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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

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So plauderten sie über die ernste Sachlage Morgens bis zur Tischzeit, Abends bis tief in die Nacht. Aus dem Park herüber blieb von den Alten noch Alles still. Während der Scheidungsproceß schon eingeleitet war! Nicht von dem kränkelnden Luzius, sondern von einem andern frischern Rechtsanwalt, den Ottomar selbst vorgeschlagen. Der Graf schrieb wiederum: "Die Würfel sind gefallen, lieber Freund! Der Rubikon ist überschritten! Ich hatte eine Consultation und las die gerichtliche Eingabe. Wie war ich beschämt, da ich grade alle Anklagen, die ich stellte, selbst verdiente! Ich mühe mich nur noch, meine Niederlage zu verdecken! Noch einen Kummer habe ich. Was wir so sorgsam behüteten, das Geheimniß des Onkels Wilhelm - die Tante hat es doch erfahren. Denke Dir meinen Schmerz. Christliche Liebe hielt es für nothwendig, die Sonne des Tages auf eine Verirrung scheinen zu lassen, die so ganz in der Ordnung gewesen und nur durch unsre Vorurtheile verlästert werden konnte. Pfarrer Merkus hat der beschränkten Frau die Existenz der Marloff, ihren Ursprung, ihre seltsamen, mir vollständig unverfänglichen, attischen Abende mit dem Onkel, Alles, Alles erzählt! Und wie hat das Heldenstück gewirkt? Staune, Freund! Zur Vernunft sprechend, zur Versöhnung, zur Herzensgüte, denkst Du? Nein! So groß ist der Trotz auf diese zufällige

So plauderten sie über die ernste Sachlage Morgens bis zur Tischzeit, Abends bis tief in die Nacht. Aus dem Park herüber blieb von den Alten noch Alles still. Während der Scheidungsproceß schon eingeleitet war! Nicht von dem kränkelnden Luzius, sondern von einem andern frischern Rechtsanwalt, den Ottomar selbst vorgeschlagen. Der Graf schrieb wiederum: „Die Würfel sind gefallen, lieber Freund! Der Rubikon ist überschritten! Ich hatte eine Consultation und las die gerichtliche Eingabe. Wie war ich beschämt, da ich grade alle Anklagen, die ich stellte, selbst verdiente! Ich mühe mich nur noch, meine Niederlage zu verdecken! Noch einen Kummer habe ich. Was wir so sorgsam behüteten, das Geheimniß des Onkels Wilhelm – die Tante hat es doch erfahren. Denke Dir meinen Schmerz. Christliche Liebe hielt es für nothwendig, die Sonne des Tages auf eine Verirrung scheinen zu lassen, die so ganz in der Ordnung gewesen und nur durch unsre Vorurtheile verlästert werden konnte. Pfarrer Merkus hat der beschränkten Frau die Existenz der Marloff, ihren Ursprung, ihre seltsamen, mir vollständig unverfänglichen, attischen Abende mit dem Onkel, Alles, Alles erzählt! Und wie hat das Heldenstück gewirkt? Staune, Freund! Zur Vernunft sprechend, zur Versöhnung, zur Herzensgüte, denkst Du? Nein! So groß ist der Trotz auf diese zufällige

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[190/0196] So plauderten sie über die ernste Sachlage Morgens bis zur Tischzeit, Abends bis tief in die Nacht. Aus dem Park herüber blieb von den Alten noch Alles still. Während der Scheidungsproceß schon eingeleitet war! Nicht von dem kränkelnden Luzius, sondern von einem andern frischern Rechtsanwalt, den Ottomar selbst vorgeschlagen. Der Graf schrieb wiederum: „Die Würfel sind gefallen, lieber Freund! Der Rubikon ist überschritten! Ich hatte eine Consultation und las die gerichtliche Eingabe. Wie war ich beschämt, da ich grade alle Anklagen, die ich stellte, selbst verdiente! Ich mühe mich nur noch, meine Niederlage zu verdecken! Noch einen Kummer habe ich. Was wir so sorgsam behüteten, das Geheimniß des Onkels Wilhelm – die Tante hat es doch erfahren. Denke Dir meinen Schmerz. Christliche Liebe hielt es für nothwendig, die Sonne des Tages auf eine Verirrung scheinen zu lassen, die so ganz in der Ordnung gewesen und nur durch unsre Vorurtheile verlästert werden konnte. Pfarrer Merkus hat der beschränkten Frau die Existenz der Marloff, ihren Ursprung, ihre seltsamen, mir vollständig unverfänglichen, attischen Abende mit dem Onkel, Alles, Alles erzählt! Und wie hat das Heldenstück gewirkt? Staune, Freund! Zur Vernunft sprechend, zur Versöhnung, zur Herzensgüte, denkst Du? Nein! So groß ist der Trotz auf diese zufällige

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/196>, abgerufen am 21.11.2024.