Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

Beförderung der materiellen Jnteressen den einen Theil Frankreichs sich verpflichten, und den andern in die Apathie werfen. Diese Politik wird damit enden, daß Frankreich in jene unbedeutende Stellung tritt, welche es in der Mitte des vorigen Jahrhunderts einnahm. Die kleine Debatte, die man dem Franzosen immer wird erlauben müssen, wird sie glauben machen, sie trügen das Schicksal der Welt auf der Schwungkraft ihrer Zunge: allein Frankreich wird sich in seinen Jmpulsen auf den Fortschritt politischer Aufklärung erschöpft haben. Jhre Position wird nur Theorien haben, die schon widerlegt sind, und die Regierung wird nur eine einfache Thatsache ohne große Meinungscircumflexe seyn wollen. Was muß dann eintreten? England mit seinen lebensfrischen, von Geschichte und Erfahrung strotzenden Jnteressen tritt in den Vordergrund, entwickelt und löst die schwierigen Knoten, die sich in seiner Politik gegenwärtig zusammenknüpfen, und wird für Europa nicht bloß ein Schauspiel des Auges, sondern noch weit mehr eine Bildungsschule der besseren Einsicht. Niemals wird Europa dasjenige geradezu nachahmen, was England ihm vormacht, weil England überhaupt nichts machen kann, das nicht mit dem Maße seiner gegebenen Zustände auf das Engste zusammenhängt; allein es wird eine moralische Wirksamkeit seyn, welche von der Lösung aller jener Fragen, die jezt in England mit so viel Schroffheit auf die Spitze gestellt

Beförderung der materiellen Jnteressen den einen Theil Frankreichs sich verpflichten, und den andern in die Apathie werfen. Diese Politik wird damit enden, daß Frankreich in jene unbedeutende Stellung tritt, welche es in der Mitte des vorigen Jahrhunderts einnahm. Die kleine Debatte, die man dem Franzosen immer wird erlauben müssen, wird sie glauben machen, sie trügen das Schicksal der Welt auf der Schwungkraft ihrer Zunge: allein Frankreich wird sich in seinen Jmpulsen auf den Fortschritt politischer Aufklärung erschöpft haben. Jhre Position wird nur Theorien haben, die schon widerlegt sind, und die Regierung wird nur eine einfache Thatsache ohne große Meinungscircumflexe seyn wollen. Was muß dann eintreten? England mit seinen lebensfrischen, von Geschichte und Erfahrung strotzenden Jnteressen tritt in den Vordergrund, entwickelt und löst die schwierigen Knoten, die sich in seiner Politik gegenwärtig zusammenknüpfen, und wird für Europa nicht bloß ein Schauspiel des Auges, sondern noch weit mehr eine Bildungsschule der besseren Einsicht. Niemals wird Europa dasjenige geradezu nachahmen, was England ihm vormacht, weil England überhaupt nichts machen kann, das nicht mit dem Maße seiner gegebenen Zustände auf das Engste zusammenhängt; allein es wird eine moralische Wirksamkeit seyn, welche von der Lösung aller jener Fragen, die jezt in England mit so viel Schroffheit auf die Spitze gestellt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0410" n="408"/>
Beförderung der materiellen Jnteressen den einen Theil Frankreichs sich verpflichten, und den andern in die Apathie werfen. Diese Politik wird damit enden, daß Frankreich in jene unbedeutende Stellung tritt, welche es in der Mitte des vorigen Jahrhunderts einnahm. Die kleine Debatte, die man dem Franzosen immer wird erlauben müssen, wird sie glauben machen, sie trügen das Schicksal der Welt auf der Schwungkraft ihrer Zunge: allein Frankreich wird sich in seinen Jmpulsen auf den Fortschritt politischer Aufklärung erschöpft haben. Jhre Position wird nur Theorien haben, die schon widerlegt sind, und die Regierung wird nur eine einfache Thatsache ohne große Meinungscircumflexe seyn wollen. Was muß dann eintreten? England mit seinen lebensfrischen, von Geschichte und Erfahrung strotzenden Jnteressen tritt in den Vordergrund, entwickelt und löst die schwierigen Knoten, die sich in seiner Politik gegenwärtig zusammenknüpfen, und wird für Europa nicht bloß ein Schauspiel des Auges, sondern noch weit mehr eine Bildungsschule der besseren Einsicht. Niemals wird Europa dasjenige geradezu nachahmen, was England ihm vormacht, weil England überhaupt nichts machen kann, das nicht mit dem Maße seiner gegebenen Zustände auf das Engste zusammenhängt; allein es wird eine moralische Wirksamkeit seyn, welche von der Lösung aller jener Fragen, die jezt in England mit so viel Schroffheit auf die Spitze gestellt
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[408/0410] Beförderung der materiellen Jnteressen den einen Theil Frankreichs sich verpflichten, und den andern in die Apathie werfen. Diese Politik wird damit enden, daß Frankreich in jene unbedeutende Stellung tritt, welche es in der Mitte des vorigen Jahrhunderts einnahm. Die kleine Debatte, die man dem Franzosen immer wird erlauben müssen, wird sie glauben machen, sie trügen das Schicksal der Welt auf der Schwungkraft ihrer Zunge: allein Frankreich wird sich in seinen Jmpulsen auf den Fortschritt politischer Aufklärung erschöpft haben. Jhre Position wird nur Theorien haben, die schon widerlegt sind, und die Regierung wird nur eine einfache Thatsache ohne große Meinungscircumflexe seyn wollen. Was muß dann eintreten? England mit seinen lebensfrischen, von Geschichte und Erfahrung strotzenden Jnteressen tritt in den Vordergrund, entwickelt und löst die schwierigen Knoten, die sich in seiner Politik gegenwärtig zusammenknüpfen, und wird für Europa nicht bloß ein Schauspiel des Auges, sondern noch weit mehr eine Bildungsschule der besseren Einsicht. Niemals wird Europa dasjenige geradezu nachahmen, was England ihm vormacht, weil England überhaupt nichts machen kann, das nicht mit dem Maße seiner gegebenen Zustände auf das Engste zusammenhängt; allein es wird eine moralische Wirksamkeit seyn, welche von der Lösung aller jener Fragen, die jezt in England mit so viel Schroffheit auf die Spitze gestellt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/410
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/410>, abgerufen am 21.11.2024.