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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Stimmung vorhanden wäre. Plump und verbrecherisch scheinen mir die Angriffe auf die Ehe selbst; während alles, was an ihr mißfällt, nur Symptom von Uebeln ist, die anderwärts versteckt liegen und die nur zufällig in der Ehe wahrgenommen werden. Wenn wir auf mangelhafte Verhältnisse in der Ehe stoßen, so sind diese nur die Folge eines Versehens, was in dem schon vorhergegangenen Stande der Liebe begangen. Die heutigen Schriftsteller sollten weit mehr über diese nachdenken und die begleitenden Umstände der Außenwelt erwägen, als daß sie sich in metaphysische Spitzfindigkeiten über die Ehe einlassen und wohl gar darauf hinauskommen, die Formen des Barbarismus für nothwendige Potenzen unsrer heutigen Bildung zu halten. Es ist schwer, daß gegenwärtig noch Dichter über die Ehe nachdenken und nicht den Anomalien derselben ihre poetische Darstellung und Entschuldigung widmen sollten. Jch glaube nicht, daß dies Frivolität oder bei so viel verbrauchten Stoffen eine Jmpotenz ist, sondern den Dichter trägt allerdings die Welle des Tages und der Geist der Zeit bläst in die Segel seines Fahrzeuges hinein; der Dichter fühlt ein Uebel und sucht es abzuwenden, indem er es schildert oder ihm einen Kontrast des Gegentheils als Spiegel gegenüberhält. Dennoch sollte mit der Phantasie nicht auch zugleich der besonnene Verstand sich fortreißen lassen. Der Dichter, als nüchterner Philosoph, sollte sich gestehen, daß wir

Stimmung vorhanden wäre. Plump und verbrecherisch scheinen mir die Angriffe auf die Ehe selbst; während alles, was an ihr mißfällt, nur Symptom von Uebeln ist, die anderwärts versteckt liegen und die nur zufällig in der Ehe wahrgenommen werden. Wenn wir auf mangelhafte Verhältnisse in der Ehe stoßen, so sind diese nur die Folge eines Versehens, was in dem schon vorhergegangenen Stande der Liebe begangen. Die heutigen Schriftsteller sollten weit mehr über diese nachdenken und die begleitenden Umstände der Außenwelt erwägen, als daß sie sich in metaphysische Spitzfindigkeiten über die Ehe einlassen und wohl gar darauf hinauskommen, die Formen des Barbarismus für nothwendige Potenzen unsrer heutigen Bildung zu halten. Es ist schwer, daß gegenwärtig noch Dichter über die Ehe nachdenken und nicht den Anomalien derselben ihre poetische Darstellung und Entschuldigung widmen sollten. Jch glaube nicht, daß dies Frivolität oder bei so viel verbrauchten Stoffen eine Jmpotenz ist, sondern den Dichter trägt allerdings die Welle des Tages und der Geist der Zeit bläst in die Segel seines Fahrzeuges hinein; der Dichter fühlt ein Uebel und sucht es abzuwenden, indem er es schildert oder ihm einen Kontrast des Gegentheils als Spiegel gegenüberhält. Dennoch sollte mit der Phantasie nicht auch zugleich der besonnene Verstand sich fortreißen lassen. Der Dichter, als nüchterner Philosoph, sollte sich gestehen, daß wir

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[44/0046] Stimmung vorhanden wäre. Plump und verbrecherisch scheinen mir die Angriffe auf die Ehe selbst; während alles, was an ihr mißfällt, nur Symptom von Uebeln ist, die anderwärts versteckt liegen und die nur zufällig in der Ehe wahrgenommen werden. Wenn wir auf mangelhafte Verhältnisse in der Ehe stoßen, so sind diese nur die Folge eines Versehens, was in dem schon vorhergegangenen Stande der Liebe begangen. Die heutigen Schriftsteller sollten weit mehr über diese nachdenken und die begleitenden Umstände der Außenwelt erwägen, als daß sie sich in metaphysische Spitzfindigkeiten über die Ehe einlassen und wohl gar darauf hinauskommen, die Formen des Barbarismus für nothwendige Potenzen unsrer heutigen Bildung zu halten. Es ist schwer, daß gegenwärtig noch Dichter über die Ehe nachdenken und nicht den Anomalien derselben ihre poetische Darstellung und Entschuldigung widmen sollten. Jch glaube nicht, daß dies Frivolität oder bei so viel verbrauchten Stoffen eine Jmpotenz ist, sondern den Dichter trägt allerdings die Welle des Tages und der Geist der Zeit bläst in die Segel seines Fahrzeuges hinein; der Dichter fühlt ein Uebel und sucht es abzuwenden, indem er es schildert oder ihm einen Kontrast des Gegentheils als Spiegel gegenüberhält. Dennoch sollte mit der Phantasie nicht auch zugleich der besonnene Verstand sich fortreißen lassen. Der Dichter, als nüchterner Philosoph, sollte sich gestehen, daß wir

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/46>, abgerufen am 21.11.2024.