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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Methodik der Morphologie der Organismen.
fordern, als für die Beurtheilung und Erkenntniss der anorganischen
Natur allgemein anerkannt sind.

Von allen Gegensätzen, welche der Dualismus künstlich erzeugt und auf-
stellt, und welche der Monismus versöhnt und aufhebt, ist keiner für die
gesammte Wissenschaft wichtiger, als der auch jetzt noch meist so all-
gemein festgehaltene Gegensatz von Kraft und Stoff, von Geist und Mate-
rie, und der auf diese künstliche Antinomie gegründete Gegensatz von Er-
fahrung und Denken, von empirischer Naturwissenschaft und speculativer
Philosophie. Wir haben oben im Eingange unserer methodologischen Er-
örterungen die absolute Nothwendigkeit einer Vereinigung dieser Richtungen
nachzuweisen versucht, und wir müssen hier am Ende nochmals kurz darauf
zurückkommen, da nach unserer festesten Ueberzeugung die versöhnende Auf-
hebung dieses Gegensatzes den Anfang und das Ende, das A und das O aller
wirklichen "Wissenschaft" bildet. Leider wird ja immer noch von so vielen Sei-
ten der durchaus künstliche Gegensatz, durch welchen man Empirie und Philo-
sophie zu trennen sucht, und welcher vorzüglich einer höchst einseitigen Ver-
folgung jeder der beiden Richtungen entsprungen ist, so starr festgehalten,
dass nicht genug auf die Nothwendigkeit ihrer Versöhnung durch den Mo-
nismus hingewiesen werden kann.

Die vollendete Philosophie der Zukunft, welche wir oben als das reife
Resultat der nothwendigen und vollkommenen gegenseitigen Durchdringung
von Empirie und Philosophie bezeichnet haben, wird in der That nichts
weiter sein, als ein vollendetes System des Monismus. Freilich wird zur
Erreichung dieses hohen Zieles vor Allem die erste Vorbedingung zu er-
füllen sein, dass die Naturforscher Philosophen werden und dass sich die
Philosophen in Naturforscher umwandeln, oder dass sich, mit anderen Wor-
ten, dieser durchaus künstliche und höchst schädliche Zwiespalt aufhebt.
In der That ist, wenn wir an Beide die Anforderung einer vollständig
reifen Ausbildung auf ihrem Gebiete stellen, nicht ein Unterschied --
wir sagen, nicht ein Unterschied -- zwischen Naturforschern und Philo-
sophen, zwischen Natur-Wissenschaft und Natur-Philosophie ausfindig zu
machen. Beide sind vielmehr stets und überall ein und dasselbe. Die
höher entwickelte Zukunft wird diesen künstlich erzeugten Dualismus nicht
mehr kennen. Ihre monistische Weltanschauung wird Naturwissenschaft
und Philosophie zu dem grossen Ganzen einer einzigen allumfassenden
Wissenschaft verschmelzen.

Von dieser absoluten Wahrheit des Monismus unerschütterlich durch-
drungen, schliessen wir diese kritische und methodologische Einleitung, wie
wir sie begonnen, mit einem Ausspruche unseres unvergleichlichen Goethe:

"Weil die Materie nie ohne Geist, der Geist nie ohne Materie existirt
und wirksam sein kann, so vermag auch die Materie sich zu steigern, so-
wie sich's der Geist nicht nehmen lässt, anzuziehen und abzustossen; wie
derjenige nur allein zu denken vermag, der genugsam getrennt hat, um zu
verbinden, genugsam verbunden hat um wieder trennen zu mögen."



Methodik der Morphologie der Organismen.
fordern, als für die Beurtheilung und Erkenntniss der anorganischen
Natur allgemein anerkannt sind.

Von allen Gegensätzen, welche der Dualismus künstlich erzeugt und auf-
stellt, und welche der Monismus versöhnt und aufhebt, ist keiner für die
gesammte Wissenschaft wichtiger, als der auch jetzt noch meist so all-
gemein festgehaltene Gegensatz von Kraft und Stoff, von Geist und Mate-
rie, und der auf diese künstliche Antinomie gegründete Gegensatz von Er-
fahrung und Denken, von empirischer Naturwissenschaft und speculativer
Philosophie. Wir haben oben im Eingange unserer methodologischen Er-
örterungen die absolute Nothwendigkeit einer Vereinigung dieser Richtungen
nachzuweisen versucht, und wir müssen hier am Ende nochmals kurz darauf
zurückkommen, da nach unserer festesten Ueberzeugung die versöhnende Auf-
hebung dieses Gegensatzes den Anfang und das Ende, das A und das O aller
wirklichen „Wissenschaft“ bildet. Leider wird ja immer noch von so vielen Sei-
ten der durchaus künstliche Gegensatz, durch welchen man Empirie und Philo-
sophie zu trennen sucht, und welcher vorzüglich einer höchst einseitigen Ver-
folgung jeder der beiden Richtungen entsprungen ist, so starr festgehalten,
dass nicht genug auf die Nothwendigkeit ihrer Versöhnung durch den Mo-
nismus hingewiesen werden kann.

