Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Aber wie kommen Sie nach Ungarn? Ist das engelgleiche Wesen denn Ihre Frau? Ihre Tochter? Ist Graf Wilhelm ihr Vater? Alles das fragte Ottomar durcheinander, endlich erfreut, daß dem Erzähler sogar der Wein zu munden anfing. Eine Pause trat ein; dann sagte der Alte: Daß Graf Wilhelm Edwinas Vater ist, läßt sich nicht läugnen, obschon ich einst geschworen habe und schriftlich im Kirchenbuche bezeugte, daß sie meine Tochter ist! Wie kam's aber zum Gegentheil? Der Graf hat ihr selbst das Geheimniß verrathen! Meinen Schwur, den ich leistete, daß ich niemals Mißbrauch mit dem mich in jenen Tagen empörenden Thatbestande machen wollte, werde ich halten. Die alte würdige Frau, die Graf Wilhelm, ein poetischer Phantast, meinetwegen ein Originalkopf, betrog, soll mir Niemand vor ihrem Tode betrüben! Wer es thäte und wär's Edwina selbst, den erwürg' ich! Herr, fuhr der Alte nach einer Pause fort, ich besaß ein bildschönes junges Weib, meinen damaligen Jahren angemessen, nur ein Mädchen aus dem Volke. Sie sahen soeben die ganz gewöhnliche Mutter meiner Frau! Edwina würde für sie nur Almosen haben, wenn sich die alte ehrliche Wäscherin, die mir das Haus aufgeschlossen hat, - nicht selbst ernährte! Sie nimmt Nichts von ihr als den Wäscherlohn! Ich bringe mich Aber wie kommen Sie nach Ungarn? Ist das engelgleiche Wesen denn Ihre Frau? Ihre Tochter? Ist Graf Wilhelm ihr Vater? Alles das fragte Ottomar durcheinander, endlich erfreut, daß dem Erzähler sogar der Wein zu munden anfing. Eine Pause trat ein; dann sagte der Alte: Daß Graf Wilhelm Edwinas Vater ist, läßt sich nicht läugnen, obschon ich einst geschworen habe und schriftlich im Kirchenbuche bezeugte, daß sie meine Tochter ist! Wie kam’s aber zum Gegentheil? Der Graf hat ihr selbst das Geheimniß verrathen! Meinen Schwur, den ich leistete, daß ich niemals Mißbrauch mit dem mich in jenen Tagen empörenden Thatbestande machen wollte, werde ich halten. Die alte würdige Frau, die Graf Wilhelm, ein poetischer Phantast, meinetwegen ein Originalkopf, betrog, soll mir Niemand vor ihrem Tode betrüben! Wer es thäte und wär’s Edwina selbst, den erwürg’ ich! Herr, fuhr der Alte nach einer Pause fort, ich besaß ein bildschönes junges Weib, meinen damaligen Jahren angemessen, nur ein Mädchen aus dem Volke. Sie sahen soeben die ganz gewöhnliche Mutter meiner Frau! Edwina würde für sie nur Almosen haben, wenn sich die alte ehrliche Wäscherin, die mir das Haus aufgeschlossen hat, – nicht selbst ernährte! Sie nimmt Nichts von ihr als den Wäscherlohn! Ich bringe mich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0008" n="2"/> <p> Aber wie kommen Sie nach Ungarn? Ist das engelgleiche Wesen denn Ihre Frau? Ihre Tochter? Ist Graf Wilhelm ihr Vater? Alles das fragte Ottomar durcheinander, endlich erfreut, daß dem Erzähler sogar der Wein zu munden anfing.</p> <p>Eine Pause trat ein; dann sagte der Alte:</p> <p>Daß Graf Wilhelm Edwinas Vater ist, läßt sich nicht läugnen, obschon ich einst geschworen habe und schriftlich im Kirchenbuche bezeugte, daß sie meine Tochter ist! Wie kam’s aber zum Gegentheil? Der Graf hat ihr selbst das Geheimniß verrathen! Meinen Schwur, den ich leistete, daß ich niemals Mißbrauch mit dem mich in jenen Tagen empörenden Thatbestande machen wollte, werde ich halten. Die alte würdige Frau, die Graf Wilhelm, ein poetischer Phantast, meinetwegen ein Originalkopf, betrog, soll mir Niemand vor ihrem Tode betrüben! Wer es thäte und wär’s Edwina selbst, den erwürg’ ich! Herr, fuhr der Alte nach einer Pause fort, ich besaß ein bildschönes junges Weib, meinen damaligen Jahren angemessen, nur ein Mädchen aus dem Volke. Sie sahen soeben die ganz gewöhnliche Mutter meiner Frau! Edwina würde für sie nur Almosen haben, wenn sich die alte ehrliche Wäscherin, die mir das Haus aufgeschlossen hat, – nicht selbst ernährte! Sie nimmt Nichts von ihr als den Wäscherlohn! Ich bringe mich </p> </div> </body> </text> </TEI> [2/0008]
Aber wie kommen Sie nach Ungarn? Ist das engelgleiche Wesen denn Ihre Frau? Ihre Tochter? Ist Graf Wilhelm ihr Vater? Alles das fragte Ottomar durcheinander, endlich erfreut, daß dem Erzähler sogar der Wein zu munden anfing.
Eine Pause trat ein; dann sagte der Alte:
Daß Graf Wilhelm Edwinas Vater ist, läßt sich nicht läugnen, obschon ich einst geschworen habe und schriftlich im Kirchenbuche bezeugte, daß sie meine Tochter ist! Wie kam’s aber zum Gegentheil? Der Graf hat ihr selbst das Geheimniß verrathen! Meinen Schwur, den ich leistete, daß ich niemals Mißbrauch mit dem mich in jenen Tagen empörenden Thatbestande machen wollte, werde ich halten. Die alte würdige Frau, die Graf Wilhelm, ein poetischer Phantast, meinetwegen ein Originalkopf, betrog, soll mir Niemand vor ihrem Tode betrüben! Wer es thäte und wär’s Edwina selbst, den erwürg’ ich! Herr, fuhr der Alte nach einer Pause fort, ich besaß ein bildschönes junges Weib, meinen damaligen Jahren angemessen, nur ein Mädchen aus dem Volke. Sie sahen soeben die ganz gewöhnliche Mutter meiner Frau! Edwina würde für sie nur Almosen haben, wenn sich die alte ehrliche Wäscherin, die mir das Haus aufgeschlossen hat, – nicht selbst ernährte! Sie nimmt Nichts von ihr als den Wäscherlohn! Ich bringe mich
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