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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Organismen und Anorgane.
Dieser die Atome rings umgebende und von einander trennende Aether
besteht selbst wieder, gleich der Materie, aus discreten Theilchen,
welche von den Atomen angezogen werden, sich selbst aber unter ein-
ander durch ihre eigene Abstossungskraft oder Repulsivkraft (Expan-
sion) abstossen. Diese atomistische Theorie erklärt in ganz
gleicher Weise die allgemeinen Grundeigenschaften der Or-
ganismen und der Anorgane.
Die fundamentale Constitution der
Materie, ihre Zusammensetzung aus Atomen, ist also in sämmtlichen
Naturkörpern, leblosen und belebten, dieselbe 1).

Die mannichfaltigen Unterschiede in der Erscheinung und im We-
sen der verschiedenen Naturkörper beruhen theils auf der ununter-
brochenen Thätigkeit der allgemeinen Molekularkräfte (der Cohäsion
der discreten Atome und der Expansion der discreten, die Atome um-
hüllenden und trennenden Aethertheilchen), theils auf der qualitativen
Verschiedenheit der Atome. Diese letztere anzunehmen werden wir
durch die allgemeinsten Resultate der Chemie gezwungen. Indem
nämlich die Chemie in ihrem Bestreben, die Materie in ihre einfachsten
Bestandtheile zu zerlegen, schliesslich überall eine geringe Zahl von
unzerlegbaren, qualitativ verschiedenen Urstoffen oder chemischen Ele-
menten als allgemeine Grundlage der gesammten Materie nachweist,
führt sie in Verbindung mit jenen allgemeinsten Resultaten der Physik
zu der Annahme, dass die qualitativen Verschiedenheiten der chemisch
nicht weiter zerlegbaren Materien bedingt sind durch eine qualitative
Verschiedenheit der Atome, welche diese Materien constituiren. Es
würden also eben so viele verschiedene Atom-Arten, als chemische
Elemente existiren 2). Da sich die chemischen Elemente in bestimm-

1) Dieser jetzt allgemein von den Naturforschern angenommenen atomistischen
Theorie, welche bis jetzt allein die sämmtlichen allgemeinen Erscheinungen der
Körperwelt zu erklären im Stande ist, haben zwar viele speculative Philosophen
unter dem Namen der dynamischen Theorie eine (übrigens mehrfach modificirte)
andere Ansicht von der fundamentalen Constitution der Materie entgegengesetzt,
wonach dieselbe nur aus widerstrebenden Kräften zusammengesetzt ist. Doch
hat diese nicht zu einer allgemeinen Anerkennung gelangen können, weil sie eine
grössere Anzahl von Thatsachen nicht erklärt, und anderen unmittelbar wider-
spricht.
2) Die Hypothese, dass die qualitative Verschiedenheit der chemischen Ele-
mente, der durch die chemische Analyse nicht weiter zerlegbaren Grundstoffe,
bedingt sei durch eine qualitative Verschiedenheit der Massen-Atome, welche
die Elemente constituiren, ist von den Chemikern jetzt fast allgemein angenom-
men. Dieser Hypothese steht eine zweite, bisher noch wenig beachtete, un-
seres Erachtens aber richtigere Hypothese gegenüber, welche behauptet, dass es
nur zweierlei Arten von Atomen giebt, Massen-Atome und Aether-Atome, und
dass die Verschiedenheit der chemischen Elemente bedingt ist durch die ver-
schiedenartige Zahl der gleichartigen Massen-Atome, welche zu verschiedenen
Gruppen zusammentreten. Danach wäre also jedes sogenannte Atom eines

Organismen und Anorgane.
Dieser die Atome rings umgebende und von einander trennende Aether
besteht selbst wieder, gleich der Materie, aus discreten Theilchen,
welche von den Atomen angezogen werden, sich selbst aber unter ein-
ander durch ihre eigene Abstossungskraft oder Repulsivkraft (Expan-
sion) abstossen. Diese atomistische Theorie erklärt in ganz
gleicher Weise die allgemeinen Grundeigenschaften der Or-
ganismen und der Anorgane.
Die fundamentale Constitution der
Materie, ihre Zusammensetzung aus Atomen, ist also in sämmtlichen
Naturkörpern, leblosen und belebten, dieselbe 1).

Die mannichfaltigen Unterschiede in der Erscheinung und im We-
sen der verschiedenen Naturkörper beruhen theils auf der ununter-
brochenen Thätigkeit der allgemeinen Molekularkräfte (der Cohäsion
der discreten Atome und der Expansion der discreten, die Atome um-
hüllenden und trennenden Aethertheilchen), theils auf der qualitativen
Verschiedenheit der Atome. Diese letztere anzunehmen werden wir
durch die allgemeinsten Resultate der Chemie gezwungen. Indem
nämlich die Chemie in ihrem Bestreben, die Materie in ihre einfachsten
Bestandtheile zu zerlegen, schliesslich überall eine geringe Zahl von
unzerlegbaren, qualitativ verschiedenen Urstoffen oder chemischen Ele-
menten als allgemeine Grundlage der gesammten Materie nachweist,
führt sie in Verbindung mit jenen allgemeinsten Resultaten der Physik
zu der Annahme, dass die qualitativen Verschiedenheiten der chemisch
nicht weiter zerlegbaren Materien bedingt sind durch eine qualitative
Verschiedenheit der Atome, welche diese Materien constituiren. Es
würden also eben so viele verschiedene Atom-Arten, als chemische
Elemente existiren 2). Da sich die chemischen Elemente in bestimm-

