Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.war sie ihrem Vater in Ungarn, dann wieder aus der Pension entlaufen -! Die Alte verglich die Ugarti, von der sie gehört hatte, mit der Brennicke. Trieben sie nicht im Grunde genommen dasselbe Gewerbe? Mädchenhandel? Die Alte meinte: Eine Fürstin? Hahaha! Seine Maitresse könntest Du allenfalls werden! Dazu hat der aber nicht die Courage! Eines Tages ließ sich Ottomar Althing melden. Nicht etwa bei Edwina Marloff, sondern bei Frau Regierungsräthin Brennicke. Der Salon des Hauses war unverfänglich, die Haltung Edwinas über jeden Makel erhaben, ein Fürst Rauden konnte den Gedanken hegen, sie zu seiner Gattin zu wählen. Die Luzius'sche Familie, die Collegen, Jean Vogler, Dieterici, seine eigne Familie hatten ihn gedrängt, einmal diesen Besuch zu machen. "Dem Ganzen fehlt die Weihe, wenn Sie fehlen -" hatte sogar Jean Vogler mit einer bei ihm seltenen Anerkennung gesagt. "Nur müssen Sie viel Declamation und Lieder ohne Worte in den Kauf nehmen! Zuletzt giebt's aber immer gut zu essen!" setzte er hinzu. Der wahre Beweggrund, warum Ottomar diesen Boden wieder betrat, lag in den Briefen des Grafen. Mit dem regelmäßigen Schluß: "Meine Frau läßt Dich grüßen", der in sein Gemüth wie ein langgezogener war sie ihrem Vater in Ungarn, dann wieder aus der Pension entlaufen –! Die Alte verglich die Ugarti, von der sie gehört hatte, mit der Brennicke. Trieben sie nicht im Grunde genommen dasselbe Gewerbe? Mädchenhandel? Die Alte meinte: Eine Fürstin? Hahaha! Seine Maitresse könntest Du allenfalls werden! Dazu hat der aber nicht die Courage! Eines Tages ließ sich Ottomar Althing melden. Nicht etwa bei Edwina Marloff, sondern bei Frau Regierungsräthin Brennicke. Der Salon des Hauses war unverfänglich, die Haltung Edwinas über jeden Makel erhaben, ein Fürst Rauden konnte den Gedanken hegen, sie zu seiner Gattin zu wählen. Die Luzius’sche Familie, die Collegen, Jean Vogler, Dieterici, seine eigne Familie hatten ihn gedrängt, einmal diesen Besuch zu machen. „Dem Ganzen fehlt die Weihe, wenn Sie fehlen –“ hatte sogar Jean Vogler mit einer bei ihm seltenen Anerkennung gesagt. „Nur müssen Sie viel Declamation und Lieder ohne Worte in den Kauf nehmen! Zuletzt giebt’s aber immer gut zu essen!“ setzte er hinzu. Der wahre Beweggrund, warum Ottomar diesen Boden wieder betrat, lag in den Briefen des Grafen. Mit dem regelmäßigen Schluß: „Meine Frau läßt Dich grüßen“, der in sein Gemüth wie ein langgezogener <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="90"/> war sie ihrem Vater in Ungarn, dann wieder aus der Pension entlaufen –! Die Alte verglich die Ugarti, von der sie gehört hatte, mit der Brennicke. Trieben sie nicht im Grunde genommen dasselbe Gewerbe? Mädchenhandel? Die Alte meinte: Eine Fürstin? Hahaha! Seine Maitresse könntest Du allenfalls werden! Dazu hat der aber nicht die Courage!</p> <p>Eines Tages ließ sich Ottomar Althing melden. Nicht etwa bei Edwina Marloff, sondern bei Frau Regierungsräthin Brennicke. Der Salon des Hauses war unverfänglich, die Haltung Edwinas über jeden Makel erhaben, ein Fürst Rauden konnte den Gedanken hegen, sie zu seiner Gattin zu wählen. Die Luzius’sche Familie, die Collegen, Jean Vogler, Dieterici, seine eigne Familie hatten ihn gedrängt, einmal diesen Besuch zu machen. „Dem Ganzen fehlt die Weihe, wenn Sie fehlen –“ hatte sogar Jean Vogler mit einer bei ihm seltenen Anerkennung gesagt. „Nur müssen Sie viel Declamation und <ref xml:id="TEXTLiederohneWorte" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLLiederohneWorte">Lieder ohne Worte</ref> in den Kauf nehmen! Zuletzt giebt’s aber immer gut zu essen!“ setzte er hinzu.</p> <p>Der wahre Beweggrund, warum Ottomar diesen Boden wieder betrat, lag in den Briefen des Grafen. Mit dem regelmäßigen Schluß: „Meine Frau läßt Dich grüßen“, der in sein Gemüth wie ein langgezogener </p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0096]
war sie ihrem Vater in Ungarn, dann wieder aus der Pension entlaufen –! Die Alte verglich die Ugarti, von der sie gehört hatte, mit der Brennicke. Trieben sie nicht im Grunde genommen dasselbe Gewerbe? Mädchenhandel? Die Alte meinte: Eine Fürstin? Hahaha! Seine Maitresse könntest Du allenfalls werden! Dazu hat der aber nicht die Courage!
Eines Tages ließ sich Ottomar Althing melden. Nicht etwa bei Edwina Marloff, sondern bei Frau Regierungsräthin Brennicke. Der Salon des Hauses war unverfänglich, die Haltung Edwinas über jeden Makel erhaben, ein Fürst Rauden konnte den Gedanken hegen, sie zu seiner Gattin zu wählen. Die Luzius’sche Familie, die Collegen, Jean Vogler, Dieterici, seine eigne Familie hatten ihn gedrängt, einmal diesen Besuch zu machen. „Dem Ganzen fehlt die Weihe, wenn Sie fehlen –“ hatte sogar Jean Vogler mit einer bei ihm seltenen Anerkennung gesagt. „Nur müssen Sie viel Declamation und Lieder ohne Worte in den Kauf nehmen! Zuletzt giebt’s aber immer gut zu essen!“ setzte er hinzu.
Der wahre Beweggrund, warum Ottomar diesen Boden wieder betrat, lag in den Briefen des Grafen. Mit dem regelmäßigen Schluß: „Meine Frau läßt Dich grüßen“, der in sein Gemüth wie ein langgezogener
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