Die vollendete Philosophie der Zukunft, welche wir oben als das reife
Resultat der nothwendigen und vollkommenen gegenseitigen Durchdringung
von Empirie und Philosophie bezeichnet haben, wird in der That nichts
weiter sein, als ein vollendetes System des Monismus. Freilich wird zur
Erreichung dieses hohen Zieles vor Allem die erste Vorbedingung zu er-
füllen sein, dass die Naturforscher Philosophen werden und dass sich die
Philosophen in Naturforscher umwandeln, oder dass sich, mit anderen Wor-
ten, dieser durchaus künstliche und höchst schädliche Zwiespalt aufhebt.
In der That ist, wenn wir an Beide die Anforderung einer vollständig
reifen Ausbildung auf ihrem Gebiete stellen, nicht ein Unterschied —
wir sagen, nicht ein Unterschied — zwischen Naturforschern und Philo-
sophen, zwischen Natur-Wissenschaft und Natur-Philosophie ausfindig zu
machen. Beide sind vielmehr stets und überall ein und dasselbe. Die
höher entwickelte Zukunft wird diesen künstlich erzeugten Dualismus nicht
mehr kennen. Ihre monistische Weltanschauung wird Naturwissenschaft
und Philosophie zu dem grossen Ganzen einer einzigen allumfassenden
Wissenschaft verschmelzen.

Von dieser absoluten Wahrheit des Monismus unerschütterlich durch-
drungen, schliessen wir diese kritische und methodologische Einleitung, wie
wir sie begonnen, mit einem Ausspruche unseres unvergleichlichen Goethe:

„Weil die Materie nie ohne Geist, der Geist nie ohne Materie existirt
und wirksam sein kann, so vermag auch die Materie sich zu steigern, so-
wie sich’s der Geist nicht nehmen lässt, anzuziehen und abzustossen; wie
derjenige nur allein zu denken vermag, der genugsam getrennt hat, um zu
verbinden, genugsam verbunden hat um wieder trennen zu mögen.“



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[108/0147] Methodik der Morphologie der Organismen. fordern, als für die Beurtheilung und Erkenntniss der anorganischen Natur allgemein anerkannt sind. Von allen Gegensätzen, welche der Dualismus künstlich erzeugt und auf- stellt, und welche der Monismus versöhnt und aufhebt, ist keiner für die gesammte Wissenschaft wichtiger, als der auch jetzt noch meist so all- gemein festgehaltene Gegensatz von Kraft und Stoff, von Geist und Mate- rie, und der auf diese künstliche Antinomie gegründete Gegensatz von Er- fahrung und Denken, von empirischer Naturwissenschaft und speculativer Philosophie. Wir haben oben im Eingange unserer methodologischen Er- örterungen die absolute Nothwendigkeit einer Vereinigung dieser Richtungen nachzuweisen versucht, und wir müssen hier am Ende nochmals kurz darauf zurückkommen, da nach unserer festesten Ueberzeugung die versöhnende Auf- hebung dieses Gegensatzes den Anfang und das Ende, das A und das O aller wirklichen „Wissenschaft“ bildet. Leider wird ja immer noch von so vielen Sei- ten der durchaus künstliche Gegensatz, durch welchen man Empirie und Philo- sophie zu trennen sucht, und welcher vorzüglich einer höchst einseitigen Ver- folgung jeder der beiden Richtungen entsprungen ist, so starr festgehalten, dass nicht genug auf die Nothwendigkeit ihrer Versöhnung durch den Mo- nismus hingewiesen werden kann. Die vollendete Philosophie der Zukunft, welche wir oben als das reife Resultat der nothwendigen und vollkommenen gegenseitigen Durchdringung von Empirie und Philosophie bezeichnet haben, wird in der That nichts weiter sein, als ein vollendetes System des Monismus. Freilich wird zur Erreichung dieses hohen Zieles vor Allem die erste Vorbedingung zu er- füllen sein, dass die Naturforscher Philosophen werden und dass sich die Philosophen in Naturforscher umwandeln, oder dass sich, mit anderen Wor- ten, dieser durchaus künstliche und höchst schädliche Zwiespalt aufhebt. In der That ist, wenn wir an Beide die Anforderung einer vollständig reifen Ausbildung auf ihrem Gebiete stellen, nicht ein Unterschied — wir sagen, nicht ein Unterschied — zwischen Naturforschern und Philo- sophen, zwischen Natur-Wissenschaft und Natur-Philosophie ausfindig zu machen. Beide sind vielmehr stets und überall ein und dasselbe. Die höher entwickelte Zukunft wird diesen künstlich erzeugten Dualismus nicht mehr kennen. Ihre monistische Weltanschauung wird Naturwissenschaft und Philosophie zu dem grossen Ganzen einer einzigen allumfassenden Wissenschaft verschmelzen. Von dieser absoluten Wahrheit des Monismus unerschütterlich durch- drungen, schliessen wir diese kritische und methodologische Einleitung, wie wir sie begonnen, mit einem Ausspruche unseres unvergleichlichen Goethe: „Weil die Materie nie ohne Geist, der Geist nie ohne Materie existirt und wirksam sein kann, so vermag auch die Materie sich zu steigern, so- wie sich’s der Geist nicht nehmen lässt, anzuziehen und abzustossen; wie derjenige nur allein zu denken vermag, der genugsam getrennt hat, um zu verbinden, genugsam verbunden hat um wieder trennen zu mögen.“

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/147>, abgerufen am 21.11.2024.