Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Nationalsubscriptionen und belohnte die heldenmüthigen Vertheidiger von Bilbao mit den Titeln der Hochwohlgeborenheit und der Excellenz. Zulezt ist Glanz, sey es der Ehre, oder des Goldes, immer die größte Macht der Magie. Spanien ist naiv genug, an die Flitter vergänglicher Ehre zu glauben. Gewisse Deklamationen dagegen auf der Tribüne oder in den Journalen wirken im phantastischen Süden nicht so, wie im reflektiven Norden, und dieser Unterschied geht sogar so weit, daß fast alle Appellation an die Theorie der Menschenrechte, diese ganze Dialektik neuzeitiger, aufgeklärter Begriffe über die Verhältnisse des Staats, die Spanier zum größten Theile kalt lassen, weil diese Bildung immer die Farbe ihres ausländischen Ursprungs nicht verläugnen kann. Die Spanier lieben die Sentenz, die Phrase, den Kothurn, aber Prunk und Pracht muß dabei entfaltet werden. Der Spanier will zu gleicher Zeit seine Phantasie und seinen Verstand beschäftigt wissen; er adoptirt die Menschenrechte und folgt dem Triumphwagen einer leichtsinnigen Königin. Beide Hinneigungen mit einander zu verbinden, zu gleicher Zeit den Ehrgeiz und das Nachdenken in jenem Lande zu sättigen, die Nation wie Kinder und Männer behandeln, - das ist die Politik, welche die Staatsmänner jenes Landes befolgen müssen. Für Europa ergibt sich daraus nicht viel; die Mischungen der jetzigen spanischen Geschichte sind so heterogen, daß auch nicht Nationalsubscriptionen und belohnte die heldenmüthigen Vertheidiger von Bilbao mit den Titeln der Hochwohlgeborenheit und der Excellenz. Zulezt ist Glanz, sey es der Ehre, oder des Goldes, immer die größte Macht der Magie. Spanien ist naiv genug, an die Flitter vergänglicher Ehre zu glauben. Gewisse Deklamationen dagegen auf der Tribüne oder in den Journalen wirken im phantastischen Süden nicht so, wie im reflektiven Norden, und dieser Unterschied geht sogar so weit, daß fast alle Appellation an die Theorie der Menschenrechte, diese ganze Dialektik neuzeitiger, aufgeklärter Begriffe über die Verhältnisse des Staats, die Spanier zum größten Theile kalt lassen, weil diese Bildung immer die Farbe ihres ausländischen Ursprungs nicht verläugnen kann. Die Spanier lieben die Sentenz, die Phrase, den Kothurn, aber Prunk und Pracht muß dabei entfaltet werden. Der Spanier will zu gleicher Zeit seine Phantasie und seinen Verstand beschäftigt wissen; er adoptirt die Menschenrechte und folgt dem Triumphwagen einer leichtsinnigen Königin. Beide Hinneigungen mit einander zu verbinden, zu gleicher Zeit den Ehrgeiz und das Nachdenken in jenem Lande zu sättigen, die Nation wie Kinder und Männer behandeln, – das ist die Politik, welche die Staatsmänner jenes Landes befolgen müssen. Für Europa ergibt sich daraus nicht viel; die Mischungen der jetzigen spanischen Geschichte sind so heterogen, daß auch nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0422" n="420"/> Nationalsubscriptionen und belohnte die heldenmüthigen Vertheidiger von Bilbao mit den Titeln der Hochwohlgeborenheit und der Excellenz. Zulezt ist Glanz, sey es der Ehre, oder des Goldes, immer die größte Macht der Magie. Spanien ist naiv genug, an die Flitter vergänglicher Ehre zu glauben. Gewisse Deklamationen dagegen auf der Tribüne oder in den Journalen wirken im phantastischen Süden nicht so, wie im reflektiven Norden, und dieser Unterschied geht sogar so weit, daß fast alle Appellation an die Theorie der Menschenrechte, diese ganze Dialektik neuzeitiger, aufgeklärter Begriffe über die Verhältnisse des Staats, die Spanier zum größten Theile kalt lassen, weil diese Bildung immer die Farbe ihres ausländischen Ursprungs nicht verläugnen kann. Die Spanier lieben die Sentenz, die Phrase, den Kothurn, aber Prunk und Pracht muß dabei entfaltet werden. Der Spanier will zu gleicher Zeit seine Phantasie und seinen Verstand beschäftigt wissen; er adoptirt die Menschenrechte und folgt dem Triumphwagen einer leichtsinnigen Königin. Beide Hinneigungen mit einander zu verbinden, zu gleicher Zeit den Ehrgeiz und das Nachdenken in jenem Lande zu sättigen, die Nation wie Kinder und Männer behandeln, – das ist die Politik, welche die Staatsmänner jenes Landes befolgen müssen. Für Europa ergibt sich daraus nicht viel; die Mischungen der jetzigen spanischen Geschichte sind so heterogen, daß auch nicht </p> </div> </body> </text> </TEI> [420/0422]
Nationalsubscriptionen und belohnte die heldenmüthigen Vertheidiger von Bilbao mit den Titeln der Hochwohlgeborenheit und der Excellenz. Zulezt ist Glanz, sey es der Ehre, oder des Goldes, immer die größte Macht der Magie. Spanien ist naiv genug, an die Flitter vergänglicher Ehre zu glauben. Gewisse Deklamationen dagegen auf der Tribüne oder in den Journalen wirken im phantastischen Süden nicht so, wie im reflektiven Norden, und dieser Unterschied geht sogar so weit, daß fast alle Appellation an die Theorie der Menschenrechte, diese ganze Dialektik neuzeitiger, aufgeklärter Begriffe über die Verhältnisse des Staats, die Spanier zum größten Theile kalt lassen, weil diese Bildung immer die Farbe ihres ausländischen Ursprungs nicht verläugnen kann. Die Spanier lieben die Sentenz, die Phrase, den Kothurn, aber Prunk und Pracht muß dabei entfaltet werden. Der Spanier will zu gleicher Zeit seine Phantasie und seinen Verstand beschäftigt wissen; er adoptirt die Menschenrechte und folgt dem Triumphwagen einer leichtsinnigen Königin. Beide Hinneigungen mit einander zu verbinden, zu gleicher Zeit den Ehrgeiz und das Nachdenken in jenem Lande zu sättigen, die Nation wie Kinder und Männer behandeln, – das ist die Politik, welche die Staatsmänner jenes Landes befolgen müssen. Für Europa ergibt sich daraus nicht viel; die Mischungen der jetzigen spanischen Geschichte sind so heterogen, daß auch nicht
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