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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

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Haar zerraufen, verzweifeln wollte und vor dem Freunde auf den Knieen lag -! Wie da die Bilder wechselten! Wie die alten Moden zum Vorschein kamen! Die einfachen Bilder, die damals an den Wänden hingen, von Napoleon, Blücher, Moskau, Griechenland -! So ein großes Comptoir mit zwanzig Arbeitern, Zelle an Zelle, eine dunkler als die andere, ganz in die Hinterhöfe hinaus - wer ahnte da die reichen Besitzer, Arnim und Wegener, die draußen im Park wohnten, jetzt längst geadelt, längst verschollen, vermodert sind - wie wir einst Alle!

Der Träumer blickte um sich. Wirth und Kellner mahnten nicht zum Aufbruch. Der Gast war zu hoch gestellt und war ein Kunde des Wirths. Er hatte heute einem Gesellschaftsabend beim Justizminister beigewohnt. Doch war eine solche späte Einkehr in ein Weinhaus bei ihm selten.

Die Bilder standen festgebannt vor seinem Auge. Ein leichtsinniger junger Mann, der einen Augenblick der Vergeßlichkeit des Kassirers benutzt, das zurückgelassene Schlüsselbund ergreift und durch ein entschlossenes Umdrehen eines kleinen wie ein Ohr geformten Schlüssels - o wär' es ein Auge gewesen -! dreitausend Thaler in Scheinen entwendet! Es war Abend. Der leichtsinnige Dieb hörte überall nur zugeschlagene

Haar zerraufen, verzweifeln wollte und vor dem Freunde auf den Knieen lag –! Wie da die Bilder wechselten! Wie die alten Moden zum Vorschein kamen! Die einfachen Bilder, die damals an den Wänden hingen, von Napoleon, Blücher, Moskau, Griechenland –! So ein großes Comptoir mit zwanzig Arbeitern, Zelle an Zelle, eine dunkler als die andere, ganz in die Hinterhöfe hinaus – wer ahnte da die reichen Besitzer, Arnim und Wegener, die draußen im Park wohnten, jetzt längst geadelt, längst verschollen, vermodert sind – wie wir einst Alle!

Der Träumer blickte um sich. Wirth und Kellner mahnten nicht zum Aufbruch. Der Gast war zu hoch gestellt und war ein Kunde des Wirths. Er hatte heute einem Gesellschaftsabend beim Justizminister beigewohnt. Doch war eine solche späte Einkehr in ein Weinhaus bei ihm selten.

Die Bilder standen festgebannt vor seinem Auge. Ein leichtsinniger junger Mann, der einen Augenblick der Vergeßlichkeit des Kassirers benutzt, das zurückgelassene Schlüsselbund ergreift und durch ein entschlossenes Umdrehen eines kleinen wie ein Ohr geformten Schlüssels – o wär’ es ein Auge gewesen –! dreitausend Thaler in Scheinen entwendet! Es war Abend. Der leichtsinnige Dieb hörte überall nur zugeschlagene

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[192/0198] Haar zerraufen, verzweifeln wollte und vor dem Freunde auf den Knieen lag –! Wie da die Bilder wechselten! Wie die alten Moden zum Vorschein kamen! Die einfachen Bilder, die damals an den Wänden hingen, von Napoleon, Blücher, Moskau, Griechenland –! So ein großes Comptoir mit zwanzig Arbeitern, Zelle an Zelle, eine dunkler als die andere, ganz in die Hinterhöfe hinaus – wer ahnte da die reichen Besitzer, Arnim und Wegener, die draußen im Park wohnten, jetzt längst geadelt, längst verschollen, vermodert sind – wie wir einst Alle! Der Träumer blickte um sich. Wirth und Kellner mahnten nicht zum Aufbruch. Der Gast war zu hoch gestellt und war ein Kunde des Wirths. Er hatte heute einem Gesellschaftsabend beim Justizminister beigewohnt. Doch war eine solche späte Einkehr in ein Weinhaus bei ihm selten. Die Bilder standen festgebannt vor seinem Auge. Ein leichtsinniger junger Mann, der einen Augenblick der Vergeßlichkeit des Kassirers benutzt, das zurückgelassene Schlüsselbund ergreift und durch ein entschlossenes Umdrehen eines kleinen wie ein Ohr geformten Schlüssels – o wär’ es ein Auge gewesen –! dreitausend Thaler in Scheinen entwendet! Es war Abend. Der leichtsinnige Dieb hörte überall nur zugeschlagene

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/198>, abgerufen am 22.11.2024.