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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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I. Empirie und Philosophie.
Viertes Capitel.
Methodik der Morphologie der Organismen.
"Wenn ein Wissen reif ist, Wissenschaft zu werden, so muss
nothwendig eine Krise entstehen: denn es wird die Differenz
offenbar zwischen denen, die das Einzelne trennen und getrennt
darstellen, und solchen, die das Allgemeine im Auge haben und
gern das Besondere an- und einfügen möchten. Wie nun aber
die wissenschaftliche, ideelle, umgreifendere Behandlung sich mehr
und mehr Freunde, Gönner und Mitarbeiter wirbt, so bleibt auf
der höheren Stufe jene Trennung zwar nicht so entschieden, aber
doch genugsam merklich." Goethe.



Viertes Capitel: Erste Hälfte.
Kritik der naturwissenschaftlichen Methoden, welche sich gegen-
seitig nothwendig ergänzen müssen.
I. Empirie und Philosophie.
(Erfahrung und Erkenntniss.)

"Die wichtigsten Wahrheiten in den Naturwissenschaften sind we-
der allein durch Zergliederung der Begriffe der Philosophie, noch allein
durch blosses Erfahren gefunden worden, sondern durch eine den-
kende Erfahrung,
welche das Wesentliche von dem Zufälligen in
der Erfahrung unterscheidet, und dadurch Grundsätze findet, aus
welchen viele Erfahrungen abgeleitet werden. Dies ist mehr als blosses
Erfahren, und wenn man will, eine philosophische Erfahrung." Jo-
hannes Müller
(Handbuch der Physiologie des Menschen. II. p. 522.)

"Vergleichen wir die morphologischen Wissenschaften mit den
physikalischen Theorieen, so müssen wir uns gestehen, dass erstere in
jeder Hinsicht unendlich weit zurück sind. Die Ursache dieser Er-
scheinung liegt nun allerdings zum Theil in dem Gegenstande, dessen
verwickeltere Verhältnisse sich noch am meisten der mathematischen
Behandlung entziehen; aber grossentheils ist auch die grosse Nichtach-
tung methodologischer Verständigung daran schuld, indem man sich

I. Empirie und Philosophie.
Viertes Capitel.
Methodik der Morphologie der Organismen.
„Wenn ein Wissen reif ist, Wissenschaft zu werden, so muss
nothwendig eine Krise entstehen: denn es wird die Differenz
offenbar zwischen denen, die das Einzelne trennen und getrennt
darstellen, und solchen, die das Allgemeine im Auge haben und
gern das Besondere an- und einfügen möchten. Wie nun aber
die wissenschaftliche, ideelle, umgreifendere Behandlung sich mehr
und mehr Freunde, Gönner und Mitarbeiter wirbt, so bleibt auf
der höheren Stufe jene Trennung zwar nicht so entschieden, aber
doch genugsam merklich.“ Goethe.



Viertes Capitel: Erste Hälfte.
Kritik der naturwissenschaftlichen Methoden, welche sich gegen-
seitig nothwendig ergänzen müssen.
I. Empirie und Philosophie.
(Erfahrung und Erkenntniss.)

„Die wichtigsten Wahrheiten in den Naturwissenschaften sind we-
der allein durch Zergliederung der Begriffe der Philosophie, noch allein
durch blosses Erfahren gefunden worden, sondern durch eine den-
kende Erfahrung,
welche das Wesentliche von dem Zufälligen in
der Erfahrung unterscheidet, und dadurch Grundsätze findet, aus
welchen viele Erfahrungen abgeleitet werden. Dies ist mehr als blosses
Erfahren, und wenn man will, eine philosophische Erfahrung.“ Jo-
hannes Müller
(Handbuch der Physiologie des Menschen. II. p. 522.)

„Vergleichen wir die morphologischen Wissenschaften mit den
physikalischen Theorieen, so müssen wir uns gestehen, dass erstere in
jeder Hinsicht unendlich weit zurück sind. Die Ursache dieser Er-
scheinung liegt nun allerdings zum Theil in dem Gegenstande, dessen
verwickeltere Verhältnisse sich noch am meisten der mathematischen
Behandlung entziehen; aber grossentheils ist auch die grosse Nichtach-
tung methodologischer Verständigung daran schuld, indem man sich

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[63/0102] I. Empirie und Philosophie. Viertes Capitel. Methodik der Morphologie der Organismen. „Wenn ein Wissen reif ist, Wissenschaft zu werden, so muss nothwendig eine Krise entstehen: denn es wird die Differenz offenbar zwischen denen, die das Einzelne trennen und getrennt darstellen, und solchen, die das Allgemeine im Auge haben und gern das Besondere an- und einfügen möchten. Wie nun aber die wissenschaftliche, ideelle, umgreifendere Behandlung sich mehr und mehr Freunde, Gönner und Mitarbeiter wirbt, so bleibt auf der höheren Stufe jene Trennung zwar nicht so entschieden, aber doch genugsam merklich.“ Goethe. Viertes Capitel: Erste Hälfte. Kritik der naturwissenschaftlichen Methoden, welche sich gegen- seitig nothwendig ergänzen müssen. I. Empirie und Philosophie. (Erfahrung und Erkenntniss.) „Die wichtigsten Wahrheiten in den Naturwissenschaften sind we- der allein durch Zergliederung der Begriffe der Philosophie, noch allein durch blosses Erfahren gefunden worden, sondern durch eine den- kende Erfahrung, welche das Wesentliche von dem Zufälligen in der Erfahrung unterscheidet, und dadurch Grundsätze findet, aus welchen viele Erfahrungen abgeleitet werden. Dies ist mehr als blosses Erfahren, und wenn man will, eine philosophische Erfahrung.“ Jo- hannes Müller (Handbuch der Physiologie des Menschen. II. p. 522.) „Vergleichen wir die morphologischen Wissenschaften mit den physikalischen Theorieen, so müssen wir uns gestehen, dass erstere in jeder Hinsicht unendlich weit zurück sind. Die Ursache dieser Er- scheinung liegt nun allerdings zum Theil in dem Gegenstande, dessen verwickeltere Verhältnisse sich noch am meisten der mathematischen Behandlung entziehen; aber grossentheils ist auch die grosse Nichtach- tung methodologischer Verständigung daran schuld, indem man sich

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/102>, abgerufen am 21.11.2024.