Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Sie lachen? fragte die Gräfin, erschreckt durch die grobe Unziemlichkeit. Habe ich gelacht? sagte er. Der Gegenstand ist ja so heilig, aber - das Symbol bekanntlich etwas abgenutzt! Kritisiren Sie doch nicht ewig! meinte nun die Gräfin. Wenn man sie reizte, konnte sie recht ernstlich aufwallen, ja heftig und zornig werden. Mit einer geschickten Seitenwendung suchte Merkus diesmal noch von seiner plump eingeleiteten Denunciation, einer Rache auch an der Gräfin selbst, abzukommen. Er klagte nur, daß sich auch Graf Wilhelm nicht an's Evangelium gehalten, aus diesem nur seine geistige Nahrung gezogen hätte und daß er jetzt wohl im Reiche der Wahrheit erkennen würde, wer zur Rechten Gottes säße und die Böcke von den Schafen sonderte? Die Gräfin war sehr verstimmt über den Nichtbesuch des Monuments und das Belachen ihrer ganz aus dem Herzen gekommenen Ideen. Sie trug dies Merkus nach und ließ ihn einige Tage ganz links liegen, grüßte ihn sogar nur oberflächlich, wenn sie ihn sah. Sie konnte sogar den Gedanken hegen: Wenn ich ihm nur gesagt hätte, wäre Martha zugegen, die würde Ihnen erwidern: Was Sie da vorbringen, sind ja Alles nur abgenutzte Redensarten aus der alten hebräischen Poesie! Dabei grübelte sie Sie lachen? fragte die Gräfin, erschreckt durch die grobe Unziemlichkeit. Habe ich gelacht? sagte er. Der Gegenstand ist ja so heilig, aber – das Symbol bekanntlich etwas abgenutzt! Kritisiren Sie doch nicht ewig! meinte nun die Gräfin. Wenn man sie reizte, konnte sie recht ernstlich aufwallen, ja heftig und zornig werden. Mit einer geschickten Seitenwendung suchte Merkus diesmal noch von seiner plump eingeleiteten Denunciation, einer Rache auch an der Gräfin selbst, abzukommen. Er klagte nur, daß sich auch Graf Wilhelm nicht an’s Evangelium gehalten, aus diesem nur seine geistige Nahrung gezogen hätte und daß er jetzt wohl im Reiche der Wahrheit erkennen würde, wer zur Rechten Gottes säße und die Böcke von den Schafen sonderte? Die Gräfin war sehr verstimmt über den Nichtbesuch des Monuments und das Belachen ihrer ganz aus dem Herzen gekommenen Ideen. Sie trug dies Merkus nach und ließ ihn einige Tage ganz links liegen, grüßte ihn sogar nur oberflächlich, wenn sie ihn sah. Sie konnte sogar den Gedanken hegen: Wenn ich ihm nur gesagt hätte, wäre Martha zugegen, die würde Ihnen erwidern: Was Sie da vorbringen, sind ja Alles nur abgenutzte Redensarten aus der alten hebräischen Poesie! Dabei grübelte sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0104" n="98"/> <p> Sie lachen? fragte die Gräfin, erschreckt durch die grobe Unziemlichkeit.</p> <p>Habe ich gelacht? sagte er. Der Gegenstand ist ja so heilig, aber – das Symbol bekanntlich etwas abgenutzt!</p> <p>Kritisiren Sie doch nicht ewig! meinte nun die Gräfin. Wenn man sie reizte, konnte sie recht ernstlich aufwallen, ja heftig und zornig werden.</p> <p>Mit einer geschickten Seitenwendung suchte Merkus diesmal noch von seiner plump eingeleiteten Denunciation, einer Rache auch an der Gräfin selbst, abzukommen. Er klagte nur, daß sich auch Graf Wilhelm nicht an’s Evangelium gehalten, aus diesem nur seine geistige Nahrung gezogen hätte und daß er jetzt wohl im Reiche der Wahrheit erkennen würde, wer zur Rechten Gottes säße und die Böcke von den Schafen sonderte?</p> <p>Die Gräfin war sehr verstimmt über den Nichtbesuch des Monuments und das Belachen ihrer ganz aus dem Herzen gekommenen Ideen. Sie trug dies Merkus nach und ließ ihn einige Tage ganz links liegen, grüßte ihn sogar nur oberflächlich, wenn sie ihn sah. Sie konnte sogar den Gedanken hegen: Wenn ich ihm nur gesagt hätte, wäre Martha zugegen, die würde Ihnen erwidern: Was Sie da vorbringen, sind ja Alles nur abgenutzte Redensarten aus der alten hebräischen Poesie! Dabei grübelte sie </p> </div> </body> </text> </TEI> [98/0104]
Sie lachen? fragte die Gräfin, erschreckt durch die grobe Unziemlichkeit.
Habe ich gelacht? sagte er. Der Gegenstand ist ja so heilig, aber – das Symbol bekanntlich etwas abgenutzt!
Kritisiren Sie doch nicht ewig! meinte nun die Gräfin. Wenn man sie reizte, konnte sie recht ernstlich aufwallen, ja heftig und zornig werden.
Mit einer geschickten Seitenwendung suchte Merkus diesmal noch von seiner plump eingeleiteten Denunciation, einer Rache auch an der Gräfin selbst, abzukommen. Er klagte nur, daß sich auch Graf Wilhelm nicht an’s Evangelium gehalten, aus diesem nur seine geistige Nahrung gezogen hätte und daß er jetzt wohl im Reiche der Wahrheit erkennen würde, wer zur Rechten Gottes säße und die Böcke von den Schafen sonderte?
Die Gräfin war sehr verstimmt über den Nichtbesuch des Monuments und das Belachen ihrer ganz aus dem Herzen gekommenen Ideen. Sie trug dies Merkus nach und ließ ihn einige Tage ganz links liegen, grüßte ihn sogar nur oberflächlich, wenn sie ihn sah. Sie konnte sogar den Gedanken hegen: Wenn ich ihm nur gesagt hätte, wäre Martha zugegen, die würde Ihnen erwidern: Was Sie da vorbringen, sind ja Alles nur abgenutzte Redensarten aus der alten hebräischen Poesie! Dabei grübelte sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>)
(2014-02-19T11:57:26Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |