verschweigen will, weil Jedes, was die Mensch¬ heit ehrt, auf den Lippen des Enthusiasten brennt. Man verwirft mit Recht das Experimentiren mit der Menschheit, aber man geht darin wei¬ ter, als man darf, ohne die Menschheit zu be¬ leidigen. Wir fürchten uns, den Zeitgenossen etwas zu entziehen, wovon wir uns einbilden, daß es zu ihrem Leben nöthig ist. Wir glau¬ ben an die Institutionen in Sitte, Meinung und politischer Einrichtung, wie an die uner¬ läßlichen Lebensbedingungen der Jahrhunderte. Als wenn die Menschheit keine innern Quellen hätte! Als wenn sie untergienge, wenn ihr sie aus dieser ganzen Sündfluth ihrer Existenz plötzlich nackt und noch triefend auf den Ara¬ rat versetztet! Als wenn die Menschheit nicht immer die erste sein wird, die sich hilft und diejenige, welche für sich den besten Rath weiß! Sie zucken die Achseln, wie unvorsichtige Aerzte, sie fürchten für das Leben des Patienten und
verſchweigen will, weil Jedes, was die Menſch¬ heit ehrt, auf den Lippen des Enthuſiaſten brennt. Man verwirft mit Recht das Experimentiren mit der Menſchheit, aber man geht darin wei¬ ter, als man darf, ohne die Menſchheit zu be¬ leidigen. Wir fürchten uns, den Zeitgenoſſen etwas zu entziehen, wovon wir uns einbilden, daß es zu ihrem Leben nöthig iſt. Wir glau¬ ben an die Inſtitutionen in Sitte, Meinung und politiſcher Einrichtung, wie an die uner¬ läßlichen Lebensbedingungen der Jahrhunderte. Als wenn die Menſchheit keine innern Quellen hätte! Als wenn ſie untergienge, wenn ihr ſie aus dieſer ganzen Sündfluth ihrer Exiſtenz plötzlich nackt und noch triefend auf den Ara¬ rat verſetztet! Als wenn die Menſchheit nicht immer die erſte ſein wird, die ſich hilft und diejenige, welche für ſich den beſten Rath weiß! Sie zucken die Achſeln, wie unvorſichtige Aerzte, ſie fürchten für das Leben des Patienten und
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heit ehrt, auf den Lippen des Enthuſiaſten brennt.
Man verwirft mit Recht das Experimentiren
mit der Menſchheit, aber man geht darin wei¬
ter, als man darf, ohne die Menſchheit zu be¬
leidigen. Wir fürchten uns, den Zeitgenoſſen
etwas zu entziehen, wovon wir uns einbilden,
daß es zu ihrem Leben nöthig iſt. Wir glau¬
ben an die Inſtitutionen in Sitte, Meinung
und politiſcher Einrichtung, wie an die uner¬
läßlichen Lebensbedingungen der Jahrhunderte.
Als wenn die Menſchheit keine innern Quellen
hätte! Als wenn ſie untergienge, wenn ihr ſie
aus dieſer ganzen Sündfluth ihrer Exiſtenz
plötzlich nackt und noch triefend auf den Ara¬
rat verſetztet! Als wenn die Menſchheit nicht
immer die erſte ſein wird, die ſich hilft und
diejenige, welche für ſich den beſten Rath weiß!
Sie zucken die Achſeln, wie unvorſichtige Aerzte,
ſie fürchten für das Leben des Patienten und
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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/335>, abgerufen am 21.11.2024.
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