Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Cigarre verschmähte und durch ein leichtes Hüsteln den Freund an die oft zwischen ihnen erörterte Frage erinnerte, ob er wohl die Schwindsucht hätte, womit ein regelmäßiges Weglegen der Cigarre bei seinen "ihn verstehenden" Freunden verbunden war. Er erzählte seine Erfahrungen in der ersten Damensitzung, die wohl auch für's erste die letzte sein würde, da die Sommersaison Alles zerstreute. Für Dietericis bedachtsamen Ideengang war sein Vortrag lebhaft genug. Er übersah verwickelte Verhältnisse, begriff aber, daß ein Vortrag über Kathedersocialistik hier nicht am Platze war. Er bedurfte jedoch für die Hauptsache, die ihn hergeführt hatte, eines Uebergangs und kam daher von der socialen Frage bald ab auf sein Steckenpferd, den Tadel der Anordnung des Althing'schen Schreibtisches. Wie das immer bei Ihnen aussieht, lieber Althing! Wirklich das reine ovidische Chaos! Sie werden noch einmal das Tintenfaß statt der Streusandbüchse ergreifen und die schönste Eingabe an das Kammergericht zu einer Konewka'schen Zeitung machen! Warum haben Sie nur diesen Kasten da - abscheulich, einen alten Cigarrenkasten - als Petschaft- und Siegellackaufbewahrer! Und warum haben Sie ihn nicht dann wenigstens principiell links statt rechts aufgestellt! Ihre rechten Armbewegungen gehören ja der Philosophie des Unbewußten an! Cigarre verschmähte und durch ein leichtes Hüsteln den Freund an die oft zwischen ihnen erörterte Frage erinnerte, ob er wohl die Schwindsucht hätte, womit ein regelmäßiges Weglegen der Cigarre bei seinen „ihn verstehenden“ Freunden verbunden war. Er erzählte seine Erfahrungen in der ersten Damensitzung, die wohl auch für’s erste die letzte sein würde, da die Sommersaison Alles zerstreute. Für Dietericis bedachtsamen Ideengang war sein Vortrag lebhaft genug. Er übersah verwickelte Verhältnisse, begriff aber, daß ein Vortrag über Kathedersocialistik hier nicht am Platze war. Er bedurfte jedoch für die Hauptsache, die ihn hergeführt hatte, eines Uebergangs und kam daher von der socialen Frage bald ab auf sein Steckenpferd, den Tadel der Anordnung des Althing’schen Schreibtisches. Wie das immer bei Ihnen aussieht, lieber Althing! Wirklich das reine ovidische Chaos! Sie werden noch einmal das Tintenfaß statt der Streusandbüchse ergreifen und die schönste Eingabe an das Kammergericht zu einer Konewka’schen Zeitung machen! Warum haben Sie nur diesen Kasten da – abscheulich, einen alten Cigarrenkasten – als Petschaft- und Siegellackaufbewahrer! Und warum haben Sie ihn nicht dann wenigstens principiell links statt rechts aufgestellt! Ihre rechten Armbewegungen gehören ja der Philosophie des Unbewußten an! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0156" n="150"/> Cigarre verschmähte und durch ein leichtes Hüsteln den Freund an die oft zwischen ihnen erörterte Frage erinnerte, ob er wohl die Schwindsucht hätte, womit ein regelmäßiges Weglegen der Cigarre bei seinen „ihn verstehenden“ Freunden verbunden war. </p> <p>Er erzählte seine Erfahrungen in der ersten Damensitzung, die wohl auch für’s erste die letzte sein würde, da die Sommersaison Alles zerstreute. Für Dietericis bedachtsamen Ideengang war sein Vortrag lebhaft genug. Er übersah verwickelte Verhältnisse, begriff aber, daß ein Vortrag über <ref xml:id="TEXTKathedersocialistik" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLKathedersocialistik">Kathedersocialistik</ref> hier nicht am Platze war. Er bedurfte jedoch für die Hauptsache, die ihn hergeführt hatte, eines Uebergangs und kam daher von <ref xml:id="TEXTdersocialenFrage" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdersocialenFrage">der socialen Frage</ref> bald ab auf sein Steckenpferd, den Tadel der Anordnung des Althing’schen Schreibtisches. Wie das immer bei Ihnen aussieht, lieber Althing! Wirklich <ref xml:id="TEXTdasreineBISChaos" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdasreineBISChaos">das reine ovidische Chaos! </ref> Sie werden noch einmal das Tintenfaß statt der Streusandbüchse ergreifen und die schönste Eingabe an das <ref xml:id="TEXTKammergericht" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLKammergericht">Kammergericht</ref> zu einer <ref xml:id="TEXTKonewkaschenZeitung" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLKonewkaschenZeitung">Konewka’schen Zeitung</ref> machen! Warum haben Sie nur diesen Kasten da – abscheulich, einen alten Cigarrenkasten – als Petschaft- und Siegellackaufbewahrer! Und warum haben Sie ihn nicht dann wenigstens principiell links statt rechts aufgestellt! Ihre rechten Armbewegungen gehören ja der <ref xml:id="TEXTPhilosophiedesUnbewussten" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLPhilosophiedesUnbewussten">Philosophie des Unbewußten</ref> an! </p> </div> </body> </text> </TEI> [150/0156]
Cigarre verschmähte und durch ein leichtes Hüsteln den Freund an die oft zwischen ihnen erörterte Frage erinnerte, ob er wohl die Schwindsucht hätte, womit ein regelmäßiges Weglegen der Cigarre bei seinen „ihn verstehenden“ Freunden verbunden war.
Er erzählte seine Erfahrungen in der ersten Damensitzung, die wohl auch für’s erste die letzte sein würde, da die Sommersaison Alles zerstreute. Für Dietericis bedachtsamen Ideengang war sein Vortrag lebhaft genug. Er übersah verwickelte Verhältnisse, begriff aber, daß ein Vortrag über Kathedersocialistik hier nicht am Platze war. Er bedurfte jedoch für die Hauptsache, die ihn hergeführt hatte, eines Uebergangs und kam daher von der socialen Frage bald ab auf sein Steckenpferd, den Tadel der Anordnung des Althing’schen Schreibtisches. Wie das immer bei Ihnen aussieht, lieber Althing! Wirklich das reine ovidische Chaos! Sie werden noch einmal das Tintenfaß statt der Streusandbüchse ergreifen und die schönste Eingabe an das Kammergericht zu einer Konewka’schen Zeitung machen! Warum haben Sie nur diesen Kasten da – abscheulich, einen alten Cigarrenkasten – als Petschaft- und Siegellackaufbewahrer! Und warum haben Sie ihn nicht dann wenigstens principiell links statt rechts aufgestellt! Ihre rechten Armbewegungen gehören ja der Philosophie des Unbewußten an!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T12:40:43Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>)
(2014-02-19T12:40:43Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |