Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.ängstlichen O nein -! O nein -! einfiel. Es giebt ja Seelen, die nur das ertragen können, woran sie sich einmal gewöhnt haben. Aber dann folgten von Merkus Versicherungen über Allerlei, was er gesehen und beobachtet hätte; immer dreister wurden seine Anschuldigungen. Ja, zum Entsetzen der Gräfin sagte er einmal offen heraus: O diese Procedur der Scheidung! Daß diese auch von den Aposteln zugelassen worden ist! Unbegreiflich! Es ist gradezu eine Entheiligung der Ehe! Das verdanken wir dem Apostel Paulus! Petrus war strenger! Der hätte sie, wenn gefragt, nicht zugelassen! Aber es müssen die Erleichterungen der Scheidung gehemmt werden! Die Scheidung darf nur auf flagrante Acte der Untreue erfolgen! Es muß die Loosung über die Zeit überhaupt kommen: Ob aus dem Geiste Gottes! oder: Ob aus dem der Natur und der Sünde! Ihr Lobpreisen der Natur - fuhr er zur Martha gewendet fort - ich bin überzeugt, daß Graf Udo der Ansicht ist, daß auch eine Bildhauertochter courfähig sein könne und Gräfin Ada den Adel im Officierstande aufgegangen erklärt - Herr Althing ist ja gewissermaßen Militär. Das war der erste offen gezielte, scheinbar humoristische, aber mörderische Schlag. Gräfin Constanze lächelte nur. Aber voll Unruhe erhob sie sich. Sie liebte diesen sanften, leutseligen, heiteren Grafen Udo von Herzen! Er ängstlichen O nein –! O nein –! einfiel. Es giebt ja Seelen, die nur das ertragen können, woran sie sich einmal gewöhnt haben. Aber dann folgten von Merkus Versicherungen über Allerlei, was er gesehen und beobachtet hätte; immer dreister wurden seine Anschuldigungen. Ja, zum Entsetzen der Gräfin sagte er einmal offen heraus: O diese Procedur der Scheidung! Daß diese auch von den Aposteln zugelassen worden ist! Unbegreiflich! Es ist gradezu eine Entheiligung der Ehe! Das verdanken wir dem Apostel Paulus! Petrus war strenger! Der hätte sie, wenn gefragt, nicht zugelassen! Aber es müssen die Erleichterungen der Scheidung gehemmt werden! Die Scheidung darf nur auf flagrante Acte der Untreue erfolgen! Es muß die Loosung über die Zeit überhaupt kommen: Ob aus dem Geiste Gottes! oder: Ob aus dem der Natur und der Sünde! Ihr Lobpreisen der Natur – fuhr er zur Martha gewendet fort – ich bin überzeugt, daß Graf Udo der Ansicht ist, daß auch eine Bildhauertochter courfähig sein könne und Gräfin Ada den Adel im Officierstande aufgegangen erklärt – Herr Althing ist ja gewissermaßen Militär. Das war der erste offen gezielte, scheinbar humoristische, aber mörderische Schlag. Gräfin Constanze lächelte nur. Aber voll Unruhe erhob sie sich. Sie liebte diesen sanften, leutseligen, heiteren Grafen Udo von Herzen! Er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="90"/> ängstlichen O nein –! O nein –! einfiel. Es giebt ja Seelen, die nur das ertragen können, woran sie sich einmal gewöhnt haben. Aber dann folgten von Merkus Versicherungen über Allerlei, was er gesehen und beobachtet hätte; immer dreister wurden seine Anschuldigungen. Ja, zum Entsetzen der Gräfin sagte er einmal offen heraus: O diese Procedur der Scheidung! Daß diese auch von den Aposteln zugelassen worden ist! Unbegreiflich! Es ist gradezu eine Entheiligung der Ehe! Das verdanken wir dem Apostel Paulus! Petrus war strenger! Der hätte sie, wenn gefragt, nicht zugelassen! Aber es müssen die Erleichterungen der Scheidung gehemmt werden! Die Scheidung darf nur auf flagrante Acte der Untreue erfolgen! Es muß die Loosung über die Zeit überhaupt kommen: Ob aus dem Geiste Gottes! oder: Ob aus dem der Natur und der Sünde! Ihr Lobpreisen der Natur – fuhr er zur Martha gewendet fort – ich bin überzeugt, daß Graf Udo der Ansicht ist, daß auch eine Bildhauertochter courfähig sein könne und Gräfin Ada den Adel im Officierstande aufgegangen erklärt – Herr Althing ist ja gewissermaßen Militär.</p> <p>Das war der erste offen gezielte, scheinbar humoristische, aber mörderische Schlag. Gräfin Constanze lächelte nur. Aber voll Unruhe erhob sie sich. Sie liebte diesen sanften, leutseligen, heiteren Grafen Udo von Herzen! Er </p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0096]
ängstlichen O nein –! O nein –! einfiel. Es giebt ja Seelen, die nur das ertragen können, woran sie sich einmal gewöhnt haben. Aber dann folgten von Merkus Versicherungen über Allerlei, was er gesehen und beobachtet hätte; immer dreister wurden seine Anschuldigungen. Ja, zum Entsetzen der Gräfin sagte er einmal offen heraus: O diese Procedur der Scheidung! Daß diese auch von den Aposteln zugelassen worden ist! Unbegreiflich! Es ist gradezu eine Entheiligung der Ehe! Das verdanken wir dem Apostel Paulus! Petrus war strenger! Der hätte sie, wenn gefragt, nicht zugelassen! Aber es müssen die Erleichterungen der Scheidung gehemmt werden! Die Scheidung darf nur auf flagrante Acte der Untreue erfolgen! Es muß die Loosung über die Zeit überhaupt kommen: Ob aus dem Geiste Gottes! oder: Ob aus dem der Natur und der Sünde! Ihr Lobpreisen der Natur – fuhr er zur Martha gewendet fort – ich bin überzeugt, daß Graf Udo der Ansicht ist, daß auch eine Bildhauertochter courfähig sein könne und Gräfin Ada den Adel im Officierstande aufgegangen erklärt – Herr Althing ist ja gewissermaßen Militär.
Das war der erste offen gezielte, scheinbar humoristische, aber mörderische Schlag. Gräfin Constanze lächelte nur. Aber voll Unruhe erhob sie sich. Sie liebte diesen sanften, leutseligen, heiteren Grafen Udo von Herzen! Er
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