Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.das Christenthum bildeten, mit dem Oriente seine Untersuchungen damit geendet, daß sie am allerwenigsten zur Benachtheilung des Christenthums dienen sollen. Die Lehren der Bibel hören darum, daß man sie auch in anderen Büchern des Orients findet, nicht auf, geheimnißvoll zu seyn; es handelt sich jezt nicht mehr darum, wie im vorigen Jahrhundert, über die Plagiate, welche das Christen- und Judenthum an seinen Umgebungen beging, zu lachen; sondern die Wissenschaft ist längst auch in den nicht christlichen Quellen des späteren Christenthums geneigt, Alles, was Nachdenken und Gefühl verräth, was den Stempel heiliger Forschung an sich trägt und eine Ahnung höherer Jdeen ist, als ehrenwerth, und es komme, woher es wolle, anzuerkennen. Freilich kann man, wenn es sich nur darum handelt, bestimmte Dogmen festzustellen, welche, zur Glaubensnorm erhoben, ferner noch das Symbol der Kirche bilden sollen, nicht in Abrede stellen, daß diese angedeutete Richtung auch zu weit gehen kann. Der Rationalismus, der dies geradezu behauptet, hat darin sehr recht, daß er eine Religion verlangt, die nur deßhalb die Offenbarung verwirft, weil in der That die Religion zwar kein unmittelbares Erzeugniß des Jndividuums seyn kann, wohl aber mit der unmittelbaren Fähigkeit des Menschen, Religion zu fassen, zu begreifen und in sein Jnneres einzuführen, zusammenhängen muß. Der Streit, in welchen die Dogmatiker das Christenthum bildeten, mit dem Oriente seine Untersuchungen damit geendet, daß sie am allerwenigsten zur Benachtheilung des Christenthums dienen sollen. Die Lehren der Bibel hören darum, daß man sie auch in anderen Büchern des Orients findet, nicht auf, geheimnißvoll zu seyn; es handelt sich jezt nicht mehr darum, wie im vorigen Jahrhundert, über die Plagiate, welche das Christen- und Judenthum an seinen Umgebungen beging, zu lachen; sondern die Wissenschaft ist längst auch in den nicht christlichen Quellen des späteren Christenthums geneigt, Alles, was Nachdenken und Gefühl verräth, was den Stempel heiliger Forschung an sich trägt und eine Ahnung höherer Jdeen ist, als ehrenwerth, und es komme, woher es wolle, anzuerkennen. Freilich kann man, wenn es sich nur darum handelt, bestimmte Dogmen festzustellen, welche, zur Glaubensnorm erhoben, ferner noch das Symbol der Kirche bilden sollen, nicht in Abrede stellen, daß diese angedeutete Richtung auch zu weit gehen kann. Der Rationalismus, der dies geradezu behauptet, hat darin sehr recht, daß er eine Religion verlangt, die nur deßhalb die Offenbarung verwirft, weil in der That die Religion zwar kein unmittelbares Erzeugniß des Jndividuums seyn kann, wohl aber mit der unmittelbaren Fähigkeit des Menschen, Religion zu fassen, zu begreifen und in sein Jnneres einzuführen, zusammenhängen muß. Der Streit, in welchen die Dogmatiker <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0162" n="160"/> das Christenthum bildeten, mit dem Oriente seine Untersuchungen damit geendet, daß sie am allerwenigsten zur Benachtheilung des Christenthums dienen sollen. Die Lehren der Bibel hören darum, daß man sie auch in anderen Büchern des Orients findet, nicht auf, geheimnißvoll zu seyn; es handelt sich jezt nicht mehr darum, wie im vorigen Jahrhundert, über die Plagiate, welche das Christen- und Judenthum an seinen Umgebungen beging, zu lachen; sondern die Wissenschaft ist längst auch in den nicht christlichen Quellen des späteren Christenthums geneigt, Alles, was Nachdenken und Gefühl verräth, was den Stempel heiliger Forschung an sich trägt und eine Ahnung höherer Jdeen ist, als ehrenwerth, und es komme, woher es wolle, anzuerkennen.</p> <p>Freilich kann man, wenn es sich nur darum handelt, bestimmte Dogmen festzustellen, welche, zur Glaubensnorm erhoben, ferner noch das Symbol der Kirche bilden sollen, nicht in Abrede stellen, daß diese angedeutete Richtung auch zu weit gehen kann. Der Rationalismus, der dies geradezu behauptet, hat darin sehr recht, daß er eine Religion verlangt, die nur deßhalb die Offenbarung verwirft, weil in der That die Religion zwar kein unmittelbares <hi rendition="#g">Erzeugniß</hi> des Jndividuums seyn kann, wohl aber mit der unmittelbaren Fähigkeit des Menschen, Religion zu fassen, zu begreifen und in sein Jnneres einzuführen, zusammenhängen muß. Der Streit, in welchen die Dogmatiker </p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0162]
das Christenthum bildeten, mit dem Oriente seine Untersuchungen damit geendet, daß sie am allerwenigsten zur Benachtheilung des Christenthums dienen sollen. Die Lehren der Bibel hören darum, daß man sie auch in anderen Büchern des Orients findet, nicht auf, geheimnißvoll zu seyn; es handelt sich jezt nicht mehr darum, wie im vorigen Jahrhundert, über die Plagiate, welche das Christen- und Judenthum an seinen Umgebungen beging, zu lachen; sondern die Wissenschaft ist längst auch in den nicht christlichen Quellen des späteren Christenthums geneigt, Alles, was Nachdenken und Gefühl verräth, was den Stempel heiliger Forschung an sich trägt und eine Ahnung höherer Jdeen ist, als ehrenwerth, und es komme, woher es wolle, anzuerkennen.
Freilich kann man, wenn es sich nur darum handelt, bestimmte Dogmen festzustellen, welche, zur Glaubensnorm erhoben, ferner noch das Symbol der Kirche bilden sollen, nicht in Abrede stellen, daß diese angedeutete Richtung auch zu weit gehen kann. Der Rationalismus, der dies geradezu behauptet, hat darin sehr recht, daß er eine Religion verlangt, die nur deßhalb die Offenbarung verwirft, weil in der That die Religion zwar kein unmittelbares Erzeugniß des Jndividuums seyn kann, wohl aber mit der unmittelbaren Fähigkeit des Menschen, Religion zu fassen, zu begreifen und in sein Jnneres einzuführen, zusammenhängen muß. Der Streit, in welchen die Dogmatiker
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