Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

Generation ankam. Die bigotten Geistlichen hat Figaro mit der grünen Gerte, die er vom Baume der Freiheit brach, vertrieben, und die schwarzen Schnurrbärte der Civilbeamten sind allmählich weiß geworden und wurden pensionirt. Die Beamten, welche wir jetzt in England und auf dem Continente sehen, haben doch wenigstens akademische Studien gemacht und sind etwas mehr, als bloße Registratoren. Es sind vielleicht auch comptoiristische Elemente in die Staatsverwaltung übergegangen, seitdem sich die Finanzverwaltung Europas so außerordentlich complicirte. Jch will nicht sagen (das allgemeine Rennen nach Anstellungen würde mich widerlegen), daß die Regierungen in ihren Angestellten jetzt weniger entschiedene Freunde hätten, als ehemals in den Jesuiten und den Husaren; allein, wenn das zugeknöpfte, trokne puritanische Benehmen der heutigen Büreaukratie auch durchaus nicht liebenswürdig ist, so sind wir doch sicher vor Verketzerung, Jntoleranz, militärischem Fanatismus und dem für Civilisten so unanständigen Sporenklirren. Seit 6, 7 Jahren hat sich die Schlange des Beamtengeistes in Europa in der That ganz neu gehäutet und es gibt keinen größern Contrast, als z. B. einen Beamten zu zeichnen, welcher früher Offizier war und dann Titular- oder wirklicher Rath wurde, und einen Juristen, der 10 Jahre lang als Advokat fungirte, das ganze Für und Wider der politischen und civilen Dialektik durchmachte und, ermüdet vom Vertheidigen, als Generalprocurator endlich die Rolle eines Anklägers übernimmt.

Generation ankam. Die bigotten Geistlichen hat Figaro mit der grünen Gerte, die er vom Baume der Freiheit brach, vertrieben, und die schwarzen Schnurrbärte der Civilbeamten sind allmählich weiß geworden und wurden pensionirt. Die Beamten, welche wir jetzt in England und auf dem Continente sehen, haben doch wenigstens akademische Studien gemacht und sind etwas mehr, als bloße Registratoren. Es sind vielleicht auch comptoiristische Elemente in die Staatsverwaltung übergegangen, seitdem sich die Finanzverwaltung Europas so außerordentlich complicirte. Jch will nicht sagen (das allgemeine Rennen nach Anstellungen würde mich widerlegen), daß die Regierungen in ihren Angestellten jetzt weniger entschiedene Freunde hätten, als ehemals in den Jesuiten und den Husaren; allein, wenn das zugeknöpfte, trokne puritanische Benehmen der heutigen Büreaukratie auch durchaus nicht liebenswürdig ist, so sind wir doch sicher vor Verketzerung, Jntoleranz, militärischem Fanatismus und dem für Civilisten so unanständigen Sporenklirren. Seit 6, 7 Jahren hat sich die Schlange des Beamtengeistes in Europa in der That ganz neu gehäutet und es gibt keinen größern Contrast, als z. B. einen Beamten zu zeichnen, welcher früher Offizier war und dann Titular- oder wirklicher Rath wurde, und einen Juristen, der 10 Jahre lang als Advokat fungirte, das ganze Für und Wider der politischen und civilen Dialektik durchmachte und, ermüdet vom Vertheidigen, als Generalprocurator endlich die Rolle eines Anklägers übernimmt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0322" n="294"/>
Generation ankam. Die bigotten Geistlichen hat Figaro mit der grünen Gerte, die er vom Baume der Freiheit brach, vertrieben, und die schwarzen Schnurrbärte der Civilbeamten sind allmählich weiß geworden und wurden pensionirt. Die Beamten, welche wir jetzt in England und auf dem Continente sehen, haben doch wenigstens akademische Studien gemacht und sind etwas mehr, als bloße Registratoren. Es sind vielleicht auch comptoiristische Elemente in die Staatsverwaltung übergegangen, seitdem sich die Finanzverwaltung Europas so außerordentlich complicirte. Jch will nicht sagen (das allgemeine Rennen nach Anstellungen würde mich widerlegen), daß die Regierungen in ihren Angestellten jetzt weniger entschiedene Freunde hätten, als ehemals in den Jesuiten und den Husaren; allein, wenn das zugeknöpfte, trokne puritanische Benehmen der heutigen Büreaukratie auch durchaus nicht liebenswürdig ist, so sind wir doch sicher vor Verketzerung, Jntoleranz, militärischem Fanatismus und dem für Civilisten so unanständigen Sporenklirren. Seit 6, 7 Jahren hat sich die Schlange des Beamtengeistes in Europa in der That ganz neu gehäutet und es gibt keinen größern Contrast, als z. B. einen Beamten zu zeichnen, welcher früher Offizier war und dann Titular- oder wirklicher Rath wurde, und einen Juristen, der 10 Jahre lang als Advokat fungirte, das ganze Für und Wider der politischen und civilen Dialektik durchmachte und, ermüdet vom Vertheidigen, als Generalprocurator endlich die Rolle eines Anklägers übernimmt. </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0322] Generation ankam. Die bigotten Geistlichen hat Figaro mit der grünen Gerte, die er vom Baume der Freiheit brach, vertrieben, und die schwarzen Schnurrbärte der Civilbeamten sind allmählich weiß geworden und wurden pensionirt. Die Beamten, welche wir jetzt in England und auf dem Continente sehen, haben doch wenigstens akademische Studien gemacht und sind etwas mehr, als bloße Registratoren. Es sind vielleicht auch comptoiristische Elemente in die Staatsverwaltung übergegangen, seitdem sich die Finanzverwaltung Europas so außerordentlich complicirte. Jch will nicht sagen (das allgemeine Rennen nach Anstellungen würde mich widerlegen), daß die Regierungen in ihren Angestellten jetzt weniger entschiedene Freunde hätten, als ehemals in den Jesuiten und den Husaren; allein, wenn das zugeknöpfte, trokne puritanische Benehmen der heutigen Büreaukratie auch durchaus nicht liebenswürdig ist, so sind wir doch sicher vor Verketzerung, Jntoleranz, militärischem Fanatismus und dem für Civilisten so unanständigen Sporenklirren. Seit 6, 7 Jahren hat sich die Schlange des Beamtengeistes in Europa in der That ganz neu gehäutet und es gibt keinen größern Contrast, als z. B. einen Beamten zu zeichnen, welcher früher Offizier war und dann Titular- oder wirklicher Rath wurde, und einen Juristen, der 10 Jahre lang als Advokat fungirte, das ganze Für und Wider der politischen und civilen Dialektik durchmachte und, ermüdet vom Vertheidigen, als Generalprocurator endlich die Rolle eines Anklägers übernimmt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/322
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/322>, abgerufen am 24.11.2024.