verstohlenen Küssen zu bedecken, wenn ich dich selbst nicht habe. Gute Nacht, Wally: ver¬ giß ihn, höre nicht auf ihn!"
Was sollte Wally denken? Der Gesandte hatte ihr eine Locke genommen. Welche Zärt¬ lichkeit! Zu dieser Stunde, wo sie ihn nie sah. Sie erbleichte, denn jetzt war ihr dieser Mann erst im Lichte eines Gatten erschienen. Welch ein Bild! Ein Narr! Eine schwerfällige Gestalt! Ein Ungethüm, das einen falschen Bart trug! Ein Geizhals, der selbst an Wor¬ ten sparte und nie umsonst redselig war! Eine hülflose Phantasmagorie, die ein Licht in der Hand hielt und vor ihr stand, leibhaftig, als hätte sie einen Mann in den Vierzigen vor sich gesehen! Sie wischte an ihrem Antlitz, das er berührt hatte. Sie lüftete das Bett, um es von den unkeuschen Worten zu reinigen, die hineingefallen waren, denn es stand offen. Sie begriff jetzt erst die Lage, in der sie sich
verſtohlenen Küſſen zu bedecken, wenn ich dich ſelbſt nicht habe. Gute Nacht, Wally: ver¬ giß ihn, höre nicht auf ihn!“
Was ſollte Wally denken? Der Geſandte hatte ihr eine Locke genommen. Welche Zärt¬ lichkeit! Zu dieſer Stunde, wo ſie ihn nie ſah. Sie erbleichte, denn jetzt war ihr dieſer Mann erſt im Lichte eines Gatten erſchienen. Welch ein Bild! Ein Narr! Eine ſchwerfällige Geſtalt! Ein Ungethüm, das einen falſchen Bart trug! Ein Geizhals, der ſelbſt an Wor¬ ten ſparte und nie umſonſt redſelig war! Eine hülfloſe Phantasmagorie, die ein Licht in der Hand hielt und vor ihr ſtand, leibhaftig, als hätte ſie einen Mann in den Vierzigen vor ſich geſehen! Sie wiſchte an ihrem Antlitz, das er berührt hatte. Sie lüftete das Bett, um es von den unkeuſchen Worten zu reinigen, die hineingefallen waren, denn es ſtand offen. Sie begriff jetzt erſt die Lage, in der ſie ſich
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verſtohlenen Küſſen zu bedecken, wenn ich dich
ſelbſt nicht habe. Gute Nacht, Wally: ver¬
giß ihn, höre nicht auf ihn!“
Was ſollte Wally denken? Der Geſandte
hatte ihr eine Locke genommen. Welche Zärt¬
lichkeit! Zu dieſer Stunde, wo ſie ihn nie
ſah. Sie erbleichte, denn jetzt war ihr dieſer
Mann erſt im Lichte eines Gatten erſchienen.
Welch ein Bild! Ein Narr! Eine ſchwerfällige
Geſtalt! Ein Ungethüm, das einen falſchen
Bart trug! Ein Geizhals, der ſelbſt an Wor¬
ten ſparte und nie umſonſt redſelig war! Eine
hülfloſe Phantasmagorie, die ein Licht in der
Hand hielt und vor ihr ſtand, leibhaftig, als
hätte ſie einen Mann in den Vierzigen vor ſich
geſehen! Sie wiſchte an ihrem Antlitz, das
er berührt hatte. Sie lüftete das Bett, um
es von den unkeuſchen Worten zu reinigen,
die hineingefallen waren, denn es ſtand offen.
Sie begriff jetzt erſt die Lage, in der ſie ſich
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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/157>, abgerufen am 21.11.2024.
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