Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.will nicht zürnen, wenn Sie über den Staat, ja selbst über unsre verdorbene politische Kirche, wenn Sie über die Geschichte, über Zahl, Maß und Gewicht, Heer und Flotte, über Gewerbe und Handel sprechen und dabei das Christenthum vergessen; aber über die Hoffnungen der Kinder, Greise und Armen sprechen Sie nie, ohne Jhre Betrachtungen an Jesus anzuknüpfen, der den Kindern und Armen einen Trost gegeben hat, den Sie ihnen nie geben werden, den, daß ihrer das Himmelreich ist. Ehren Sie, mein theurer Herr, in Diesem die Worte eines alten Mannes, der aller Welt so freudig zu sterben wünscht, wie Jhr ergebener ..... Was ich auf diese rührende Zuschrift erwiederte, möge hier gleichfalls mitgetheilt werden. Jch schrieb: Ehrwürdiger Herr! Auch nicht einen Jhrer vertrauensvollen und mich ehrenden Zusprüche würd' ich in Betreff der christlichen Religion in Abrede stellen; denn Sie schließen in Jhren sanften Vorwürfen niemals, daß ich jenem Glauben die ehrfurchtsvollste Achtung versagte. Nur um die größere und wirksamere Geltendmachung Jhrer Neigung zu Jesus handelt es sich, und wenn ich glaube, daß Sie damit nicht zum Ziel kommen werden, so klag' ich weit mehr den Lauf der Dinge, den Zug der Weltbegebenheiten und den allgemeinen Charakter der Menschen an, als jenes Radikalmittel der göttlichen Heilsordnung, das will nicht zürnen, wenn Sie über den Staat, ja selbst über unsre verdorbene politische Kirche, wenn Sie über die Geschichte, über Zahl, Maß und Gewicht, Heer und Flotte, über Gewerbe und Handel sprechen und dabei das Christenthum vergessen; aber über die Hoffnungen der Kinder, Greise und Armen sprechen Sie nie, ohne Jhre Betrachtungen an Jesus anzuknüpfen, der den Kindern und Armen einen Trost gegeben hat, den Sie ihnen nie geben werden, den, daß ihrer das Himmelreich ist. Ehren Sie, mein theurer Herr, in Diesem die Worte eines alten Mannes, der aller Welt so freudig zu sterben wünscht, wie Jhr ergebener ..... Was ich auf diese rührende Zuschrift erwiederte, möge hier gleichfalls mitgetheilt werden. Jch schrieb: Ehrwürdiger Herr! Auch nicht einen Jhrer vertrauensvollen und mich ehrenden Zusprüche würd’ ich in Betreff der christlichen Religion in Abrede stellen; denn Sie schließen in Jhren sanften Vorwürfen niemals, daß ich jenem Glauben die ehrfurchtsvollste Achtung versagte. Nur um die größere und wirksamere Geltendmachung Jhrer Neigung zu Jesus handelt es sich, und wenn ich glaube, daß Sie damit nicht zum Ziel kommen werden, so klag’ ich weit mehr den Lauf der Dinge, den Zug der Weltbegebenheiten und den allgemeinen Charakter der Menschen an, als jenes Radikalmittel der göttlichen Heilsordnung, das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0422" n="394"/> will nicht zürnen, wenn Sie über den Staat, ja selbst über unsre verdorbene politische Kirche, wenn Sie über die Geschichte, über Zahl, Maß und Gewicht, Heer und Flotte, über Gewerbe und Handel sprechen und dabei das Christenthum vergessen; aber über die Hoffnungen der Kinder, Greise und Armen sprechen Sie nie, ohne Jhre Betrachtungen an Jesus anzuknüpfen, der den Kindern und Armen einen Trost gegeben hat, den <hi rendition="#g">Sie</hi> ihnen nie geben werden, den, daß ihrer das Himmelreich ist.</p> <p>Ehren Sie, mein theurer Herr, in Diesem die Worte eines alten Mannes, der aller Welt so freudig zu sterben wünscht, wie Jhr ergebener .....</p> <p>Was ich auf diese rührende Zuschrift erwiederte, möge hier gleichfalls mitgetheilt werden. Jch schrieb:</p> <p> Ehrwürdiger Herr!</p> <p>Auch nicht <hi rendition="#g">einen</hi> Jhrer vertrauensvollen und mich ehrenden Zusprüche würd’ ich in Betreff der christlichen Religion in Abrede stellen; denn Sie schließen in Jhren sanften Vorwürfen niemals, daß ich jenem Glauben die ehrfurchtsvollste Achtung versagte. Nur um die größere und wirksamere Geltendmachung Jhrer Neigung zu Jesus handelt es sich, und wenn ich glaube, daß Sie damit nicht zum Ziel kommen werden, so klag’ ich weit mehr den Lauf der Dinge, den Zug der Weltbegebenheiten und den allgemeinen Charakter der Menschen an, als jenes Radikalmittel der göttlichen Heilsordnung, das </p> </div> </body> </text> </TEI> [394/0422]
will nicht zürnen, wenn Sie über den Staat, ja selbst über unsre verdorbene politische Kirche, wenn Sie über die Geschichte, über Zahl, Maß und Gewicht, Heer und Flotte, über Gewerbe und Handel sprechen und dabei das Christenthum vergessen; aber über die Hoffnungen der Kinder, Greise und Armen sprechen Sie nie, ohne Jhre Betrachtungen an Jesus anzuknüpfen, der den Kindern und Armen einen Trost gegeben hat, den Sie ihnen nie geben werden, den, daß ihrer das Himmelreich ist.
Ehren Sie, mein theurer Herr, in Diesem die Worte eines alten Mannes, der aller Welt so freudig zu sterben wünscht, wie Jhr ergebener .....
Was ich auf diese rührende Zuschrift erwiederte, möge hier gleichfalls mitgetheilt werden. Jch schrieb:
Ehrwürdiger Herr!
Auch nicht einen Jhrer vertrauensvollen und mich ehrenden Zusprüche würd’ ich in Betreff der christlichen Religion in Abrede stellen; denn Sie schließen in Jhren sanften Vorwürfen niemals, daß ich jenem Glauben die ehrfurchtsvollste Achtung versagte. Nur um die größere und wirksamere Geltendmachung Jhrer Neigung zu Jesus handelt es sich, und wenn ich glaube, daß Sie damit nicht zum Ziel kommen werden, so klag’ ich weit mehr den Lauf der Dinge, den Zug der Weltbegebenheiten und den allgemeinen Charakter der Menschen an, als jenes Radikalmittel der göttlichen Heilsordnung, das
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