Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.wenn wir einem Apothekergehülfen auftrügen, die Bibel ins Lateinische zu übersetzen, oder englischen Matrosen, die einmal in französischer Gefangenschaft waren, ihre Schicksale französisch aufzuschreiben. Da ist die Wirkung schlimm genug für die Religion; allein es ist doch immer schon eine Stufe für die Philologie. Und nun sind Bibelgesellschaften, wenn sie unter uns das merkwürdigste aller Bücher zu verbreiten suchen, auch in dem Falle sehr rühmenswerth, daß sie ein fehlendes Buch zu ergänzen suchen; verwerflich aber dann, wenn sie andere Bücher damit verdrängen wollen. Leider ist das Leztere oft mehr die Absicht, als das Erste, und die Bibelgesellschaften verdienen dann wohl, daß sie von manchen spekulativen Köpfen an der Nase herumgeführt werden; denn wie Viele melden sich nicht hier und dort, wo es unentgeltlich Bibeln gibt, und verkaufen sie bei dem ersten besten Buchbinder, so daß einmal von einem im Geruch der Heiligkeit stehenden Soldaten herauskam, er hätte in einem Jahre sich durch demüthiges Niederschlagen der Augen mehr als hundert Bibeln zu verschaffen gewußt, die er alle bei einem Compagnon seiner Spekulationen absezte. Auch für die Bekehrung der Juden schießt der Pietismus Geld zusammen. Es wird Samstags in einer eigens dazu bestimmten Kirche gepredigt, um die Juden anzulocken; allein wenn ihnen nicht, wie einst den Sachsen, das Henkerschwert droht, wer kann wenn wir einem Apothekergehülfen auftrügen, die Bibel ins Lateinische zu übersetzen, oder englischen Matrosen, die einmal in französischer Gefangenschaft waren, ihre Schicksale französisch aufzuschreiben. Da ist die Wirkung schlimm genug für die Religion; allein es ist doch immer schon eine Stufe für die Philologie. Und nun sind Bibelgesellschaften, wenn sie unter uns das merkwürdigste aller Bücher zu verbreiten suchen, auch in dem Falle sehr rühmenswerth, daß sie ein fehlendes Buch zu ergänzen suchen; verwerflich aber dann, wenn sie andere Bücher damit verdrängen wollen. Leider ist das Leztere oft mehr die Absicht, als das Erste, und die Bibelgesellschaften verdienen dann wohl, daß sie von manchen spekulativen Köpfen an der Nase herumgeführt werden; denn wie Viele melden sich nicht hier und dort, wo es unentgeltlich Bibeln gibt, und verkaufen sie bei dem ersten besten Buchbinder, so daß einmal von einem im Geruch der Heiligkeit stehenden Soldaten herauskam, er hätte in einem Jahre sich durch demüthiges Niederschlagen der Augen mehr als hundert Bibeln zu verschaffen gewußt, die er alle bei einem Compagnon seiner Spekulationen absezte. Auch für die Bekehrung der Juden schießt der Pietismus Geld zusammen. Es wird Samstags in einer eigens dazu bestimmten Kirche gepredigt, um die Juden anzulocken; allein wenn ihnen nicht, wie einst den Sachsen, das Henkerschwert droht, wer kann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0209" n="207"/> wenn wir einem Apothekergehülfen auftrügen, die Bibel ins Lateinische zu übersetzen, oder englischen Matrosen, die einmal in französischer Gefangenschaft waren, ihre Schicksale französisch aufzuschreiben. Da ist die Wirkung schlimm genug für die Religion; allein es ist doch immer schon eine Stufe für die Philologie. Und nun sind Bibelgesellschaften, wenn sie unter uns das merkwürdigste aller Bücher zu verbreiten suchen, auch in dem Falle sehr rühmenswerth, daß sie ein fehlendes Buch zu ergänzen suchen; verwerflich aber dann, wenn sie andere Bücher damit verdrängen wollen. Leider ist das Leztere oft mehr die Absicht, als das Erste, und die Bibelgesellschaften verdienen dann wohl, daß sie von manchen spekulativen Köpfen an der Nase herumgeführt werden; denn wie Viele melden sich nicht hier und dort, wo es unentgeltlich Bibeln gibt, und verkaufen sie bei dem ersten besten Buchbinder, so daß einmal von einem im Geruch der Heiligkeit stehenden Soldaten herauskam, er hätte in einem Jahre sich durch demüthiges Niederschlagen der Augen mehr als hundert Bibeln zu verschaffen gewußt, die er alle bei einem Compagnon seiner Spekulationen absezte.</p> <p>Auch für die Bekehrung der Juden schießt der Pietismus Geld zusammen. Es wird Samstags in einer eigens dazu bestimmten Kirche gepredigt, um die Juden anzulocken; allein wenn ihnen nicht, wie einst den Sachsen, das Henkerschwert droht, wer kann </p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0209]
wenn wir einem Apothekergehülfen auftrügen, die Bibel ins Lateinische zu übersetzen, oder englischen Matrosen, die einmal in französischer Gefangenschaft waren, ihre Schicksale französisch aufzuschreiben. Da ist die Wirkung schlimm genug für die Religion; allein es ist doch immer schon eine Stufe für die Philologie. Und nun sind Bibelgesellschaften, wenn sie unter uns das merkwürdigste aller Bücher zu verbreiten suchen, auch in dem Falle sehr rühmenswerth, daß sie ein fehlendes Buch zu ergänzen suchen; verwerflich aber dann, wenn sie andere Bücher damit verdrängen wollen. Leider ist das Leztere oft mehr die Absicht, als das Erste, und die Bibelgesellschaften verdienen dann wohl, daß sie von manchen spekulativen Köpfen an der Nase herumgeführt werden; denn wie Viele melden sich nicht hier und dort, wo es unentgeltlich Bibeln gibt, und verkaufen sie bei dem ersten besten Buchbinder, so daß einmal von einem im Geruch der Heiligkeit stehenden Soldaten herauskam, er hätte in einem Jahre sich durch demüthiges Niederschlagen der Augen mehr als hundert Bibeln zu verschaffen gewußt, die er alle bei einem Compagnon seiner Spekulationen absezte.
Auch für die Bekehrung der Juden schießt der Pietismus Geld zusammen. Es wird Samstags in einer eigens dazu bestimmten Kirche gepredigt, um die Juden anzulocken; allein wenn ihnen nicht, wie einst den Sachsen, das Henkerschwert droht, wer kann
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