Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.von Zerstreuung und Sinnlichkeit, um nur niemals mit sich allein zu seyn oder durch irgend etwas an die Unbesonnenheit ihres Schrittes erinnert zu werden. Restif de la Bretonne hat in seiner kolossalen, witzigen und nicht selten sentimentalen Unsittlichkeit den Vorschlag gemacht, große Kasernen für die Preisgebung einzurichten, Tempel, wie der der Hierodulen in Korinth, in jeder Stadt ein Parthenon, statt der Minerva, der Venus gewidmet. Vorn sollte man sich abonniren und hinten bekehren können. Vorn war der Tarif der Sünde angeschlagen und hinten lag eine Kirche, in die jeder, der Buße thun wollte, einkehrte. Pariser und Londoner Projektenmacher haben noch andre einfachere Mittel versucht; allein das einzig wirksame wird nur darin bestehen, daß man die polizeilichen Vorschriften, welche gegeben werden, mit Nachdruck durchführt, daß sich die Schergen derselben nicht bestechen, daß die jungen Aerzte und Polizeichefs sich selber nicht verführen lassen, sondern daß sich dem Fanatismus des Lasters ein Fanatismus der Tugend gegenüberstellt. Jn dieser Rücksicht wird das Meiste verfehlt. Die Unsittlichkeit hat nicht selten die Genugthuung, daß der strenge Richter, der in Gegenwart vieler Zeugen unerbittlich war, unter vier Augen plötzlich seinen Ton verändert. Man wähle für das Sittenbureau der Polizei nur erprobte und charakterfeste Beamte; denn Alles, was in dieser Rücksicht von Zerstreuung und Sinnlichkeit, um nur niemals mit sich allein zu seyn oder durch irgend etwas an die Unbesonnenheit ihres Schrittes erinnert zu werden. Restif de la Bretonne hat in seiner kolossalen, witzigen und nicht selten sentimentalen Unsittlichkeit den Vorschlag gemacht, große Kasernen für die Preisgebung einzurichten, Tempel, wie der der Hierodulen in Korinth, in jeder Stadt ein Parthenon, statt der Minerva, der Venus gewidmet. Vorn sollte man sich abonniren und hinten bekehren können. Vorn war der Tarif der Sünde angeschlagen und hinten lag eine Kirche, in die jeder, der Buße thun wollte, einkehrte. Pariser und Londoner Projektenmacher haben noch andre einfachere Mittel versucht; allein das einzig wirksame wird nur darin bestehen, daß man die polizeilichen Vorschriften, welche gegeben werden, mit Nachdruck durchführt, daß sich die Schergen derselben nicht bestechen, daß die jungen Aerzte und Polizeichefs sich selber nicht verführen lassen, sondern daß sich dem Fanatismus des Lasters ein Fanatismus der Tugend gegenüberstellt. Jn dieser Rücksicht wird das Meiste verfehlt. Die Unsittlichkeit hat nicht selten die Genugthuung, daß der strenge Richter, der in Gegenwart vieler Zeugen unerbittlich war, unter vier Augen plötzlich seinen Ton verändert. Man wähle für das Sittenbureau der Polizei nur erprobte und charakterfeste Beamte; denn Alles, was in dieser Rücksicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="56"/> von Zerstreuung und Sinnlichkeit, um nur niemals mit sich allein zu seyn oder durch irgend etwas an die Unbesonnenheit ihres Schrittes erinnert zu werden.</p> <p><hi rendition="#g">Restif de la Bretonne</hi> hat in seiner kolossalen, witzigen und nicht selten sentimentalen Unsittlichkeit den Vorschlag gemacht, große Kasernen für die Preisgebung einzurichten, Tempel, wie der der Hierodulen in Korinth, in jeder Stadt ein Parthenon, statt der Minerva, der Venus gewidmet. Vorn sollte man sich abonniren und hinten bekehren können. Vorn war der Tarif der Sünde angeschlagen und hinten lag eine Kirche, in die jeder, der Buße thun wollte, einkehrte. Pariser und Londoner Projektenmacher haben noch andre einfachere Mittel versucht; allein das einzig wirksame wird nur darin bestehen, daß man die polizeilichen Vorschriften, welche gegeben werden, <hi rendition="#g">mit Nachdruck</hi> durchführt, daß sich die Schergen derselben nicht bestechen, daß die jungen Aerzte und Polizeichefs sich selber nicht verführen lassen, sondern daß sich dem Fanatismus des Lasters ein Fanatismus der Tugend gegenüberstellt. Jn dieser Rücksicht wird das Meiste verfehlt. Die Unsittlichkeit hat nicht selten die Genugthuung, daß der strenge Richter, der in Gegenwart vieler Zeugen unerbittlich war, unter vier Augen plötzlich seinen Ton verändert. Man wähle für das Sittenbureau der Polizei nur erprobte und charakterfeste Beamte; denn Alles, was in dieser Rücksicht </p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0058]
von Zerstreuung und Sinnlichkeit, um nur niemals mit sich allein zu seyn oder durch irgend etwas an die Unbesonnenheit ihres Schrittes erinnert zu werden.
Restif de la Bretonne hat in seiner kolossalen, witzigen und nicht selten sentimentalen Unsittlichkeit den Vorschlag gemacht, große Kasernen für die Preisgebung einzurichten, Tempel, wie der der Hierodulen in Korinth, in jeder Stadt ein Parthenon, statt der Minerva, der Venus gewidmet. Vorn sollte man sich abonniren und hinten bekehren können. Vorn war der Tarif der Sünde angeschlagen und hinten lag eine Kirche, in die jeder, der Buße thun wollte, einkehrte. Pariser und Londoner Projektenmacher haben noch andre einfachere Mittel versucht; allein das einzig wirksame wird nur darin bestehen, daß man die polizeilichen Vorschriften, welche gegeben werden, mit Nachdruck durchführt, daß sich die Schergen derselben nicht bestechen, daß die jungen Aerzte und Polizeichefs sich selber nicht verführen lassen, sondern daß sich dem Fanatismus des Lasters ein Fanatismus der Tugend gegenüberstellt. Jn dieser Rücksicht wird das Meiste verfehlt. Die Unsittlichkeit hat nicht selten die Genugthuung, daß der strenge Richter, der in Gegenwart vieler Zeugen unerbittlich war, unter vier Augen plötzlich seinen Ton verändert. Man wähle für das Sittenbureau der Polizei nur erprobte und charakterfeste Beamte; denn Alles, was in dieser Rücksicht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-09-13T12:39:16Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |