Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Eine Masse Erinnerungszeichen schickte Wolny an Frau Jenny Rabe. Wolny wollte die Fabrik an eine Actiengesellschaft rasch verkaufen. Unbewußt, völlig arglos, mit den edelsten Vorsätzen gerieth er unter die damals so harmlos auftretenden "Gründer". Er wollte nur reisen, nur sein Trauerjahr verwenden. England, Amerika! Das war sein Ziel. Er beging eine große Thorheit. Er überließ Alles - Commissionären!

Als damals auch Ottomar heimkam vom kalten winterlichen Friedhofe, vom Grabsteine, der nun schon lange den alten Rabe deckte in einem umfriedigten Raume ("Rabe'sches Familienbegräbniß" in goldenen Lettern benannt, aber sonst schon recht kahl und ohne besondern Schmuck) - da fand er von seinem Freunde Udo einen Brief und seltsamerweise schon aus Hochlinden, worin ihm dieser seine Rückkehr aus Italien und seine bevorstehende Einkehr sogleich auf den Sommersitz seines seligen Onkels anzeigte. Die Mittheilung war überraschend, wie Alles, was mit Ada im Zusammenhang stand, für Ottomar aufregend genug. Man hatte das junge Paar erst in der Residenz erwartet. Es sollte glänzen. Ada wollte auf dem Lande bleiben. Auch dies schrieb er dem Freunde. "Ich sprach Dir längere Zeit absichtlich nicht mehr von der Marloff! Die Schilderung Deiner Besuche bei ihr hatte mich in solchem Grade aufgeregt, daß ich fürchtete, mich nicht

Eine Masse Erinnerungszeichen schickte Wolny an Frau Jenny Rabe. Wolny wollte die Fabrik an eine Actiengesellschaft rasch verkaufen. Unbewußt, völlig arglos, mit den edelsten Vorsätzen gerieth er unter die damals so harmlos auftretenden „Gründer“. Er wollte nur reisen, nur sein Trauerjahr verwenden. England, Amerika! Das war sein Ziel. Er beging eine große Thorheit. Er überließ Alles – Commissionären!

Als damals auch Ottomar heimkam vom kalten winterlichen Friedhofe, vom Grabsteine, der nun schon lange den alten Rabe deckte in einem umfriedigten Raume („Rabe’sches Familienbegräbniß“ in goldenen Lettern benannt, aber sonst schon recht kahl und ohne besondern Schmuck) – da fand er von seinem Freunde Udo einen Brief und seltsamerweise schon aus Hochlinden, worin ihm dieser seine Rückkehr aus Italien und seine bevorstehende Einkehr sogleich auf den Sommersitz seines seligen Onkels anzeigte. Die Mittheilung war überraschend, wie Alles, was mit Ada im Zusammenhang stand, für Ottomar aufregend genug. Man hatte das junge Paar erst in der Residenz erwartet. Es sollte glänzen. Ada wollte auf dem Lande bleiben. Auch dies schrieb er dem Freunde. „Ich sprach Dir längere Zeit absichtlich nicht mehr von der Marloff! Die Schilderung Deiner Besuche bei ihr hatte mich in solchem Grade aufgeregt, daß ich fürchtete, mich nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="56"/>
Eine Masse Erinnerungszeichen schickte Wolny an Frau Jenny Rabe. Wolny wollte die Fabrik an eine Actiengesellschaft rasch verkaufen. Unbewußt, völlig arglos, mit den edelsten Vorsätzen gerieth er unter <ref xml:id="TEXTdiedamalsBISGruender" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdiedamalsBISGruender">die damals so harmlos auftretenden &#x201E;Gründer</ref>&#x201C;. Er wollte nur reisen, nur sein Trauerjahr verwenden. England, Amerika! Das war sein Ziel. Er beging eine große Thorheit. Er überließ Alles &#x2013; <ref xml:id="TEXTCommissionaeren" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLCommissionaeren">Commissionären</ref>!</p>
        <p>Als damals auch Ottomar heimkam vom kalten winterlichen Friedhofe, vom Grabsteine, der nun schon lange den alten Rabe deckte in einem umfriedigten Raume (&#x201E;Rabe&#x2019;sches Familienbegräbniß&#x201C; in goldenen Lettern benannt, aber sonst schon recht kahl und ohne besondern Schmuck) &#x2013; da fand er von seinem Freunde Udo einen Brief und seltsamerweise schon aus Hochlinden, worin ihm dieser seine Rückkehr aus Italien und seine bevorstehende Einkehr sogleich auf den Sommersitz seines seligen Onkels anzeigte. Die Mittheilung war überraschend, wie Alles, was mit Ada im Zusammenhang stand, für Ottomar aufregend genug. Man hatte das junge Paar erst in der Residenz erwartet. Es sollte glänzen. Ada wollte auf dem Lande bleiben. Auch dies schrieb er dem Freunde. &#x201E;Ich sprach Dir längere Zeit absichtlich nicht mehr von der Marloff! Die Schilderung Deiner Besuche bei ihr hatte mich in solchem Grade aufgeregt, daß ich fürchtete, mich nicht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0062] Eine Masse Erinnerungszeichen schickte Wolny an Frau Jenny Rabe. Wolny wollte die Fabrik an eine Actiengesellschaft rasch verkaufen. Unbewußt, völlig arglos, mit den edelsten Vorsätzen gerieth er unter die damals so harmlos auftretenden „Gründer“. Er wollte nur reisen, nur sein Trauerjahr verwenden. England, Amerika! Das war sein Ziel. Er beging eine große Thorheit. Er überließ Alles – Commissionären! Als damals auch Ottomar heimkam vom kalten winterlichen Friedhofe, vom Grabsteine, der nun schon lange den alten Rabe deckte in einem umfriedigten Raume („Rabe’sches Familienbegräbniß“ in goldenen Lettern benannt, aber sonst schon recht kahl und ohne besondern Schmuck) – da fand er von seinem Freunde Udo einen Brief und seltsamerweise schon aus Hochlinden, worin ihm dieser seine Rückkehr aus Italien und seine bevorstehende Einkehr sogleich auf den Sommersitz seines seligen Onkels anzeigte. Die Mittheilung war überraschend, wie Alles, was mit Ada im Zusammenhang stand, für Ottomar aufregend genug. Man hatte das junge Paar erst in der Residenz erwartet. Es sollte glänzen. Ada wollte auf dem Lande bleiben. Auch dies schrieb er dem Freunde. „Ich sprach Dir längere Zeit absichtlich nicht mehr von der Marloff! Die Schilderung Deiner Besuche bei ihr hatte mich in solchem Grade aufgeregt, daß ich fürchtete, mich nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/62
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/62>, abgerufen am 21.11.2024.