Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.übers Meer, was ihnen gehört, besonders aber sich selbst, ausgewachsene, kräftige Arbeiter, die einmal da sind, da im Gegentheil das Schreckbild der Uebervölkerung nur noch einstweilen in der Möglichkeit derer liegt, die nachkommen könnten. Der Vater wandert mit vier rüstigen Söhnen aus. So war es nicht gemeint, guter Freund, bleib im Lande, nur vermehre dich nicht über die Zahl! du konntest wohl mit drei Söhnen zufrieden seyn, jetzt, wo du den vierten hast, halte wenigstens für die Zukunft ein. Daß nun eben der gute Mann dieß nicht thut, sondern zufrieden auf sein Weib blickend ausruft: Es ist Gottesgabe! diese Rücksichtslosigkeit auf die Grundsätze der Finanz, die der Mann hat, könnte es dann freilich zum Schluß allein wünschenswerth machen, daß er getrost auswandert. Es sind mancherlei Vorschläge gemacht worden, der allzugroßen Vermehrung, besonders der niedern Volksklassen, Einhalt zu thun. Man hat von dem Plombiren der männlichen Zeugungskraft gesprochen, ja sogar in Betreff der unverheiratheten Mädchen von ähnlichen Vorrichtungen gesprochen, wie sie ein Doge, der gegen die Türken auszog, bei seinem Weibe veranstaltete, und wie sie noch zu dieser Stunde im Arsenal von Venedig zu sehen sind. Allein das Uebel des Ehestandes ist weit größer. Ein Taglöhner heirathet und hat ein Nest von Kindern, die er nicht zu ernähren weiß. Ein Uebelstand in unserem heiligen Lande, wo wir durch die Moral die größte Jmmoral zu befördern pflegen, ist die Armentaxe, übers Meer, was ihnen gehört, besonders aber sich selbst, ausgewachsene, kräftige Arbeiter, die einmal da sind, da im Gegentheil das Schreckbild der Uebervölkerung nur noch einstweilen in der Möglichkeit derer liegt, die nachkommen könnten. Der Vater wandert mit vier rüstigen Söhnen aus. So war es nicht gemeint, guter Freund, bleib im Lande, nur vermehre dich nicht über die Zahl! du konntest wohl mit drei Söhnen zufrieden seyn, jetzt, wo du den vierten hast, halte wenigstens für die Zukunft ein. Daß nun eben der gute Mann dieß nicht thut, sondern zufrieden auf sein Weib blickend ausruft: Es ist Gottesgabe! diese Rücksichtslosigkeit auf die Grundsätze der Finanz, die der Mann hat, könnte es dann freilich zum Schluß allein wünschenswerth machen, daß er getrost auswandert. Es sind mancherlei Vorschläge gemacht worden, der allzugroßen Vermehrung, besonders der niedern Volksklassen, Einhalt zu thun. Man hat von dem Plombiren der männlichen Zeugungskraft gesprochen, ja sogar in Betreff der unverheiratheten Mädchen von ähnlichen Vorrichtungen gesprochen, wie sie ein Doge, der gegen die Türken auszog, bei seinem Weibe veranstaltete, und wie sie noch zu dieser Stunde im Arsenal von Venedig zu sehen sind. Allein das Uebel des Ehestandes ist weit größer. Ein Taglöhner heirathet und hat ein Nest von Kindern, die er nicht zu ernähren weiß. Ein Uebelstand in unserem heiligen Lande, wo wir durch die Moral die größte Jmmoral zu befördern pflegen, ist die Armentaxe, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0217" n="189"/> übers Meer, was ihnen gehört, besonders aber sich selbst, ausgewachsene, kräftige Arbeiter, die einmal da sind, da im Gegentheil das Schreckbild der Uebervölkerung nur noch einstweilen in der Möglichkeit derer liegt, die nachkommen könnten. Der Vater wandert mit vier rüstigen Söhnen aus. So war es nicht gemeint, guter Freund, bleib im Lande, nur vermehre dich nicht über die Zahl! du konntest wohl mit drei Söhnen zufrieden seyn, jetzt, wo du den vierten hast, halte wenigstens für die Zukunft ein. Daß nun eben der gute Mann dieß nicht thut, sondern zufrieden auf sein Weib blickend ausruft: Es ist Gottesgabe! diese Rücksichtslosigkeit auf die Grundsätze der Finanz, die der Mann hat, könnte es dann freilich zum Schluß allein wünschenswerth machen, daß er getrost auswandert.</p> <p>Es sind mancherlei Vorschläge gemacht worden, der allzugroßen Vermehrung, besonders der niedern Volksklassen, Einhalt zu thun. Man hat von dem Plombiren der männlichen Zeugungskraft gesprochen, ja sogar in Betreff der unverheiratheten Mädchen von ähnlichen Vorrichtungen gesprochen, wie sie ein Doge, der gegen die Türken auszog, bei seinem Weibe veranstaltete, und wie sie noch zu dieser Stunde im Arsenal von Venedig zu sehen sind. Allein das Uebel des Ehestandes ist weit größer. Ein Taglöhner heirathet und hat ein Nest von Kindern, die er nicht zu ernähren weiß. Ein Uebelstand in unserem heiligen Lande, wo wir durch die Moral die größte Jmmoral zu befördern pflegen, ist die Armentaxe, </p> </div> </body> </text> </TEI> [189/0217]
übers Meer, was ihnen gehört, besonders aber sich selbst, ausgewachsene, kräftige Arbeiter, die einmal da sind, da im Gegentheil das Schreckbild der Uebervölkerung nur noch einstweilen in der Möglichkeit derer liegt, die nachkommen könnten. Der Vater wandert mit vier rüstigen Söhnen aus. So war es nicht gemeint, guter Freund, bleib im Lande, nur vermehre dich nicht über die Zahl! du konntest wohl mit drei Söhnen zufrieden seyn, jetzt, wo du den vierten hast, halte wenigstens für die Zukunft ein. Daß nun eben der gute Mann dieß nicht thut, sondern zufrieden auf sein Weib blickend ausruft: Es ist Gottesgabe! diese Rücksichtslosigkeit auf die Grundsätze der Finanz, die der Mann hat, könnte es dann freilich zum Schluß allein wünschenswerth machen, daß er getrost auswandert.
Es sind mancherlei Vorschläge gemacht worden, der allzugroßen Vermehrung, besonders der niedern Volksklassen, Einhalt zu thun. Man hat von dem Plombiren der männlichen Zeugungskraft gesprochen, ja sogar in Betreff der unverheiratheten Mädchen von ähnlichen Vorrichtungen gesprochen, wie sie ein Doge, der gegen die Türken auszog, bei seinem Weibe veranstaltete, und wie sie noch zu dieser Stunde im Arsenal von Venedig zu sehen sind. Allein das Uebel des Ehestandes ist weit größer. Ein Taglöhner heirathet und hat ein Nest von Kindern, die er nicht zu ernähren weiß. Ein Uebelstand in unserem heiligen Lande, wo wir durch die Moral die größte Jmmoral zu befördern pflegen, ist die Armentaxe,
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