1) Dieser jetzt allgemein von den Naturforschern angenommenen atomistischen
Theorie, welche bis jetzt allein die sämmtlichen allgemeinen Erscheinungen der
Körperwelt zu erklären im Stande ist, haben zwar viele speculative Philosophen
unter dem Namen der dynamischen Theorie eine (übrigens mehrfach modificirte)
andere Ansicht von der fundamentalen Constitution der Materie entgegengesetzt,
wonach dieselbe nur aus widerstrebenden Kräften zusammengesetzt ist. Doch
hat diese nicht zu einer allgemeinen Anerkennung gelangen können, weil sie eine
grössere Anzahl von Thatsachen nicht erklärt, und anderen unmittelbar wider-
spricht.
2) Die Hypothese, dass die qualitative Verschiedenheit der chemischen Ele-
mente, der durch die chemische Analyse nicht weiter zerlegbaren Grundstoffe,
bedingt sei durch eine qualitative Verschiedenheit der Massen-Atome, welche
die Elemente constituiren, ist von den Chemikern jetzt fast allgemein angenom-
men. Dieser Hypothese steht eine zweite, bisher noch wenig beachtete, un-
seres Erachtens aber richtigere Hypothese gegenüber, welche behauptet, dass es
nur zweierlei Arten von Atomen giebt, Massen-Atome und Aether-Atome, und
dass die Verschiedenheit der chemischen Elemente bedingt ist durch die ver-
schiedenartige Zahl der gleichartigen Massen-Atome, welche zu verschiedenen
Gruppen zusammentreten. Danach wäre also jedes sogenannte Atom eines
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[116/0155] Organismen und Anorgane. Dieser die Atome rings umgebende und von einander trennende Aether besteht selbst wieder, gleich der Materie, aus discreten Theilchen, welche von den Atomen angezogen werden, sich selbst aber unter ein- ander durch ihre eigene Abstossungskraft oder Repulsivkraft (Expan- sion) abstossen. Diese atomistische Theorie erklärt in ganz gleicher Weise die allgemeinen Grundeigenschaften der Or- ganismen und der Anorgane. Die fundamentale Constitution der Materie, ihre Zusammensetzung aus Atomen, ist also in sämmtlichen Naturkörpern, leblosen und belebten, dieselbe 1). Die mannichfaltigen Unterschiede in der Erscheinung und im We- sen der verschiedenen Naturkörper beruhen theils auf der ununter- brochenen Thätigkeit der allgemeinen Molekularkräfte (der Cohäsion der discreten Atome und der Expansion der discreten, die Atome um- hüllenden und trennenden Aethertheilchen), theils auf der qualitativen Verschiedenheit der Atome. Diese letztere anzunehmen werden wir durch die allgemeinsten Resultate der Chemie gezwungen. Indem nämlich die Chemie in ihrem Bestreben, die Materie in ihre einfachsten Bestandtheile zu zerlegen, schliesslich überall eine geringe Zahl von unzerlegbaren, qualitativ verschiedenen Urstoffen oder chemischen Ele- menten als allgemeine Grundlage der gesammten Materie nachweist, führt sie in Verbindung mit jenen allgemeinsten Resultaten der Physik zu der Annahme, dass die qualitativen Verschiedenheiten der chemisch nicht weiter zerlegbaren Materien bedingt sind durch eine qualitative Verschiedenheit der Atome, welche diese Materien constituiren. Es würden also eben so viele verschiedene Atom-Arten, als chemische Elemente existiren 2). Da sich die chemischen Elemente in bestimm- 1) Dieser jetzt allgemein von den Naturforschern angenommenen atomistischen Theorie, welche bis jetzt allein die sämmtlichen allgemeinen Erscheinungen der Körperwelt zu erklären im Stande ist, haben zwar viele speculative Philosophen unter dem Namen der dynamischen Theorie eine (übrigens mehrfach modificirte) andere Ansicht von der fundamentalen Constitution der Materie entgegengesetzt, wonach dieselbe nur aus widerstrebenden Kräften zusammengesetzt ist. Doch hat diese nicht zu einer allgemeinen Anerkennung gelangen können, weil sie eine grössere Anzahl von Thatsachen nicht erklärt, und anderen unmittelbar wider- spricht. 2) Die Hypothese, dass die qualitative Verschiedenheit der chemischen Ele- mente, der durch die chemische Analyse nicht weiter zerlegbaren Grundstoffe, bedingt sei durch eine qualitative Verschiedenheit der Massen-Atome, welche die Elemente constituiren, ist von den Chemikern jetzt fast allgemein angenom- men. Dieser Hypothese steht eine zweite, bisher noch wenig beachtete, un- seres Erachtens aber richtigere Hypothese gegenüber, welche behauptet, dass es nur zweierlei Arten von Atomen giebt, Massen-Atome und Aether-Atome, und dass die Verschiedenheit der chemischen Elemente bedingt ist durch die ver- schiedenartige Zahl der gleichartigen Massen-Atome, welche zu verschiedenen Gruppen zusammentreten. Danach wäre also jedes sogenannte Atom eines

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/155>, abgerufen am 24.11.2024.