Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.Wieder fielen Schneeflocken, nur ein leichtes Vorspiel des Winters. Ein feuchter Nebel folgte. Ganz gelb sah die Luft aus. Schwer lag sie über Straße und Hof. Die Laternen waren kaum zu erkennen. Im Hofe war es nicht ganz so still, wie in dieser abgelegenen Diplomatenstraße selbst. Die Ställe lagen zwar weit ab, dem Park und dem Garten zu, aber sie waren in Bewegung gekommen. Ada dachte sich die Mutter in diesem Augenblick. Bei allem Herzeleid doch eine Loge in der Oper -! Eine Erhebung -! Adas gutes Herz sah mit Befriedigung "Mama", wie diese ihre falschen Scheitel noch vor'm Spiegel im Foyer der Oper ordnete und wie sie dann voll Würde in die Loge trat und sich in den rothplüschnen Sessel warf und umsah, wer da und dort zugegen - - La Rose war nicht mit in's Theater gefahren. Die Logenschließer waren ihm alle jene ehemaligen Unteroffiziere, an denen es seinem geliebten Vaterlande so sehr mangelt und die 1870 so viel zur Unterwerfung desselben beigetragen haben. Die junge Gräfin kehrte in ihr Zimmer zurück. Ihr Athem stockte. Das Herz klopfte. Sie öffnete ein Necessaire und entnahm demselben einige Visitenkarten. Diese steckte sie zu sich und sah sich noch einmal um. Sie betastete ihre Kleider und seufzte tief. Es war die Spannung, der zurückgehaltene Athem, der einmal wieder Wieder fielen Schneeflocken, nur ein leichtes Vorspiel des Winters. Ein feuchter Nebel folgte. Ganz gelb sah die Luft aus. Schwer lag sie über Straße und Hof. Die Laternen waren kaum zu erkennen. Im Hofe war es nicht ganz so still, wie in dieser abgelegenen Diplomatenstraße selbst. Die Ställe lagen zwar weit ab, dem Park und dem Garten zu, aber sie waren in Bewegung gekommen. Ada dachte sich die Mutter in diesem Augenblick. Bei allem Herzeleid doch eine Loge in der Oper –! Eine Erhebung –! Adas gutes Herz sah mit Befriedigung „Mama“, wie diese ihre falschen Scheitel noch vor’m Spiegel im Foyer der Oper ordnete und wie sie dann voll Würde in die Loge trat und sich in den rothplüschnen Sessel warf und umsah, wer da und dort zugegen – – La Rose war nicht mit in’s Theater gefahren. Die Logenschließer waren ihm alle jene ehemaligen Unteroffiziere, an denen es seinem geliebten Vaterlande so sehr mangelt und die 1870 so viel zur Unterwerfung desselben beigetragen haben. Die junge Gräfin kehrte in ihr Zimmer zurück. Ihr Athem stockte. Das Herz klopfte. Sie öffnete ein Necessaire und entnahm demselben einige Visitenkarten. Diese steckte sie zu sich und sah sich noch einmal um. Sie betastete ihre Kleider und seufzte tief. Es war die Spannung, der zurückgehaltene Athem, der einmal wieder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0175" n="169"/> <p> Wieder fielen Schneeflocken, nur ein leichtes Vorspiel des Winters. Ein feuchter Nebel folgte. Ganz gelb sah die Luft aus. Schwer lag sie über Straße und Hof. Die Laternen waren kaum zu erkennen. Im Hofe war es nicht ganz so still, wie in dieser abgelegenen Diplomatenstraße selbst. Die Ställe lagen zwar weit ab, dem Park und dem Garten zu, aber sie waren in Bewegung gekommen. Ada dachte sich die Mutter in diesem Augenblick. Bei allem Herzeleid doch eine Loge in der Oper –! Eine Erhebung –! Adas gutes Herz sah mit Befriedigung „Mama“, wie diese ihre falschen Scheitel noch vor’m Spiegel im Foyer der Oper ordnete und wie sie dann voll Würde in die Loge trat und sich in den rothplüschnen Sessel warf und umsah, wer da und dort zugegen – –</p> <p>La Rose war nicht mit in’s Theater gefahren. Die Logenschließer waren ihm alle jene ehemaligen Unteroffiziere, an denen es seinem geliebten Vaterlande so sehr mangelt und die 1870 so viel zur Unterwerfung desselben beigetragen haben.</p> <p>Die junge Gräfin kehrte in ihr Zimmer zurück. Ihr Athem stockte. Das Herz klopfte. Sie öffnete ein Necessaire und entnahm demselben einige Visitenkarten. Diese steckte sie zu sich und sah sich noch einmal um. Sie betastete ihre Kleider und seufzte tief. Es war die Spannung, der zurückgehaltene Athem, der einmal wieder </p> </div> </body> </text> </TEI> [169/0175]
Wieder fielen Schneeflocken, nur ein leichtes Vorspiel des Winters. Ein feuchter Nebel folgte. Ganz gelb sah die Luft aus. Schwer lag sie über Straße und Hof. Die Laternen waren kaum zu erkennen. Im Hofe war es nicht ganz so still, wie in dieser abgelegenen Diplomatenstraße selbst. Die Ställe lagen zwar weit ab, dem Park und dem Garten zu, aber sie waren in Bewegung gekommen. Ada dachte sich die Mutter in diesem Augenblick. Bei allem Herzeleid doch eine Loge in der Oper –! Eine Erhebung –! Adas gutes Herz sah mit Befriedigung „Mama“, wie diese ihre falschen Scheitel noch vor’m Spiegel im Foyer der Oper ordnete und wie sie dann voll Würde in die Loge trat und sich in den rothplüschnen Sessel warf und umsah, wer da und dort zugegen – –
La Rose war nicht mit in’s Theater gefahren. Die Logenschließer waren ihm alle jene ehemaligen Unteroffiziere, an denen es seinem geliebten Vaterlande so sehr mangelt und die 1870 so viel zur Unterwerfung desselben beigetragen haben.
Die junge Gräfin kehrte in ihr Zimmer zurück. Ihr Athem stockte. Das Herz klopfte. Sie öffnete ein Necessaire und entnahm demselben einige Visitenkarten. Diese steckte sie zu sich und sah sich noch einmal um. Sie betastete ihre Kleider und seufzte tief. Es war die Spannung, der zurückgehaltene Athem, der einmal wieder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>)
(2014-02-19T11:57:26Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |