Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

auf dem Fuße folgen. Durch Frankreichs Herabstimmungen seiner freundschaftlichen Beziehungen zu England und eine Hinneigung zur russischen Allianz, von der man nicht weiß, ob sie ihren Grund in Ueberzeugung oder Bestechung gehabt hat, wurde allmälig der orientalische Horizont dem mißtrauischen Auge der englischen Politik entrückt. Denn England, so stark es sich glaubt, mag ohne französische, wenn auch nur moralische Unterstützung gegen Rußland nichts unternehmen. Rußland war auch, wenn es nicht vollends die Flamme des Krieges hätte wollen ausbrechen lassen, genöthigt, seine etwas vorschnell auf die Riegel der Pforte gelegte Hand wieder zurückzuziehen. Rußland hat noch keinen Krieg gegen England geführt, und weiß recht gut, daß ihm diese Nation selbst die Mittel zu einem ausdauernden Verfahren hätte vorschießen müssen, was nicht geschehen wäre; Rußland hatte außerdem einige Versprechungen zu erfüllen, denen es ohne Eklat sich nicht entziehen konnte. Es räumte Silistria; es begnügte sich, einen Theil seines Einflusses auf die Pforte nur noch in den Fürstenthümern oberhalb der Donau geltend zu machen, ja sogar der andere noch zurückbleibende Theil wurde durch eine zur Schlichtung der Churchillschen Affaire erfolgte Absetzung eines russisch gesinnten Seraskiers sehr beschränkt. Rechnet man noch hinzu, eine andere große europäische Macht, wie wenigstens die Berichte der allgemeinen Zeitung versichert haben,

auf dem Fuße folgen. Durch Frankreichs Herabstimmungen seiner freundschaftlichen Beziehungen zu England und eine Hinneigung zur russischen Allianz, von der man nicht weiß, ob sie ihren Grund in Ueberzeugung oder Bestechung gehabt hat, wurde allmälig der orientalische Horizont dem mißtrauischen Auge der englischen Politik entrückt. Denn England, so stark es sich glaubt, mag ohne französische, wenn auch nur moralische Unterstützung gegen Rußland nichts unternehmen. Rußland war auch, wenn es nicht vollends die Flamme des Krieges hätte wollen ausbrechen lassen, genöthigt, seine etwas vorschnell auf die Riegel der Pforte gelegte Hand wieder zurückzuziehen. Rußland hat noch keinen Krieg gegen England geführt, und weiß recht gut, daß ihm diese Nation selbst die Mittel zu einem ausdauernden Verfahren hätte vorschießen müssen, was nicht geschehen wäre; Rußland hatte außerdem einige Versprechungen zu erfüllen, denen es ohne Eklat sich nicht entziehen konnte. Es räumte Silistria; es begnügte sich, einen Theil seines Einflusses auf die Pforte nur noch in den Fürstenthümern oberhalb der Donau geltend zu machen, ja sogar der andere noch zurückbleibende Theil wurde durch eine zur Schlichtung der Churchillschen Affaire erfolgte Absetzung eines russisch gesinnten Seraskiers sehr beschränkt. Rechnet man noch hinzu, eine andere große europäische Macht, wie wenigstens die Berichte der allgemeinen Zeitung versichert haben,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0427" n="425"/>
auf dem Fuße folgen. Durch Frankreichs Herabstimmungen seiner freundschaftlichen Beziehungen zu England und eine Hinneigung zur russischen Allianz, von der man nicht weiß, ob sie ihren Grund in Ueberzeugung oder Bestechung gehabt hat, wurde allmälig der orientalische Horizont dem mißtrauischen Auge der englischen Politik entrückt. Denn England, so stark es sich glaubt, mag ohne französische, wenn auch nur moralische Unterstützung gegen Rußland nichts unternehmen. Rußland war auch, wenn es nicht vollends die Flamme des Krieges hätte wollen ausbrechen lassen, genöthigt, seine etwas vorschnell auf die Riegel der Pforte gelegte Hand wieder zurückzuziehen. Rußland hat noch keinen Krieg gegen England geführt, und weiß recht gut, daß ihm diese Nation selbst die Mittel zu einem ausdauernden Verfahren hätte vorschießen müssen, was nicht geschehen wäre; Rußland hatte außerdem einige Versprechungen zu erfüllen, denen es ohne Eklat sich nicht entziehen konnte. Es räumte Silistria; es begnügte sich, einen Theil seines Einflusses auf die Pforte nur noch in den Fürstenthümern oberhalb der Donau geltend zu machen, ja sogar der andere noch zurückbleibende Theil wurde durch eine zur Schlichtung der Churchillschen Affaire erfolgte Absetzung eines russisch gesinnten <hi rendition="#g">Seraskiers</hi> sehr beschränkt. Rechnet man noch hinzu, eine andere große europäische Macht, wie wenigstens die Berichte der allgemeinen Zeitung versichert haben,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[425/0427] auf dem Fuße folgen. Durch Frankreichs Herabstimmungen seiner freundschaftlichen Beziehungen zu England und eine Hinneigung zur russischen Allianz, von der man nicht weiß, ob sie ihren Grund in Ueberzeugung oder Bestechung gehabt hat, wurde allmälig der orientalische Horizont dem mißtrauischen Auge der englischen Politik entrückt. Denn England, so stark es sich glaubt, mag ohne französische, wenn auch nur moralische Unterstützung gegen Rußland nichts unternehmen. Rußland war auch, wenn es nicht vollends die Flamme des Krieges hätte wollen ausbrechen lassen, genöthigt, seine etwas vorschnell auf die Riegel der Pforte gelegte Hand wieder zurückzuziehen. Rußland hat noch keinen Krieg gegen England geführt, und weiß recht gut, daß ihm diese Nation selbst die Mittel zu einem ausdauernden Verfahren hätte vorschießen müssen, was nicht geschehen wäre; Rußland hatte außerdem einige Versprechungen zu erfüllen, denen es ohne Eklat sich nicht entziehen konnte. Es räumte Silistria; es begnügte sich, einen Theil seines Einflusses auf die Pforte nur noch in den Fürstenthümern oberhalb der Donau geltend zu machen, ja sogar der andere noch zurückbleibende Theil wurde durch eine zur Schlichtung der Churchillschen Affaire erfolgte Absetzung eines russisch gesinnten Seraskiers sehr beschränkt. Rechnet man noch hinzu, eine andere große europäische Macht, wie wenigstens die Berichte der allgemeinen Zeitung versichert haben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/427
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/427>, abgerufen am 21.11.2024.