Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.besser, ich wohne im dichten Walde und sähe Nichts mehr von den Menschen und auch von Ihnen Nichts, Sie böser Mann! Ottomar streifte an den Gräsern die Samenbüschel ab und verbarg eine Thräne. Er hörte, daß Ada weinte. Er sollte den Muth haben, sie jetzt stürmisch zu umarmen, trotz aller Gefahr sie zu küssen. Woran denken Sie jetzt? sagte endlich Ada. Gewiß nicht an die große Katastrophe, an die ich immer denke! Das ist doch der Mangel an Muth bei den Männern! Lebenskünstler findet man selten! Sich ein Geschick, das uns dargeboten wird, muthig aneignen, das Ungewöhnliche modeln, dem Urtheil der Welt trotzen, der Fraubaserei ein Schnippchen schlagen, die Mißgunst besiegen durch Consequenz im Beharren -! das ist so selten in dieser Welt der Correctheit! Tartüfferie überall - grüner Schlamm über einem Sumpf - Ottomar mußte im Stillen denken: So spricht ja fast Edwina Marloff auch -! Aber wenn sich Edwinas Busen vor dem Feuer der Erregung hob und ihre Wangen glühten, so blieb der Hörer kalt. Bei Ada verließ ihn alle Indifferenz. Die meisten Menschen, sagte er nach einer Pause - er hielt sich jetzt stehend, während die Gräfin ausgestreckt lag - reisen unter dem Eindruck eines besser, ich wohne im dichten Walde und sähe Nichts mehr von den Menschen und auch von Ihnen Nichts, Sie böser Mann! Ottomar streifte an den Gräsern die Samenbüschel ab und verbarg eine Thräne. Er hörte, daß Ada weinte. Er sollte den Muth haben, sie jetzt stürmisch zu umarmen, trotz aller Gefahr sie zu küssen. Woran denken Sie jetzt? sagte endlich Ada. Gewiß nicht an die große Katastrophe, an die ich immer denke! Das ist doch der Mangel an Muth bei den Männern! Lebenskünstler findet man selten! Sich ein Geschick, das uns dargeboten wird, muthig aneignen, das Ungewöhnliche modeln, dem Urtheil der Welt trotzen, der Fraubaserei ein Schnippchen schlagen, die Mißgunst besiegen durch Consequenz im Beharren –! das ist so selten in dieser Welt der Correctheit! Tartüfferie überall – grüner Schlamm über einem Sumpf – Ottomar mußte im Stillen denken: So spricht ja fast Edwina Marloff auch –! Aber wenn sich Edwinas Busen vor dem Feuer der Erregung hob und ihre Wangen glühten, so blieb der Hörer kalt. Bei Ada verließ ihn alle Indifferenz. Die meisten Menschen, sagte er nach einer Pause – er hielt sich jetzt stehend, während die Gräfin ausgestreckt lag – reisen unter dem Eindruck eines <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0071" n="65"/> besser, ich wohne im dichten Walde und sähe Nichts mehr von den Menschen und auch von Ihnen Nichts, Sie böser Mann!</p> <p>Ottomar streifte an den Gräsern die Samenbüschel ab und verbarg eine Thräne. Er hörte, daß Ada weinte. Er sollte den Muth haben, sie jetzt stürmisch zu umarmen, trotz aller Gefahr sie zu küssen.</p> <p>Woran denken Sie jetzt? sagte endlich Ada. Gewiß nicht an die große Katastrophe, an die ich immer denke! Das ist doch der Mangel an Muth bei den Männern! Lebenskünstler findet man selten! Sich ein Geschick, das uns dargeboten wird, muthig aneignen, das Ungewöhnliche modeln, dem Urtheil der Welt trotzen, der Fraubaserei ein Schnippchen schlagen, die Mißgunst besiegen durch Consequenz im Beharren –! das ist so selten in dieser Welt der Correctheit! Tartüfferie überall – grüner Schlamm über einem Sumpf –</p> <p>Ottomar mußte im Stillen denken: So spricht ja fast Edwina Marloff auch –! Aber wenn sich Edwinas Busen vor dem Feuer der Erregung hob und ihre Wangen glühten, so blieb der Hörer kalt. Bei Ada verließ ihn alle Indifferenz.</p> <p>Die meisten Menschen, sagte er nach einer Pause – er hielt sich jetzt stehend, während die Gräfin ausgestreckt lag – reisen unter dem Eindruck eines </p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0071]
besser, ich wohne im dichten Walde und sähe Nichts mehr von den Menschen und auch von Ihnen Nichts, Sie böser Mann!
Ottomar streifte an den Gräsern die Samenbüschel ab und verbarg eine Thräne. Er hörte, daß Ada weinte. Er sollte den Muth haben, sie jetzt stürmisch zu umarmen, trotz aller Gefahr sie zu küssen.
Woran denken Sie jetzt? sagte endlich Ada. Gewiß nicht an die große Katastrophe, an die ich immer denke! Das ist doch der Mangel an Muth bei den Männern! Lebenskünstler findet man selten! Sich ein Geschick, das uns dargeboten wird, muthig aneignen, das Ungewöhnliche modeln, dem Urtheil der Welt trotzen, der Fraubaserei ein Schnippchen schlagen, die Mißgunst besiegen durch Consequenz im Beharren –! das ist so selten in dieser Welt der Correctheit! Tartüfferie überall – grüner Schlamm über einem Sumpf –
Ottomar mußte im Stillen denken: So spricht ja fast Edwina Marloff auch –! Aber wenn sich Edwinas Busen vor dem Feuer der Erregung hob und ihre Wangen glühten, so blieb der Hörer kalt. Bei Ada verließ ihn alle Indifferenz.
Die meisten Menschen, sagte er nach einer Pause – er hielt sich jetzt stehend, während die Gräfin ausgestreckt lag – reisen unter dem Eindruck eines
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