Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.es hier nur gleich zugestanden werde: der Geistlichen wegen glaubt man nicht mehr an das Christenthum; sondern wer es in Ehren hält, dem fließt sein Glaube aus innerer Ueberzeugung oder wenigstens aus einem dringenden Bedürfniß. Das Oberhaus zählt sechs Erzbischöfe: deßhalb werd' ich mich wohl, um keinen allzugrellen Fingerzeig zu geben, auf die Bischöfe beschränken müssen, um zu zeigen, was man bei uns einen geistlichen Würdenträger nennt. Dr. Cnox war ein Seitenverwandter Lord Eldons, dieses ewigen Kanzlers, der, so unwürdig er dessen war, an der Spitze des englischen Gerichtsareopags länger als 23 Jahre saß. Man will sogar sagen, Dr. Cnox wäre sein natürlicher Sohn und wird mich blind nennen, wenn ich die Aehnlichkeit nicht erkennen wollte. Genug, er war ihm theuer, und Dr. Cnox war Bischof noch ehe er Doktor war. Er studirte weniger Theologie als die Jagd. Dr. Cnox hat in Oxford alles Andere, nur nicht Theologie studirt. Jndessen hielt er eine salbungsvolle Predigt, wozu Lord Eldon das ganze Oberhaus eingeladen hatte. Diese Predigt machte sein Jugendfreund Master Job und lehrte sie ihm sogar ein. Er sagte ihm, wo er nach den Vorschriften der Pastoraltheologie sanft weinen und regnen und wo er blitzen und donnern müßte. Cnox, der ein schlechtes Gedächtniß hatte, wie wir gleich sehen werden, mußte die Predigt ablesen. Allein so gut Jobs es hier nur gleich zugestanden werde: der Geistlichen wegen glaubt man nicht mehr an das Christenthum; sondern wer es in Ehren hält, dem fließt sein Glaube aus innerer Ueberzeugung oder wenigstens aus einem dringenden Bedürfniß. Das Oberhaus zählt sechs Erzbischöfe: deßhalb werd’ ich mich wohl, um keinen allzugrellen Fingerzeig zu geben, auf die Bischöfe beschränken müssen, um zu zeigen, was man bei uns einen geistlichen Würdenträger nennt. Dr. Cnox war ein Seitenverwandter Lord Eldons, dieses ewigen Kanzlers, der, so unwürdig er dessen war, an der Spitze des englischen Gerichtsareopags länger als 23 Jahre saß. Man will sogar sagen, Dr. Cnox wäre sein natürlicher Sohn und wird mich blind nennen, wenn ich die Aehnlichkeit nicht erkennen wollte. Genug, er war ihm theuer, und Dr. Cnox war Bischof noch ehe er Doktor war. Er studirte weniger Theologie als die Jagd. Dr. Cnox hat in Oxford alles Andere, nur nicht Theologie studirt. Jndessen hielt er eine salbungsvolle Predigt, wozu Lord Eldon das ganze Oberhaus eingeladen hatte. Diese Predigt machte sein Jugendfreund Master Job und lehrte sie ihm sogar ein. Er sagte ihm, wo er nach den Vorschriften der Pastoraltheologie sanft weinen und regnen und wo er blitzen und donnern müßte. Cnox, der ein schlechtes Gedächtniß hatte, wie wir gleich sehen werden, mußte die Predigt ablesen. Allein so gut Jobs <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="126"/> es hier nur gleich zugestanden werde: der Geistlichen wegen glaubt man nicht mehr an das Christenthum; sondern wer es in Ehren hält, dem fließt sein Glaube aus innerer Ueberzeugung oder wenigstens aus einem dringenden Bedürfniß.</p> <p>Das Oberhaus zählt sechs Erzbischöfe: deßhalb werd’ ich mich wohl, um keinen allzugrellen Fingerzeig zu geben, auf die Bischöfe beschränken müssen, um zu zeigen, was man bei uns einen geistlichen Würdenträger nennt. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Cnox</hi> war ein Seitenverwandter Lord <hi rendition="#g">Eldons</hi>, dieses ewigen Kanzlers, der, so unwürdig er dessen war, an der Spitze des englischen Gerichtsareopags länger als 23 Jahre saß. Man will sogar sagen, <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Cnox</hi> wäre sein natürlicher Sohn und wird mich blind nennen, wenn ich die Aehnlichkeit nicht erkennen wollte. Genug, er war ihm theuer, und <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Cnox</hi> war Bischof noch ehe er Doktor war. Er studirte weniger Theologie als die Jagd. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Cnox</hi> hat in Oxford alles Andere, nur nicht Theologie studirt. Jndessen hielt er eine salbungsvolle Predigt, wozu Lord <hi rendition="#g">Eldon</hi> das ganze Oberhaus eingeladen hatte. Diese Predigt machte sein Jugendfreund Master Job und lehrte sie ihm sogar ein. Er sagte ihm, wo er nach den Vorschriften der Pastoraltheologie sanft weinen und regnen und wo er blitzen und donnern müßte. <hi rendition="#g">Cnox</hi>, der ein schlechtes Gedächtniß hatte, wie wir gleich sehen werden, mußte die Predigt ablesen. Allein so gut <hi rendition="#g">Jobs</hi> </p> </div> </body> </text> </TEI> [126/0128]
es hier nur gleich zugestanden werde: der Geistlichen wegen glaubt man nicht mehr an das Christenthum; sondern wer es in Ehren hält, dem fließt sein Glaube aus innerer Ueberzeugung oder wenigstens aus einem dringenden Bedürfniß.
Das Oberhaus zählt sechs Erzbischöfe: deßhalb werd’ ich mich wohl, um keinen allzugrellen Fingerzeig zu geben, auf die Bischöfe beschränken müssen, um zu zeigen, was man bei uns einen geistlichen Würdenträger nennt. Dr. Cnox war ein Seitenverwandter Lord Eldons, dieses ewigen Kanzlers, der, so unwürdig er dessen war, an der Spitze des englischen Gerichtsareopags länger als 23 Jahre saß. Man will sogar sagen, Dr. Cnox wäre sein natürlicher Sohn und wird mich blind nennen, wenn ich die Aehnlichkeit nicht erkennen wollte. Genug, er war ihm theuer, und Dr. Cnox war Bischof noch ehe er Doktor war. Er studirte weniger Theologie als die Jagd. Dr. Cnox hat in Oxford alles Andere, nur nicht Theologie studirt. Jndessen hielt er eine salbungsvolle Predigt, wozu Lord Eldon das ganze Oberhaus eingeladen hatte. Diese Predigt machte sein Jugendfreund Master Job und lehrte sie ihm sogar ein. Er sagte ihm, wo er nach den Vorschriften der Pastoraltheologie sanft weinen und regnen und wo er blitzen und donnern müßte. Cnox, der ein schlechtes Gedächtniß hatte, wie wir gleich sehen werden, mußte die Predigt ablesen. Allein so gut Jobs
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