der gleichsam verkaufen zu wollen; er war mehr bös, als gemein, mehr europäisch schlecht, als italiänisch ordinär. Er wollte Jeronimo's Neigung im Schach erhalten und davon Ge¬ winste ziehen. Sein Geiz sahe mit Schrecken, wie des Bruders Vermögen in den durstigen Sand der Pariser Vergnügungen und Aus¬ schweifungen verrinnen würde. Er sahe schon tausend Arme geöffnet, tausend Zärtlichkeiten als Falle gelegt, er zitterte vor dem weiten Meere, dessen Abgrund bald Jeronimo's Erbe verschlingen mußte. Er wollte es retten. Er wollte es absorbiren, erst, wie er glaubte, um es zu bewahren, dann, um es nie wieder herauszugeben. Wally mußte zu diesem Zwecke dienen. Ihre Koketterie mußte Jeronimo fes¬ seln und unglücklich machen. Luigi arbeitete planmäßig, um das Hirn des Bruders zu ver¬ rücken. Er brachte Grüße, Zärtlichkeiten, Locken, und zwang den Glücklichen, von Wally
der gleichſam verkaufen zu wollen; er war mehr bös, als gemein, mehr europäiſch ſchlecht, als italiäniſch ordinär. Er wollte Jeronimo's Neigung im Schach erhalten und davon Ge¬ winſte ziehen. Sein Geiz ſahe mit Schrecken, wie des Bruders Vermögen in den durſtigen Sand der Pariſer Vergnügungen und Aus¬ ſchweifungen verrinnen würde. Er ſahe ſchon tauſend Arme geöffnet, tauſend Zärtlichkeiten als Falle gelegt, er zitterte vor dem weiten Meere, deſſen Abgrund bald Jeronimo's Erbe verſchlingen mußte. Er wollte es retten. Er wollte es abſorbiren, erſt, wie er glaubte, um es zu bewahren, dann, um es nie wieder herauszugeben. Wally mußte zu dieſem Zwecke dienen. Ihre Koketterie mußte Jeronimo feſ¬ ſeln und unglücklich machen. Luigi arbeitete planmäßig, um das Hirn des Bruders zu ver¬ rücken. Er brachte Grüße, Zärtlichkeiten, Locken, und zwang den Glücklichen, von Wally
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0178"n="169"/>
der gleichſam verkaufen zu wollen; er war<lb/>
mehr bös, als gemein, mehr europäiſch ſchlecht,<lb/>
als italiäniſch ordinär. Er wollte Jeronimo's<lb/>
Neigung im Schach erhalten und davon Ge¬<lb/>
winſte ziehen. Sein Geiz ſahe mit Schrecken,<lb/>
wie des Bruders Vermögen in den durſtigen<lb/>
Sand der Pariſer Vergnügungen und Aus¬<lb/>ſchweifungen verrinnen würde. Er ſahe ſchon<lb/>
tauſend Arme geöffnet, tauſend Zärtlichkeiten<lb/>
als Falle gelegt, er zitterte vor dem weiten<lb/>
Meere, deſſen Abgrund bald Jeronimo's<lb/>
Erbe verſchlingen mußte. Er wollte es retten.<lb/>
Er wollte es abſorbiren, erſt, wie er glaubte,<lb/>
um es zu bewahren, dann, um es nie wieder<lb/>
herauszugeben. Wally mußte zu dieſem Zwecke<lb/>
dienen. Ihre Koketterie mußte Jeronimo feſ¬<lb/>ſeln und unglücklich machen. Luigi arbeitete<lb/>
planmäßig, um das Hirn des Bruders zu ver¬<lb/>
rücken. Er brachte Grüße, Zärtlichkeiten,<lb/>
Locken, und zwang den Glücklichen, von Wally<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[169/0178]
der gleichſam verkaufen zu wollen; er war
mehr bös, als gemein, mehr europäiſch ſchlecht,
als italiäniſch ordinär. Er wollte Jeronimo's
Neigung im Schach erhalten und davon Ge¬
winſte ziehen. Sein Geiz ſahe mit Schrecken,
wie des Bruders Vermögen in den durſtigen
Sand der Pariſer Vergnügungen und Aus¬
ſchweifungen verrinnen würde. Er ſahe ſchon
tauſend Arme geöffnet, tauſend Zärtlichkeiten
als Falle gelegt, er zitterte vor dem weiten
Meere, deſſen Abgrund bald Jeronimo's
Erbe verſchlingen mußte. Er wollte es retten.
Er wollte es abſorbiren, erſt, wie er glaubte,
um es zu bewahren, dann, um es nie wieder
herauszugeben. Wally mußte zu dieſem Zwecke
dienen. Ihre Koketterie mußte Jeronimo feſ¬
ſeln und unglücklich machen. Luigi arbeitete
planmäßig, um das Hirn des Bruders zu ver¬
rücken. Er brachte Grüße, Zärtlichkeiten,
Locken, und zwang den Glücklichen, von Wally
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/178>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.