Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.und die Freiheit benutzen? Fürchtet ihr, der Schachergeist würde sich auf die Richterstühle setzen? der Trödelgeist hinter die Polizeischranken? Nein, Die, welche zuerst die Freiheit benutzen, werden die Gelehrten seyn. Nun ist dies aber die geringste Gefahr, welche uns Christen von der Emanzipation treffen könnte, daß Männer von Bildung und Geschmack und nicht selten von außerordentlicher Geisteskraft an unsern gemeinsamen Angelegenheiten Theil nehmen, mit uns auf gleichem Fuße stehen und sich wohl gar um die Staatsämter bewerben. Diese erste gelehrte Vorpostenlinie werden wir also schon aushalten, wir werden den Unterschied von Sonst und Jezt gar nicht merken, da wir längst gewohnt sind, jüdische Aerzte und Advokaten, Dichter und Gelehrte als die Unsern zu betrachten und längst mit ihnen in ebenbürtigem Verkehr stehen. Das zweite Treffen, welches ins Feld rücken würde, könnte dann auch nur jene kleine Schaar seyn, die den Handel verließe und sich zur Jndustrie wendete; jüdische Gesellen würden zu christlichen Meistern kommen, ja vielleicht selbst Meister werden und ein schönes Geld von den Jhrigen mitbringen, um ihr Geschäft gleich im Großen zu treiben. Wer erschrickt hierüber? Der Zunftgeist; die Schuster- und Bäckergilde, die sich mit so vieler Mühe von der Konkurrenz befreit hat, die die Jahrmärkte längst verwünscht, weil man auf ihnen billiger kauft, als in ihren Läden; kurz, derselbe Zunftgeist, der sich noch und die Freiheit benutzen? Fürchtet ihr, der Schachergeist würde sich auf die Richterstühle setzen? der Trödelgeist hinter die Polizeischranken? Nein, Die, welche zuerst die Freiheit benutzen, werden die Gelehrten seyn. Nun ist dies aber die geringste Gefahr, welche uns Christen von der Emanzipation treffen könnte, daß Männer von Bildung und Geschmack und nicht selten von außerordentlicher Geisteskraft an unsern gemeinsamen Angelegenheiten Theil nehmen, mit uns auf gleichem Fuße stehen und sich wohl gar um die Staatsämter bewerben. Diese erste gelehrte Vorpostenlinie werden wir also schon aushalten, wir werden den Unterschied von Sonst und Jezt gar nicht merken, da wir längst gewohnt sind, jüdische Aerzte und Advokaten, Dichter und Gelehrte als die Unsern zu betrachten und längst mit ihnen in ebenbürtigem Verkehr stehen. Das zweite Treffen, welches ins Feld rücken würde, könnte dann auch nur jene kleine Schaar seyn, die den Handel verließe und sich zur Jndustrie wendete; jüdische Gesellen würden zu christlichen Meistern kommen, ja vielleicht selbst Meister werden und ein schönes Geld von den Jhrigen mitbringen, um ihr Geschäft gleich im Großen zu treiben. Wer erschrickt hierüber? Der Zunftgeist; die Schuster- und Bäckergilde, die sich mit so vieler Mühe von der Konkurrenz befreit hat, die die Jahrmärkte längst verwünscht, weil man auf ihnen billiger kauft, als in ihren Läden; kurz, derselbe Zunftgeist, der sich noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0225" n="223"/> und die Freiheit benutzen? Fürchtet ihr, der Schachergeist würde sich auf die Richterstühle setzen? der Trödelgeist hinter die Polizeischranken? Nein, Die, welche zuerst die Freiheit benutzen, werden die Gelehrten seyn. Nun ist dies aber die geringste Gefahr, welche uns Christen von der Emanzipation treffen könnte, daß Männer von Bildung und Geschmack und nicht selten von außerordentlicher Geisteskraft an unsern gemeinsamen Angelegenheiten Theil nehmen, mit uns auf gleichem Fuße stehen und sich wohl gar um die Staatsämter bewerben. Diese erste gelehrte Vorpostenlinie werden wir also schon aushalten, wir werden den Unterschied von Sonst und Jezt gar nicht merken, da wir längst gewohnt sind, jüdische Aerzte und Advokaten, Dichter und Gelehrte als die Unsern zu betrachten und längst mit ihnen in ebenbürtigem Verkehr stehen. Das zweite Treffen, welches ins Feld rücken würde, könnte dann auch nur jene kleine Schaar seyn, die den Handel verließe und sich zur Jndustrie wendete; jüdische Gesellen würden zu christlichen Meistern kommen, ja vielleicht selbst Meister werden und ein schönes Geld von den Jhrigen mitbringen, um ihr Geschäft gleich im Großen zu treiben. Wer erschrickt hierüber? Der Zunftgeist; die Schuster- und Bäckergilde, die sich mit so vieler Mühe von der Konkurrenz befreit hat, die die Jahrmärkte längst verwünscht, weil man auf ihnen billiger kauft, als in ihren Läden; kurz, derselbe Zunftgeist, der sich noch </p> </div> </body> </text> </TEI> [223/0225]
und die Freiheit benutzen? Fürchtet ihr, der Schachergeist würde sich auf die Richterstühle setzen? der Trödelgeist hinter die Polizeischranken? Nein, Die, welche zuerst die Freiheit benutzen, werden die Gelehrten seyn. Nun ist dies aber die geringste Gefahr, welche uns Christen von der Emanzipation treffen könnte, daß Männer von Bildung und Geschmack und nicht selten von außerordentlicher Geisteskraft an unsern gemeinsamen Angelegenheiten Theil nehmen, mit uns auf gleichem Fuße stehen und sich wohl gar um die Staatsämter bewerben. Diese erste gelehrte Vorpostenlinie werden wir also schon aushalten, wir werden den Unterschied von Sonst und Jezt gar nicht merken, da wir längst gewohnt sind, jüdische Aerzte und Advokaten, Dichter und Gelehrte als die Unsern zu betrachten und längst mit ihnen in ebenbürtigem Verkehr stehen. Das zweite Treffen, welches ins Feld rücken würde, könnte dann auch nur jene kleine Schaar seyn, die den Handel verließe und sich zur Jndustrie wendete; jüdische Gesellen würden zu christlichen Meistern kommen, ja vielleicht selbst Meister werden und ein schönes Geld von den Jhrigen mitbringen, um ihr Geschäft gleich im Großen zu treiben. Wer erschrickt hierüber? Der Zunftgeist; die Schuster- und Bäckergilde, die sich mit so vieler Mühe von der Konkurrenz befreit hat, die die Jahrmärkte längst verwünscht, weil man auf ihnen billiger kauft, als in ihren Läden; kurz, derselbe Zunftgeist, der sich noch
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