Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Bestehenden werfen, vergegenwärtigt uns die Politik der Tuilerien. Jm Allgemeinen wird man eingestehen müssen, daß die Revolution sich allmälig um das Recht ihrer Entscheidung, ja sogar um das Recht der Jnitiative gebracht hat. Alles an ihr Formelle hat sich compromittirt, alles Reelle hat wenigstens dadurch, daß es selbst von denen, die ihr widerstrebten, angenommen werden mußte, sich dem Vorurtheile nicht entziehen können, daß es auch ohne gewaltsam angewandte Mittel würde erreicht worden seyn. Eine solche Ueberzeugung kann aber nicht durchdringen, wenn sich nicht auch auf der andern Seite das Gegentheil der Revolution mit den Berufungen, Appellationen, mit den scheinbaren Rechtsbegründungen derselben abzufinden sucht. Es ist durch den Ursprung und den Fortgang der Macht Louis Philipps klar genug bewiesen, daß die bloß einseitige Bekämpfung der Revolution zwar einen momentanen Sieg erzwingen kann, aber dabei doch ohne Resultate ist, weil mit dem Siege auf der andern Seite keine vollständige Niederlage verbunden war. Man vernichtet die Revolution nur dadurch, daß man sich bemüht, ihr nichts zum Vorwande dienen zu lassen. Es dürfen die strengsten Gesetze nur gegen den Mißbrauch der Freiheit gerichtet seyn. Die Freiheit selbst muß dagegen Ziel, Mittel und Weg jeder Maßregel werden, welche für die Politik einige Dauer verspricht. Die Grundlage der Bestehenden werfen, vergegenwärtigt uns die Politik der Tuilerien. Jm Allgemeinen wird man eingestehen müssen, daß die Revolution sich allmälig um das Recht ihrer Entscheidung, ja sogar um das Recht der Jnitiative gebracht hat. Alles an ihr Formelle hat sich compromittirt, alles Reelle hat wenigstens dadurch, daß es selbst von denen, die ihr widerstrebten, angenommen werden mußte, sich dem Vorurtheile nicht entziehen können, daß es auch ohne gewaltsam angewandte Mittel würde erreicht worden seyn. Eine solche Ueberzeugung kann aber nicht durchdringen, wenn sich nicht auch auf der andern Seite das Gegentheil der Revolution mit den Berufungen, Appellationen, mit den scheinbaren Rechtsbegründungen derselben abzufinden sucht. Es ist durch den Ursprung und den Fortgang der Macht Louis Philipps klar genug bewiesen, daß die bloß einseitige Bekämpfung der Revolution zwar einen momentanen Sieg erzwingen kann, aber dabei doch ohne Resultate ist, weil mit dem Siege auf der andern Seite keine vollständige Niederlage verbunden war. Man vernichtet die Revolution nur dadurch, daß man sich bemüht, ihr nichts zum Vorwande dienen zu lassen. Es dürfen die strengsten Gesetze nur gegen den Mißbrauch der Freiheit gerichtet seyn. Die Freiheit selbst muß dagegen Ziel, Mittel und Weg jeder Maßregel werden, welche für die Politik einige Dauer verspricht. Die Grundlage der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0400" n="398"/> Bestehenden werfen, vergegenwärtigt uns die Politik der Tuilerien.</p> <p>Jm Allgemeinen wird man eingestehen müssen, daß die Revolution sich allmälig um das Recht ihrer Entscheidung, ja sogar um das Recht der Jnitiative gebracht hat. Alles an ihr Formelle hat sich compromittirt, alles Reelle hat wenigstens dadurch, daß es selbst von denen, die ihr widerstrebten, angenommen werden mußte, sich dem Vorurtheile nicht entziehen können, daß es auch ohne gewaltsam angewandte Mittel würde erreicht worden seyn. Eine solche Ueberzeugung kann aber nicht durchdringen, wenn sich nicht auch auf der andern Seite das Gegentheil der Revolution mit den Berufungen, Appellationen, mit den scheinbaren Rechtsbegründungen derselben abzufinden sucht. Es ist durch den Ursprung und den Fortgang der Macht <hi rendition="#g">Louis Philipps</hi> klar genug bewiesen, daß die bloß einseitige Bekämpfung der Revolution zwar einen momentanen Sieg erzwingen kann, aber dabei doch ohne Resultate ist, weil mit dem Siege auf der andern Seite keine vollständige Niederlage verbunden war. Man vernichtet die Revolution nur dadurch, daß man sich bemüht, ihr nichts zum Vorwande dienen zu lassen. Es dürfen die strengsten Gesetze nur gegen den Mißbrauch der Freiheit gerichtet seyn. Die Freiheit selbst muß dagegen Ziel, Mittel und Weg jeder Maßregel werden, welche für die Politik einige Dauer verspricht. Die Grundlage der </p> </div> </body> </text> </TEI> [398/0400]
Bestehenden werfen, vergegenwärtigt uns die Politik der Tuilerien.
Jm Allgemeinen wird man eingestehen müssen, daß die Revolution sich allmälig um das Recht ihrer Entscheidung, ja sogar um das Recht der Jnitiative gebracht hat. Alles an ihr Formelle hat sich compromittirt, alles Reelle hat wenigstens dadurch, daß es selbst von denen, die ihr widerstrebten, angenommen werden mußte, sich dem Vorurtheile nicht entziehen können, daß es auch ohne gewaltsam angewandte Mittel würde erreicht worden seyn. Eine solche Ueberzeugung kann aber nicht durchdringen, wenn sich nicht auch auf der andern Seite das Gegentheil der Revolution mit den Berufungen, Appellationen, mit den scheinbaren Rechtsbegründungen derselben abzufinden sucht. Es ist durch den Ursprung und den Fortgang der Macht Louis Philipps klar genug bewiesen, daß die bloß einseitige Bekämpfung der Revolution zwar einen momentanen Sieg erzwingen kann, aber dabei doch ohne Resultate ist, weil mit dem Siege auf der andern Seite keine vollständige Niederlage verbunden war. Man vernichtet die Revolution nur dadurch, daß man sich bemüht, ihr nichts zum Vorwande dienen zu lassen. Es dürfen die strengsten Gesetze nur gegen den Mißbrauch der Freiheit gerichtet seyn. Die Freiheit selbst muß dagegen Ziel, Mittel und Weg jeder Maßregel werden, welche für die Politik einige Dauer verspricht. Die Grundlage der
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/400>, abgerufen am 16.07.2024. |