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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Geben wir nun den allgemeinen Charakter der verschiedenen Künste in unserer Epoche an! Von den Schwierigkeiten, die der Entfaltung einer derselben entgegenstehen, sprachen wir schon oben. Die Architektur hat aufgehört, als eine Kunstentfaltung mit der Culturhöhe der Zeit gleichzustehen. Wenn bei Griechen und Altdeutschen die religiösen Empfindungen sich verbauten, so wohnet uns die Gottheit nicht mehr in Tempeln, von Menschenhänden gemacht. Unser überschweifender Sinn kann an Oertlichkeiten nicht mehr gefesselt werden. Die Schnelligkeit, mit der wir den Raum überwinden, macht uns den durch die Form der Erhabenheit gefesselten Raum gleichgültig. Der neue Baugeschmack ist eklektisch. Nach Außen sehen wir wohl die korinthische Säulenreihe, aber nach Jnnen sind unsere Prachtgebäude holländisch bequem eingerichtet, mit Luftheizung und rauchlosen Schornsteinen. Großartige Gebäude wurden in neuerer Zeit errichtet, Jnvalidenhäuser, Lazarethe, Deputirtenkammern. Erhabenheit und Pracht werden hier vermieden. Nur eine gefällige Schönheit wird erzielt und in möglichster Nachahmung des griechischen Baustyls gefunden. Keine Kunst ist jedoch weiter von der Aesthetik abgerückt, als die Architektur. Denn da der Paläste und Kirchen nicht viel gebaut werden, so mußten sich die Baukünstler schon des gewöhnlichen Häuserbaus bemächtigen. Jn einigen Dingen sind sie hier den Maurermeistern überlegen; sonst aber

Geben wir nun den allgemeinen Charakter der verschiedenen Künste in unserer Epoche an! Von den Schwierigkeiten, die der Entfaltung einer derselben entgegenstehen, sprachen wir schon oben. Die Architektur hat aufgehört, als eine Kunstentfaltung mit der Culturhöhe der Zeit gleichzustehen. Wenn bei Griechen und Altdeutschen die religiösen Empfindungen sich verbauten, so wohnet uns die Gottheit nicht mehr in Tempeln, von Menschenhänden gemacht. Unser überschweifender Sinn kann an Oertlichkeiten nicht mehr gefesselt werden. Die Schnelligkeit, mit der wir den Raum überwinden, macht uns den durch die Form der Erhabenheit gefesselten Raum gleichgültig. Der neue Baugeschmack ist eklektisch. Nach Außen sehen wir wohl die korinthische Säulenreihe, aber nach Jnnen sind unsere Prachtgebäude holländisch bequem eingerichtet, mit Luftheizung und rauchlosen Schornsteinen. Großartige Gebäude wurden in neuerer Zeit errichtet, Jnvalidenhäuser, Lazarethe, Deputirtenkammern. Erhabenheit und Pracht werden hier vermieden. Nur eine gefällige Schönheit wird erzielt und in möglichster Nachahmung des griechischen Baustyls gefunden. Keine Kunst ist jedoch weiter von der Aesthetik abgerückt, als die Architektur. Denn da der Paläste und Kirchen nicht viel gebaut werden, so mußten sich die Baukünstler schon des gewöhnlichen Häuserbaus bemächtigen. Jn einigen Dingen sind sie hier den Maurermeistern überlegen; sonst aber

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[267/0269] Geben wir nun den allgemeinen Charakter der verschiedenen Künste in unserer Epoche an! Von den Schwierigkeiten, die der Entfaltung einer derselben entgegenstehen, sprachen wir schon oben. Die Architektur hat aufgehört, als eine Kunstentfaltung mit der Culturhöhe der Zeit gleichzustehen. Wenn bei Griechen und Altdeutschen die religiösen Empfindungen sich verbauten, so wohnet uns die Gottheit nicht mehr in Tempeln, von Menschenhänden gemacht. Unser überschweifender Sinn kann an Oertlichkeiten nicht mehr gefesselt werden. Die Schnelligkeit, mit der wir den Raum überwinden, macht uns den durch die Form der Erhabenheit gefesselten Raum gleichgültig. Der neue Baugeschmack ist eklektisch. Nach Außen sehen wir wohl die korinthische Säulenreihe, aber nach Jnnen sind unsere Prachtgebäude holländisch bequem eingerichtet, mit Luftheizung und rauchlosen Schornsteinen. Großartige Gebäude wurden in neuerer Zeit errichtet, Jnvalidenhäuser, Lazarethe, Deputirtenkammern. Erhabenheit und Pracht werden hier vermieden. Nur eine gefällige Schönheit wird erzielt und in möglichster Nachahmung des griechischen Baustyls gefunden. Keine Kunst ist jedoch weiter von der Aesthetik abgerückt, als die Architektur. Denn da der Paläste und Kirchen nicht viel gebaut werden, so mußten sich die Baukünstler schon des gewöhnlichen Häuserbaus bemächtigen. Jn einigen Dingen sind sie hier den Maurermeistern überlegen; sonst aber

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/269>, abgerufen am 22.11.2024.