Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.des Königsreichs geschleppt wird. Diesem Elenden scheint es gleichgültig gewesen zu seyn, ob er diese oder jene in seinen Netzen gefangen hielt. Der Abend vergeht, Felicia kömmt nicht zurück. Es ist eilf Uhr. Wir werden alle mit Betrübniß zu Bette gehen. Drei Tage darauf. - Noch immer keine Spur von Felicia. Verzweifelte Briefe von Macready. Mutter und Schwestern scheinen sich trösten zu wollen. Jch aber glaube, das unglückliche jedenfalls mit Gewalt zurückgehaltene Mädchen Tag und Nacht um Hülfe rufen zu hören. Am Abend. - Macready schreibt, daß er die Spur des Räubers gefunden hätte und für gewiß annehmen müßte, Felicia sey nach Frankreich geschleppt worden. Wie kann ich die fernere Entwicklung dieses Dramas abwarten! Jch kehre zu Jhnen zurück, mein ehrwürdiger Freund und Vetter, ich fühle, daß ich ein Hinderniß im Hause meiner Schwester bin. Meinen Bruder werd' ich nicht besuchen, weil er sich mehremal vor mir hat verleugnen lassen und sogar die Lieblosigkeit hatte, mir zu schreiben: "Schwester, dich anzuhören und dabei Wasser zu trinken, verträgt sich nicht. Zum Wassertrinken gehört Gemüthsruhe. Jede Störung derselben erzeugt Kolik, bittern Nachgeschmack und Unverdaulichkeit." Was soll ich noch hier? Jch freue mich, Sie und mein Vieh wieder zu sehen. Unter meinen Hühnern und Enten, in meinem Gemüß- und Obstgarten werd' ich wieder zu neuem Leben kommen. Somit Gott zum Gruß und bald hinten nach Jhre ergebenste Freundin und Base: Rebekka. des Königsreichs geschleppt wird. Diesem Elenden scheint es gleichgültig gewesen zu seyn, ob er diese oder jene in seinen Netzen gefangen hielt. Der Abend vergeht, Felicia kömmt nicht zurück. Es ist eilf Uhr. Wir werden alle mit Betrübniß zu Bette gehen. Drei Tage darauf. - Noch immer keine Spur von Felicia. Verzweifelte Briefe von Macready. Mutter und Schwestern scheinen sich trösten zu wollen. Jch aber glaube, das unglückliche jedenfalls mit Gewalt zurückgehaltene Mädchen Tag und Nacht um Hülfe rufen zu hören. Am Abend. - Macready schreibt, daß er die Spur des Räubers gefunden hätte und für gewiß annehmen müßte, Felicia sey nach Frankreich geschleppt worden. Wie kann ich die fernere Entwicklung dieses Dramas abwarten! Jch kehre zu Jhnen zurück, mein ehrwürdiger Freund und Vetter, ich fühle, daß ich ein Hinderniß im Hause meiner Schwester bin. Meinen Bruder werd’ ich nicht besuchen, weil er sich mehremal vor mir hat verleugnen lassen und sogar die Lieblosigkeit hatte, mir zu schreiben: "Schwester, dich anzuhören und dabei Wasser zu trinken, verträgt sich nicht. Zum Wassertrinken gehört Gemüthsruhe. Jede Störung derselben erzeugt Kolik, bittern Nachgeschmack und Unverdaulichkeit." Was soll ich noch hier? Jch freue mich, Sie und mein Vieh wieder zu sehen. Unter meinen Hühnern und Enten, in meinem Gemüß- und Obstgarten werd’ ich wieder zu neuem Leben kommen. Somit Gott zum Gruß und bald hinten nach Jhre ergebenste Freundin und Base: Rebekka. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0499" n="471"/> des Königsreichs geschleppt wird. Diesem Elenden scheint es gleichgültig gewesen zu seyn, ob er diese oder jene in seinen Netzen gefangen hielt. Der Abend vergeht, Felicia kömmt nicht zurück. Es ist eilf Uhr. Wir werden alle mit Betrübniß zu Bette gehen.</p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#g">Drei Tage darauf.</hi> </p> <p>- Noch immer keine Spur von Felicia. Verzweifelte Briefe von Macready. Mutter und Schwestern scheinen sich trösten zu wollen. Jch aber glaube, das unglückliche jedenfalls mit Gewalt zurückgehaltene Mädchen Tag und Nacht um Hülfe rufen zu hören.</p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#g">Am Abend.</hi> </p> <p>- Macready schreibt, daß er die Spur des Räubers gefunden hätte und für gewiß annehmen müßte, Felicia sey nach Frankreich geschleppt worden. Wie kann ich die fernere Entwicklung dieses Dramas abwarten! Jch kehre zu Jhnen zurück, mein ehrwürdiger Freund und Vetter, ich fühle, daß ich ein Hinderniß im Hause meiner Schwester bin. Meinen Bruder werd’ ich nicht besuchen, weil er sich mehremal vor mir hat verleugnen lassen und sogar die Lieblosigkeit hatte, mir zu schreiben: "Schwester, dich anzuhören und dabei Wasser zu trinken, verträgt sich nicht. Zum Wassertrinken gehört Gemüthsruhe. Jede Störung derselben erzeugt Kolik, bittern Nachgeschmack und Unverdaulichkeit." Was soll ich noch hier? Jch freue mich, Sie und mein Vieh wieder zu sehen. Unter meinen Hühnern und Enten, in meinem Gemüß- und Obstgarten werd’ ich wieder zu neuem Leben kommen. Somit Gott zum Gruß und bald hinten nach Jhre ergebenste Freundin und Base:</p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#g">Rebekka.</hi> </p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [471/0499]
des Königsreichs geschleppt wird. Diesem Elenden scheint es gleichgültig gewesen zu seyn, ob er diese oder jene in seinen Netzen gefangen hielt. Der Abend vergeht, Felicia kömmt nicht zurück. Es ist eilf Uhr. Wir werden alle mit Betrübniß zu Bette gehen.
Drei Tage darauf.
- Noch immer keine Spur von Felicia. Verzweifelte Briefe von Macready. Mutter und Schwestern scheinen sich trösten zu wollen. Jch aber glaube, das unglückliche jedenfalls mit Gewalt zurückgehaltene Mädchen Tag und Nacht um Hülfe rufen zu hören.
Am Abend.
- Macready schreibt, daß er die Spur des Räubers gefunden hätte und für gewiß annehmen müßte, Felicia sey nach Frankreich geschleppt worden. Wie kann ich die fernere Entwicklung dieses Dramas abwarten! Jch kehre zu Jhnen zurück, mein ehrwürdiger Freund und Vetter, ich fühle, daß ich ein Hinderniß im Hause meiner Schwester bin. Meinen Bruder werd’ ich nicht besuchen, weil er sich mehremal vor mir hat verleugnen lassen und sogar die Lieblosigkeit hatte, mir zu schreiben: "Schwester, dich anzuhören und dabei Wasser zu trinken, verträgt sich nicht. Zum Wassertrinken gehört Gemüthsruhe. Jede Störung derselben erzeugt Kolik, bittern Nachgeschmack und Unverdaulichkeit." Was soll ich noch hier? Jch freue mich, Sie und mein Vieh wieder zu sehen. Unter meinen Hühnern und Enten, in meinem Gemüß- und Obstgarten werd’ ich wieder zu neuem Leben kommen. Somit Gott zum Gruß und bald hinten nach Jhre ergebenste Freundin und Base:
Rebekka.
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