Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Standesrücksichten, ohne Wahl, ohne vorherige Neigung geschlossen war, verstärkten sich die Aeußerungen. Schon bekam die Dienerschaft Stoff zum Weitertragen. Ein Glück noch, daß La Rose nicht im Hotel Noailles zu Marseille entlassen worden war, sondern fortfuhr, wie schon von ihm beim zweiten Nachtquartier begonnen, zu vermitteln und auszugleichen, auch zu überraschen. La Rose war ein Virtuose im Dienen. Und dabei arbeitete er fortwährend in "Revanche"! Er corrigirte das Ada'sche Französisch. "Gnädige Frau Gräfin, Sie sprechen ein Kutscher-Französisch, das ich nur glaube gehört zu haben in Alsace!" Sein ihm auf diese unschuldige Weise zugestandener Patriotismus schlug alle Wallungen des Bösewerdens nieder. Als sich endlich in dem lieblichen, von grünen Höhenzügen sanft umfriedigten Thale, unter diesen schon längst in gelben Bündeln auf den Feldern befindlichen Halmfrüchten, diesen duftenden noch schwertragenden Obstbäumen auch Ottomar eingefunden hatte, trat plötzlich mit der jungen Gräfin eine Umwandlung ein, die Allen auffallen, Alle, die den Grund derselben erkannten, erschrecken mußte. Konnte man früher fast der Generalin Recht geben, wenn sie gesagt hatte: Die guten Worte, die du den Leuten giebst, kann man ja zählen! so war die gnädige "junge Gräfin" jetzt die Güte, Liebe, Standesrücksichten, ohne Wahl, ohne vorherige Neigung geschlossen war, verstärkten sich die Aeußerungen. Schon bekam die Dienerschaft Stoff zum Weitertragen. Ein Glück noch, daß La Rose nicht im Hôtel Noailles zu Marseille entlassen worden war, sondern fortfuhr, wie schon von ihm beim zweiten Nachtquartier begonnen, zu vermitteln und auszugleichen, auch zu überraschen. La Rose war ein Virtuose im Dienen. Und dabei arbeitete er fortwährend in „Revanche“! Er corrigirte das Ada’sche Französisch. „Gnädige Frau Gräfin, Sie sprechen ein Kutscher-Französisch, das ich nur glaube gehört zu haben in Alsace!“ Sein ihm auf diese unschuldige Weise zugestandener Patriotismus schlug alle Wallungen des Bösewerdens nieder. Als sich endlich in dem lieblichen, von grünen Höhenzügen sanft umfriedigten Thale, unter diesen schon längst in gelben Bündeln auf den Feldern befindlichen Halmfrüchten, diesen duftenden noch schwertragenden Obstbäumen auch Ottomar eingefunden hatte, trat plötzlich mit der jungen Gräfin eine Umwandlung ein, die Allen auffallen, Alle, die den Grund derselben erkannten, erschrecken mußte. Konnte man früher fast der Generalin Recht geben, wenn sie gesagt hatte: Die guten Worte, die du den Leuten giebst, kann man ja zählen! so war die gnädige „junge Gräfin“ jetzt die Güte, Liebe, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0289" n="283"/> Standesrücksichten, ohne Wahl, ohne vorherige Neigung geschlossen war, verstärkten sich die Aeußerungen. Schon bekam die Dienerschaft Stoff zum Weitertragen. Ein Glück noch, daß La Rose nicht im Hôtel Noailles zu Marseille entlassen worden war, sondern fortfuhr, wie schon von ihm beim zweiten Nachtquartier begonnen, zu vermitteln und auszugleichen, auch zu überraschen. La Rose war ein Virtuose im Dienen. Und dabei <ref xml:id="TEXTarbeiteteBISRevanche" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLarbeiteteBISRevanche">arbeitete er fortwährend in „Revanche</ref>“! Er corrigirte das Ada’sche Französisch. „Gnädige Frau Gräfin, Sie sprechen ein Kutscher-Französisch, das ich nur glaube gehört zu haben in Alsace!“ Sein ihm auf diese unschuldige Weise zugestandener Patriotismus schlug alle Wallungen des Bösewerdens nieder.</p> <p>Als sich endlich in dem lieblichen, von grünen Höhenzügen sanft umfriedigten Thale, unter diesen schon längst in gelben Bündeln auf den Feldern befindlichen Halmfrüchten, diesen duftenden noch schwertragenden Obstbäumen auch Ottomar eingefunden hatte, trat plötzlich mit der jungen Gräfin eine Umwandlung ein, die Allen auffallen, Alle, die den Grund derselben erkannten, erschrecken mußte. Konnte man früher fast der Generalin Recht geben, wenn sie gesagt hatte: Die guten Worte, die du den Leuten giebst, kann man ja zählen! so war die gnädige „junge Gräfin“ jetzt die Güte, Liebe, </p> </div> </body> </text> </TEI> [283/0289]
Standesrücksichten, ohne Wahl, ohne vorherige Neigung geschlossen war, verstärkten sich die Aeußerungen. Schon bekam die Dienerschaft Stoff zum Weitertragen. Ein Glück noch, daß La Rose nicht im Hôtel Noailles zu Marseille entlassen worden war, sondern fortfuhr, wie schon von ihm beim zweiten Nachtquartier begonnen, zu vermitteln und auszugleichen, auch zu überraschen. La Rose war ein Virtuose im Dienen. Und dabei arbeitete er fortwährend in „Revanche“! Er corrigirte das Ada’sche Französisch. „Gnädige Frau Gräfin, Sie sprechen ein Kutscher-Französisch, das ich nur glaube gehört zu haben in Alsace!“ Sein ihm auf diese unschuldige Weise zugestandener Patriotismus schlug alle Wallungen des Bösewerdens nieder.
Als sich endlich in dem lieblichen, von grünen Höhenzügen sanft umfriedigten Thale, unter diesen schon längst in gelben Bündeln auf den Feldern befindlichen Halmfrüchten, diesen duftenden noch schwertragenden Obstbäumen auch Ottomar eingefunden hatte, trat plötzlich mit der jungen Gräfin eine Umwandlung ein, die Allen auffallen, Alle, die den Grund derselben erkannten, erschrecken mußte. Konnte man früher fast der Generalin Recht geben, wenn sie gesagt hatte: Die guten Worte, die du den Leuten giebst, kann man ja zählen! so war die gnädige „junge Gräfin“ jetzt die Güte, Liebe,
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/289>, abgerufen am 26.06.2024. |