Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.entworfenen Brief zurück. Sie hatte den Grafen ganz als Standesherrn behandelt. "Hochgeborner Herr Graf!" hatte sie geschrieben. "Ew. Erlaucht können sich wohl denken, daß Sie mich und die Meinigen durch Ihre Hoffnungen und Wünsche sehr erschüttert haben. Ganz abgesehen von dem schmeichelhaften großen Antheil, den Sie unserer Familie zur Wiederherstellung Ihrer innern Zufriedenheit zuzuerkennen gedachten, ist ja auch unsere Verehrung und Dankbarkeit gegen Sie eine so große, daß uns schon allein das vertrauensvoll geschilderte Leid Ihres nicht nach Wunsch ausgefallenen Eheverhältnisses erschüttert und rührt. Frau Gräfin Ada ist mir nicht näher bekannt. Aber wer sie gesehen hat, schildert sie als ein Wesen voll Schönheit, äußrer und innrer. Wenn sie will, habe ich gehört, kann sie sich die bestrickendste Anmuth geben. Nur soll dieser Wille im Uebrigen zu stark sein. Sollte er sich aber nicht nach und nach mit Ihren männlichen Ansprüchen in Einklang bringen lassen? Was meine Tochter anbetrifft, so gesteht sie gern, daß sie der Freude über Ihre Besuche, über die Erheiterungen des Vaters, die Sie ihm gewährten, über die aus alter akademischer Zeit mit in Ihre neue Lebensstellung herübergenommene Freundschaft mit ihrem Bruder einen früher vielleicht zu lebhaften Ausdruck entworfenen Brief zurück. Sie hatte den Grafen ganz als Standesherrn behandelt. „Hochgeborner Herr Graf!“ hatte sie geschrieben. „Ew. Erlaucht können sich wohl denken, daß Sie mich und die Meinigen durch Ihre Hoffnungen und Wünsche sehr erschüttert haben. Ganz abgesehen von dem schmeichelhaften großen Antheil, den Sie unserer Familie zur Wiederherstellung Ihrer innern Zufriedenheit zuzuerkennen gedachten, ist ja auch unsere Verehrung und Dankbarkeit gegen Sie eine so große, daß uns schon allein das vertrauensvoll geschilderte Leid Ihres nicht nach Wunsch ausgefallenen Eheverhältnisses erschüttert und rührt. Frau Gräfin Ada ist mir nicht näher bekannt. Aber wer sie gesehen hat, schildert sie als ein Wesen voll Schönheit, äußrer und innrer. Wenn sie will, habe ich gehört, kann sie sich die bestrickendste Anmuth geben. Nur soll dieser Wille im Uebrigen zu stark sein. Sollte er sich aber nicht nach und nach mit Ihren männlichen Ansprüchen in Einklang bringen lassen? Was meine Tochter anbetrifft, so gesteht sie gern, daß sie der Freude über Ihre Besuche, über die Erheiterungen des Vaters, die Sie ihm gewährten, über die aus alter akademischer Zeit mit in Ihre neue Lebensstellung herübergenommene Freundschaft mit ihrem Bruder einen früher vielleicht zu lebhaften Ausdruck <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0141" n="135"/> entworfenen Brief zurück. Sie hatte den Grafen ganz als Standesherrn behandelt.</p> <p>„Hochgeborner Herr Graf!“ hatte sie geschrieben. „Ew. Erlaucht können sich wohl denken, daß Sie mich und die Meinigen durch Ihre Hoffnungen und Wünsche sehr erschüttert haben. Ganz abgesehen von dem schmeichelhaften großen Antheil, den Sie unserer Familie zur Wiederherstellung Ihrer innern Zufriedenheit zuzuerkennen gedachten, ist ja auch unsere Verehrung und Dankbarkeit gegen Sie eine so große, daß uns schon allein das vertrauensvoll geschilderte Leid Ihres nicht nach Wunsch ausgefallenen Eheverhältnisses erschüttert und rührt. Frau Gräfin Ada ist mir nicht näher bekannt. Aber wer sie gesehen hat, schildert sie als ein Wesen voll Schönheit, äußrer und innrer. Wenn sie will, habe ich gehört, kann sie sich die bestrickendste Anmuth geben. Nur soll dieser Wille im Uebrigen zu stark sein. Sollte er sich aber nicht nach und nach mit Ihren männlichen Ansprüchen in Einklang bringen lassen? Was meine Tochter anbetrifft, so gesteht sie gern, daß sie der Freude über Ihre Besuche, über die Erheiterungen des Vaters, die Sie ihm gewährten, über die aus alter akademischer Zeit mit in Ihre neue Lebensstellung herübergenommene Freundschaft mit ihrem Bruder einen früher vielleicht zu lebhaften Ausdruck </p> </div> </body> </text> </TEI> [135/0141]
entworfenen Brief zurück. Sie hatte den Grafen ganz als Standesherrn behandelt.
„Hochgeborner Herr Graf!“ hatte sie geschrieben. „Ew. Erlaucht können sich wohl denken, daß Sie mich und die Meinigen durch Ihre Hoffnungen und Wünsche sehr erschüttert haben. Ganz abgesehen von dem schmeichelhaften großen Antheil, den Sie unserer Familie zur Wiederherstellung Ihrer innern Zufriedenheit zuzuerkennen gedachten, ist ja auch unsere Verehrung und Dankbarkeit gegen Sie eine so große, daß uns schon allein das vertrauensvoll geschilderte Leid Ihres nicht nach Wunsch ausgefallenen Eheverhältnisses erschüttert und rührt. Frau Gräfin Ada ist mir nicht näher bekannt. Aber wer sie gesehen hat, schildert sie als ein Wesen voll Schönheit, äußrer und innrer. Wenn sie will, habe ich gehört, kann sie sich die bestrickendste Anmuth geben. Nur soll dieser Wille im Uebrigen zu stark sein. Sollte er sich aber nicht nach und nach mit Ihren männlichen Ansprüchen in Einklang bringen lassen? Was meine Tochter anbetrifft, so gesteht sie gern, daß sie der Freude über Ihre Besuche, über die Erheiterungen des Vaters, die Sie ihm gewährten, über die aus alter akademischer Zeit mit in Ihre neue Lebensstellung herübergenommene Freundschaft mit ihrem Bruder einen früher vielleicht zu lebhaften Ausdruck
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