Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.nachspüren wollte und jene ehrlosen Handlungen aufdeckte, die gerade vor der Welt mit Ehren überhäuft werden. Er würde in seinem Eifer Manchem Unrecht thun und Vieles zu lebhaft hinstellen; allein für halbe Zustände gibt es keine andere Behandlung, als sie ganz hervorzuziehen, mit Wurzeln und Erde daran. Wie Vieles, das äußerlich schön und lustig blüht, würden wir schon von dem Wurm der Jmmoralität benagt finden, so daß man sagen muß: Kommt hier nicht der Tod, oder das Alter, oder Gott zuvor, so vertrocknet bald der Saft der Pflanze! Das halbe Verbrechen, die Unsittlichkeit ohne Anklagepunkt - ja, der Dichter kann hier zuweilen den dunklen Schleier lüften - im Zusammenhange aber mit dem Streben, vollständig zu seyn, möchte der Versuch einer Darstellung Frevel seyn; wir würden immer tiefer in Anklagen verstrickt, davon im Strome des Lebens fortgerissen werden. Das Böse ist mit dem Guten hienieden eng verbunden, wie die edlen Metalle mit den Schlacken, welche sie verhüllen. Gott aber ist es allein, der Herzen und Nieren prüft. nachspüren wollte und jene ehrlosen Handlungen aufdeckte, die gerade vor der Welt mit Ehren überhäuft werden. Er würde in seinem Eifer Manchem Unrecht thun und Vieles zu lebhaft hinstellen; allein für halbe Zustände gibt es keine andere Behandlung, als sie ganz hervorzuziehen, mit Wurzeln und Erde daran. Wie Vieles, das äußerlich schön und lustig blüht, würden wir schon von dem Wurm der Jmmoralität benagt finden, so daß man sagen muß: Kommt hier nicht der Tod, oder das Alter, oder Gott zuvor, so vertrocknet bald der Saft der Pflanze! Das halbe Verbrechen, die Unsittlichkeit ohne Anklagepunkt – ja, der Dichter kann hier zuweilen den dunklen Schleier lüften – im Zusammenhange aber mit dem Streben, vollständig zu seyn, möchte der Versuch einer Darstellung Frevel seyn; wir würden immer tiefer in Anklagen verstrickt, davon im Strome des Lebens fortgerissen werden. Das Böse ist mit dem Guten hienieden eng verbunden, wie die edlen Metalle mit den Schlacken, welche sie verhüllen. Gott aber ist es allein, der Herzen und Nieren prüft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0126" n="124"/> nachspüren wollte und jene <hi rendition="#g">ehrlosen</hi> Handlungen aufdeckte, die gerade vor der Welt mit Ehren überhäuft werden. Er würde in seinem Eifer Manchem Unrecht thun und Vieles zu lebhaft hinstellen; allein für <hi rendition="#g">halbe</hi> Zustände gibt es keine andere Behandlung, als sie ganz hervorzuziehen, mit Wurzeln und Erde daran. Wie Vieles, das äußerlich schön und lustig blüht, würden wir schon von dem Wurm der Jmmoralität benagt finden, so daß man sagen muß: Kommt hier nicht der Tod, oder das Alter, oder Gott zuvor, so vertrocknet bald der Saft der Pflanze! Das <hi rendition="#g">halbe</hi> Verbrechen, die Unsittlichkeit <hi rendition="#g">ohne</hi> Anklagepunkt – ja, der Dichter kann hier <hi rendition="#g">zuweilen</hi> den dunklen Schleier lüften – im Zusammenhange aber mit dem Streben, vollständig zu seyn, möchte der Versuch einer Darstellung Frevel seyn; wir würden immer tiefer in Anklagen verstrickt, davon im Strome des Lebens fortgerissen werden. Das Böse ist mit dem Guten hienieden eng verbunden, wie die edlen Metalle mit den Schlacken, welche sie verhüllen. Gott aber ist es allein, der Herzen und Nieren prüft.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="1"> </div> </body> </text> </TEI> [124/0126]
nachspüren wollte und jene ehrlosen Handlungen aufdeckte, die gerade vor der Welt mit Ehren überhäuft werden. Er würde in seinem Eifer Manchem Unrecht thun und Vieles zu lebhaft hinstellen; allein für halbe Zustände gibt es keine andere Behandlung, als sie ganz hervorzuziehen, mit Wurzeln und Erde daran. Wie Vieles, das äußerlich schön und lustig blüht, würden wir schon von dem Wurm der Jmmoralität benagt finden, so daß man sagen muß: Kommt hier nicht der Tod, oder das Alter, oder Gott zuvor, so vertrocknet bald der Saft der Pflanze! Das halbe Verbrechen, die Unsittlichkeit ohne Anklagepunkt – ja, der Dichter kann hier zuweilen den dunklen Schleier lüften – im Zusammenhange aber mit dem Streben, vollständig zu seyn, möchte der Versuch einer Darstellung Frevel seyn; wir würden immer tiefer in Anklagen verstrickt, davon im Strome des Lebens fortgerissen werden. Das Böse ist mit dem Guten hienieden eng verbunden, wie die edlen Metalle mit den Schlacken, welche sie verhüllen. Gott aber ist es allein, der Herzen und Nieren prüft.
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