaerenstrasse" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLBaerenstrasse">Bärenstraße</ref> Nummer 209; das Papier, das sie mir da geben, ist gut! Die gehen da nur auf Nummer Sicher! Meyer Cohn bewunderte Mahlos Fassungsgabe, als er ihm diese Comödie vormachte.</p> <p>Als Mahlo zum ersten Mal in seinem neuen, von Cohn noch nicht gesehenen Staat vor Raimund Ehlerdt, der ihm längst unter acht bis zehn leeren Seideln andernorts „vergeben“ hatte, sich präsentiren wollte, benutzte dieser dazu eine Frühstunde. Sein alter hochgestiegener Freund war auch ihm von sonst als dann „menschlich- </p> </div> </body> </text> </TEI> [119/0125]
Mahlo war in einer Stimmung, als sollte ihm die Dankbarkeit seine Brust bis zum Himalaya schwellen. Er sah Nichts als vaterländische Victorien um sich und ausverkaufte Kleiderläden.
Die Aufgabe, eine Art financieller Bauernfängerei in den Kellerkneipen zu treiben, hatte dem Banquier nur einfallen können beim Anblick des groben Düffels und der grauen Weste mit schon mehreren von den Raufereien fehlenden Knöpfen. Es schwebte ihm so ein kleines in einer Ecke eines Kellers sein Bier trinkendes, simulirendes, die Gäste, die hübsche Kellnerin beobachtendes, altes, zusammengekauertes Männchen vor, das die Leute erst über die Witterung anredete und zuletzt auf den Lauf der Zeiten kam und herausbricht: Ich bin ein schlichter Arbeiter, aber was ich mir zurückgelegt habe, das trage ich Bärenstraße Nummer 209; das Papier, das sie mir da geben, ist gut! Die gehen da nur auf Nummer Sicher! Meyer Cohn bewunderte Mahlos Fassungsgabe, als er ihm diese Comödie vormachte.
Als Mahlo zum ersten Mal in seinem neuen, von Cohn noch nicht gesehenen Staat vor Raimund Ehlerdt, der ihm längst unter acht bis zehn leeren Seideln andernorts „vergeben“ hatte, sich präsentiren wollte, benutzte dieser dazu eine Frühstunde. Sein alter hochgestiegener Freund war auch ihm von sonst als dann „menschlich-
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