Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.nigten Staaten den Brand der Empörung werfen. Dort wird kein Sklave mehr arbeiten wollen, weil man auf unsern Kolonien nicht mehr arbeitet. Was ist Jonathan ohne die Hetzpeitsche? Sein Handel geht zurück. Jhr legt hier zwanzig Millionen zu fünfzig Prozenten an. Also seht, man muß eben so klug, als menschlich seyn." Solche Erläuterungen fesseln das Volk und machen, daß es Alles glaubt, wenn man es nur mit irgend einem Scheine zu beweisen versteht. Es ist das aber sehr bezeichnend für unsre Zeit, daß die Jnteressen sich zu sehr verwickeln, um noch eine natürliche und freie Lösung derselben jedem nur einigermaßen gesunden Verstande möglich zu machen. Die höhere Bildung, besonders die Gelehrsamkeit, hat sich auch schnell diese Schwierigkeit zu Nutze gemacht, und allen Dingen ihrer Vernunft gegenüber eine andere Stellung gegeben, als sie in der Erfahrung haben. Die Folgen werden den Ursachen selbst zu Gute geschrieben, so daß z. B. in der französischen Revolution Absichten gelegen haben sollen, die die Zeitgenossen derselben nicht einmal würden verstanden haben. So wurde auch Napoleon, seitdem man ihn wie eine Jdee behandelt, das Gegentheil seiner selbst, und muß gerade diejenigen Dinge vertheidigen, die von ihm am heftigsten bestritten worden sind. Die beiden Hauptspaltungen, in welche unsre öffentlichen Begriffe gegenwärtig getheilt sind, kommen daher, daß man sich über die Kräfte nicht verständigt hat, durch welche Napoleon gestürzt wurde. Welches Europa nigten Staaten den Brand der Empörung werfen. Dort wird kein Sklave mehr arbeiten wollen, weil man auf unsern Kolonien nicht mehr arbeitet. Was ist Jonathan ohne die Hetzpeitsche? Sein Handel geht zurück. Jhr legt hier zwanzig Millionen zu fünfzig Prozenten an. Also seht, man muß eben so klug, als menschlich seyn." Solche Erläuterungen fesseln das Volk und machen, daß es Alles glaubt, wenn man es nur mit irgend einem Scheine zu beweisen versteht. Es ist das aber sehr bezeichnend für unsre Zeit, daß die Jnteressen sich zu sehr verwickeln, um noch eine natürliche und freie Lösung derselben jedem nur einigermaßen gesunden Verstande möglich zu machen. Die höhere Bildung, besonders die Gelehrsamkeit, hat sich auch schnell diese Schwierigkeit zu Nutze gemacht, und allen Dingen ihrer Vernunft gegenüber eine andere Stellung gegeben, als sie in der Erfahrung haben. Die Folgen werden den Ursachen selbst zu Gute geschrieben, so daß z. B. in der französischen Revolution Absichten gelegen haben sollen, die die Zeitgenossen derselben nicht einmal würden verstanden haben. So wurde auch Napoleon, seitdem man ihn wie eine Jdee behandelt, das Gegentheil seiner selbst, und muß gerade diejenigen Dinge vertheidigen, die von ihm am heftigsten bestritten worden sind. Die beiden Hauptspaltungen, in welche unsre öffentlichen Begriffe gegenwärtig getheilt sind, kommen daher, daß man sich über die Kräfte nicht verständigt hat, durch welche Napoleon gestürzt wurde. Welches Europa <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="87"/> nigten Staaten den Brand der Empörung werfen. Dort wird kein Sklave mehr arbeiten wollen, weil man auf unsern Kolonien nicht mehr arbeitet. Was ist Jonathan ohne die Hetzpeitsche? Sein Handel geht zurück. Jhr legt hier zwanzig Millionen zu fünfzig Prozenten an. Also seht, man muß eben so klug, als menschlich seyn." Solche Erläuterungen fesseln das Volk und machen, daß es Alles glaubt, wenn man es nur mit irgend einem Scheine zu beweisen versteht.</p> <p>Es ist das aber sehr bezeichnend für unsre Zeit, daß die Jnteressen sich zu sehr verwickeln, um noch eine natürliche und freie Lösung derselben jedem nur einigermaßen gesunden Verstande möglich zu machen. Die höhere Bildung, besonders die Gelehrsamkeit, hat sich auch schnell diese Schwierigkeit zu Nutze gemacht, und allen Dingen ihrer Vernunft gegenüber eine andere Stellung gegeben, als sie in der Erfahrung haben. Die Folgen werden den Ursachen selbst zu Gute geschrieben, so daß z. B. in der französischen Revolution Absichten gelegen haben sollen, die die Zeitgenossen derselben nicht einmal würden verstanden haben. So wurde auch Napoleon, seitdem man ihn wie eine Jdee behandelt, das Gegentheil seiner selbst, und muß gerade diejenigen Dinge vertheidigen, die von ihm am heftigsten bestritten worden sind.</p> <p>Die beiden Hauptspaltungen, in welche unsre öffentlichen Begriffe gegenwärtig getheilt sind, kommen daher, daß man sich über die Kräfte nicht verständigt hat, durch welche Napoleon gestürzt wurde. Welches Europa </p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0115]
nigten Staaten den Brand der Empörung werfen. Dort wird kein Sklave mehr arbeiten wollen, weil man auf unsern Kolonien nicht mehr arbeitet. Was ist Jonathan ohne die Hetzpeitsche? Sein Handel geht zurück. Jhr legt hier zwanzig Millionen zu fünfzig Prozenten an. Also seht, man muß eben so klug, als menschlich seyn." Solche Erläuterungen fesseln das Volk und machen, daß es Alles glaubt, wenn man es nur mit irgend einem Scheine zu beweisen versteht.
Es ist das aber sehr bezeichnend für unsre Zeit, daß die Jnteressen sich zu sehr verwickeln, um noch eine natürliche und freie Lösung derselben jedem nur einigermaßen gesunden Verstande möglich zu machen. Die höhere Bildung, besonders die Gelehrsamkeit, hat sich auch schnell diese Schwierigkeit zu Nutze gemacht, und allen Dingen ihrer Vernunft gegenüber eine andere Stellung gegeben, als sie in der Erfahrung haben. Die Folgen werden den Ursachen selbst zu Gute geschrieben, so daß z. B. in der französischen Revolution Absichten gelegen haben sollen, die die Zeitgenossen derselben nicht einmal würden verstanden haben. So wurde auch Napoleon, seitdem man ihn wie eine Jdee behandelt, das Gegentheil seiner selbst, und muß gerade diejenigen Dinge vertheidigen, die von ihm am heftigsten bestritten worden sind.
Die beiden Hauptspaltungen, in welche unsre öffentlichen Begriffe gegenwärtig getheilt sind, kommen daher, daß man sich über die Kräfte nicht verständigt hat, durch welche Napoleon gestürzt wurde. Welches Europa
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