Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Meine Schwester in der Religion? fiel Raimund jetzt schon entschiedener ein. Sie hat zwar Diaconissinnen-Ideen, aber nur aus Interesse für die Medicin! Sie geht noch nach Zürich und wird da Doctor -! Martha warf ihrem Bruder einen vorwurfsvollen Blick zu und fand bei Edwina Beistand. Spotten Sie nicht über ernste Dinge, Herr Ehlerdt, sagte sie, ihre Toilette zum Gehen ordnend und im Stehen die Handschuhe anziehend. Wir Frauen haben unsre Noth, uns durchzuschlagen! Der Frühling währt nicht ewig und die Welt ist rauh und kalt! Nach einer erschütternden Pause sprach sie wieder leicht: Es wäre also Nichts. Aber kommen Sie zum Beispiel gleich heute Abend in meine Soiree, Herr Ehlerdt! Acht Uhr! Bringen Sie Ihre Schwester mit! Um zehn Uhr lassen wir auch Bier kommen! Vorher giebt's Thee! So lange der Fürst bleibt. Ich kann ihm nicht Menschen genug einladen. Er schreibt an einer Oper und braucht Claqueurs! Und nun schloß Sie den Besuch mit einem auch nur ihr zu Gebote stehenden Blicke und mit den Worten: Ich will damit nicht sagen, daß ein Mann von Ihrer Bedeutung, Herr Ehlerdt, bestimmt werden könnte, je die Staffage eines Andern machen zu helfen! Meine Schwester in der Religion? fiel Raimund jetzt schon entschiedener ein. Sie hat zwar Diaconissinnen-Ideen, aber nur aus Interesse für die Medicin! Sie geht noch nach Zürich und wird da Doctor –! Martha warf ihrem Bruder einen vorwurfsvollen Blick zu und fand bei Edwina Beistand. Spotten Sie nicht über ernste Dinge, Herr Ehlerdt, sagte sie, ihre Toilette zum Gehen ordnend und im Stehen die Handschuhe anziehend. Wir Frauen haben unsre Noth, uns durchzuschlagen! Der Frühling währt nicht ewig und die Welt ist rauh und kalt! Nach einer erschütternden Pause sprach sie wieder leicht: Es wäre also Nichts. Aber kommen Sie zum Beispiel gleich heute Abend in meine Soirée, Herr Ehlerdt! Acht Uhr! Bringen Sie Ihre Schwester mit! Um zehn Uhr lassen wir auch Bier kommen! Vorher giebt’s Thee! So lange der Fürst bleibt. Ich kann ihm nicht Menschen genug einladen. Er schreibt an einer Oper und braucht Claqueurs! Und nun schloß Sie den Besuch mit einem auch nur ihr zu Gebote stehenden Blicke und mit den Worten: Ich will damit nicht sagen, daß ein Mann von Ihrer Bedeutung, Herr Ehlerdt, bestimmt werden könnte, je die Staffage eines Andern machen zu helfen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0149" n="143"/> <p> Meine Schwester in der Religion? fiel Raimund jetzt schon entschiedener ein. Sie hat zwar <ref xml:id="TEXTDiskoniossinnenIdeen" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLDiskoniossinnenIdeen">Diaconissinnen-Ideen, </ref> aber nur aus Interesse für die Medicin! <ref xml:id="TEXTSiegehtBISDoctor" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLSiegehtBISDoctor">Sie geht noch nach Zürich und wird da Doctor</ref> –!</p> <p>Martha warf ihrem Bruder einen vorwurfsvollen Blick zu und fand bei Edwina Beistand.</p> <p>Spotten Sie nicht über ernste Dinge, Herr Ehlerdt, sagte sie, ihre Toilette zum Gehen ordnend und im Stehen die Handschuhe anziehend. Wir Frauen haben unsre Noth, uns durchzuschlagen! Der Frühling währt nicht ewig und die Welt ist rauh und kalt!</p> <p>Nach einer erschütternden Pause sprach sie wieder leicht: Es wäre also Nichts. Aber kommen Sie zum Beispiel gleich heute Abend in meine Soirée, Herr Ehlerdt! Acht Uhr! Bringen Sie Ihre Schwester mit! Um zehn Uhr lassen wir auch Bier kommen! Vorher giebt’s Thee! So lange der Fürst bleibt. Ich kann ihm nicht Menschen genug einladen. Er schreibt an einer Oper und braucht Claqueurs!</p> <p>Und nun schloß Sie den Besuch mit einem auch nur ihr zu Gebote stehenden Blicke und mit den Worten: Ich will damit nicht sagen, daß ein Mann von Ihrer Bedeutung, Herr Ehlerdt, bestimmt werden könnte, je die Staffage eines Andern machen zu helfen!</p> </div> </body> </text> </TEI> [143/0149]
Meine Schwester in der Religion? fiel Raimund jetzt schon entschiedener ein. Sie hat zwar Diaconissinnen-Ideen, aber nur aus Interesse für die Medicin! Sie geht noch nach Zürich und wird da Doctor –!
Martha warf ihrem Bruder einen vorwurfsvollen Blick zu und fand bei Edwina Beistand.
Spotten Sie nicht über ernste Dinge, Herr Ehlerdt, sagte sie, ihre Toilette zum Gehen ordnend und im Stehen die Handschuhe anziehend. Wir Frauen haben unsre Noth, uns durchzuschlagen! Der Frühling währt nicht ewig und die Welt ist rauh und kalt!
Nach einer erschütternden Pause sprach sie wieder leicht: Es wäre also Nichts. Aber kommen Sie zum Beispiel gleich heute Abend in meine Soirée, Herr Ehlerdt! Acht Uhr! Bringen Sie Ihre Schwester mit! Um zehn Uhr lassen wir auch Bier kommen! Vorher giebt’s Thee! So lange der Fürst bleibt. Ich kann ihm nicht Menschen genug einladen. Er schreibt an einer Oper und braucht Claqueurs!
Und nun schloß Sie den Besuch mit einem auch nur ihr zu Gebote stehenden Blicke und mit den Worten: Ich will damit nicht sagen, daß ein Mann von Ihrer Bedeutung, Herr Ehlerdt, bestimmt werden könnte, je die Staffage eines Andern machen zu helfen!
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