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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

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Meinen und Fürwahrhalten. Der Augenblick
ist der Urheber unsrer Handlungen und die Ver¬
geßlichkeit die Richterin derselben. Ach, An¬
tonie, ich beschwöre dich! Nimm diese Klagen
nicht als die Frucht eines regnerischen Tages;
o -- ich leide an einem Schmerze, der unheil¬
bar ist, da ich ihn gar nicht zu nennen weiß.
Das rennt, läuft, springt, lacht, singt, weint,
zankt, -- nun sage mir um des Himmels Wil¬
len, was steckt dahinter? Was ist der Kern
dieser spiralförmig fortkreiselnden Unruhe? Die
Männer sind glücklich, weil man an sie Anfor¬
derungen macht. Das Maaß ihrer Handlun¬
gen ist der Beifall oder der Nutzen, den sie
damit gewinnen. Auch dies sage, warum wir
den Faust nicht lesen sollen? Die Schilderung
jener Zweifel, die eines Menschen Brust durch¬
wühlen können, macht uns vertraut mit ihnen
und die Wirkung derselben für uns weniger
gefährlich. Aber ich fühl' es, daß sich in je¬

Meinen und Fürwahrhalten. Der Augenblick
iſt der Urheber unſrer Handlungen und die Ver¬
geßlichkeit die Richterin derſelben. Ach, An¬
tonie, ich beſchwöre dich! Nimm dieſe Klagen
nicht als die Frucht eines regneriſchen Tages;
o — ich leide an einem Schmerze, der unheil¬
bar iſt, da ich ihn gar nicht zu nennen weiß.
Das rennt, läuft, ſpringt, lacht, ſingt, weint,
zankt, — nun ſage mir um des Himmels Wil¬
len, was ſteckt dahinter? Was iſt der Kern
dieſer ſpiralförmig fortkreiſelnden Unruhe? Die
Männer ſind glücklich, weil man an ſie Anfor¬
derungen macht. Das Maaß ihrer Handlun¬
gen iſt der Beifall oder der Nutzen, den ſie
damit gewinnen. Auch dies ſage, warum wir
den Fauſt nicht leſen ſollen? Die Schilderung
jener Zweifel, die eines Menſchen Bruſt durch¬
wühlen können, macht uns vertraut mit ihnen
und die Wirkung derſelben für uns weniger
gefährlich. Aber ich fühl' es, daß ſich in je¬

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[94/0103] Meinen und Fürwahrhalten. Der Augenblick iſt der Urheber unſrer Handlungen und die Ver¬ geßlichkeit die Richterin derſelben. Ach, An¬ tonie, ich beſchwöre dich! Nimm dieſe Klagen nicht als die Frucht eines regneriſchen Tages; o — ich leide an einem Schmerze, der unheil¬ bar iſt, da ich ihn gar nicht zu nennen weiß. Das rennt, läuft, ſpringt, lacht, ſingt, weint, zankt, — nun ſage mir um des Himmels Wil¬ len, was ſteckt dahinter? Was iſt der Kern dieſer ſpiralförmig fortkreiſelnden Unruhe? Die Männer ſind glücklich, weil man an ſie Anfor¬ derungen macht. Das Maaß ihrer Handlun¬ gen iſt der Beifall oder der Nutzen, den ſie damit gewinnen. Auch dies ſage, warum wir den Fauſt nicht leſen ſollen? Die Schilderung jener Zweifel, die eines Menſchen Bruſt durch¬ wühlen können, macht uns vertraut mit ihnen und die Wirkung derſelben für uns weniger gefährlich. Aber ich fühl' es, daß ſich in je¬

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/103>, abgerufen am 24.11.2024.