Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.Physiologische Individualität der Organismen. schliessen, treten theils mehr regelmässig, theils mehr zufällig ausdem Verbande des Ganzen zu Zeiten hervor, um sich selbstständig zu einem vollkommenen actuellen Bionten auszubilden. Dahin können wir z. B. die Gemmulae der Spongien rechnen. Auch andere Poly- sporen (mehrkernige Keimzellen) können hierher gerechnet werden. Unter den Protisten und Thallophyten gilt dasselbe von manchen "Brutzellen". b. Organe zweiter Ordnung oder einfache Organe (Ho- moplasten) als virtuelle Bionten finden sich allgemein als vor- übergehende Entwickelungsstadien bei allen höheren Organismen, welche sich aus einer Zelle (Ei oder Spore) entwickeln. Wir müssen als solche virtuelle Bionten vom Formen-Werthe eines Organs zweiter Ordnung alle noch nicht differenzirten Furchungskugeln betrachten, welche aus der fortgesetzten Eitheilung entstanden sind, ferner alle "Embryonal-Anlagen" und "Proembryonen", auch Embryonen, so lange ihre Zellenmasse noch aus lauter gleichartigen Furchungs- producten besteht. Ebenso müssen wir hierher alle abgelösten Paren- chymstücke von Organismen dritter bis sechster Ordnung rechnen, welche aus lauter gleichartigen Zellen bestehen und fähig sind, sich zum actuellen Ganzen zu entwickeln, z. B. eine Gruppe gleich- artiger Zellen von Hydra. c. Organe dritter Ordnung oder zusammengesetzte Or- gane (Heteroplasten) finden sich als virtuelle Bionten ebenfalls bei allen höheren Organismen, welche sich aus einer Plastide (Ei oder Spore) entwickeln. Es gilt dies von denjenigen vorübergehenden Entwickelungszuständen, welche differenzirte Plastidencomplexe dar- stellen, die sich aber noch nicht in Antimeren oder Metameren diffe- renzirt haben. Als solche sind z. B. die Wirbelthier-Embryonen zu betrachten, wenn zwar die drei Keimblätter in der Embryonal-Anlage differenzirt, aber die Antimeren noch nicht durch die Bildung des Primitivstreifens angedeutet sind. Auch der Phanerogamen-Embryo gehört hierher, so lange die homotypische Zusammensetzung noch nicht durch das Hervorknospen der Cotyledonen bestimmt ist. Ferner können wir alle durch Knospung entstehenden Metameren, Sprossen u. s. w. so lange als virtuelle Bionten vom Formwerthe eines Organs dritter Ordnung betrachten, als ihre differenzirte Zellenmasse noch nicht die homotypische Zusammensetzung des Ganzen erkennen lässt. Endlich rechnen wir hierher alle aus einem höheren Organismus aus- gelösten Parenchymstücke, welche aus ungleichartigen Plastiden be- stehen und fähig sind, sich zum actuellen Ganzen zu entwickeln (z. B. Blattstücke mit Gefässbündeln, Parenchym und Oberhaut von Bryophyllum etc.). Physiologische Individualität der Organismen. schliessen, treten theils mehr regelmässig, theils mehr zufällig ausdem Verbande des Ganzen zu Zeiten hervor, um sich selbstständig zu einem vollkommenen actuellen Bionten auszubilden. Dahin können wir z. B. die Gemmulae der Spongien rechnen. Auch andere Poly- sporen (mehrkernige Keimzellen) können hierher gerechnet werden. Unter den Protisten und Thallophyten gilt dasselbe von manchen „Brutzellen“. b. Organe zweiter Ordnung oder einfache Organe (Ho- moplasten) als virtuelle Bionten finden sich allgemein als vor- übergehende Entwickelungsstadien bei allen höheren Organismen, welche sich aus einer Zelle (Ei oder Spore) entwickeln. Wir müssen als solche virtuelle Bionten vom Formen-Werthe eines Organs zweiter Ordnung alle noch nicht differenzirten Furchungskugeln betrachten, welche aus der fortgesetzten Eitheilung entstanden sind, ferner alle „Embryonal-Anlagen“ und „Proembryonen“, auch Embryonen, so lange ihre Zellenmasse noch aus lauter gleichartigen Furchungs- producten besteht. Ebenso müssen wir hierher alle abgelösten Paren- chymstücke von Organismen dritter bis sechster Ordnung rechnen, welche aus lauter gleichartigen Zellen bestehen und fähig sind, sich zum actuellen Ganzen zu entwickeln, z. B. eine Gruppe gleich- artiger Zellen von Hydra. c. Organe dritter Ordnung oder zusammengesetzte Or- gane (Heteroplasten) finden sich als virtuelle Bionten ebenfalls bei allen höheren Organismen, welche sich aus einer Plastide (Ei oder Spore) entwickeln. Es gilt dies von denjenigen vorübergehenden Entwickelungszuständen, welche differenzirte Plastidencomplexe dar- stellen, die sich aber noch nicht in Antimeren oder Metameren diffe- renzirt haben. Als solche sind z. B. die Wirbelthier-Embryonen zu betrachten, wenn zwar die drei Keimblätter in der Embryonal-Anlage differenzirt, aber die Antimeren noch nicht durch die Bildung des Primitivstreifens angedeutet sind. Auch der Phanerogamen-Embryo gehört hierher, so lange die homotypische Zusammensetzung noch nicht durch das Hervorknospen der Cotyledonen bestimmt ist. Ferner können wir alle durch Knospung entstehenden Metameren, Sprossen u. s. w. so lange als virtuelle Bionten vom Formwerthe eines Organs dritter Ordnung betrachten, als ihre differenzirte Zellenmasse noch nicht die homotypische Zusammensetzung des Ganzen erkennen lässt. Endlich rechnen wir hierher alle aus einem höheren Organismus aus- gelösten Parenchymstücke, welche aus ungleichartigen Plastiden be- stehen und fähig sind, sich zum actuellen Ganzen zu entwickeln (z. B. Blattstücke mit Gefässbündeln, Parenchym und Oberhaut von Bryophyllum etc.). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0383" n="344"/><fw place="top" type="header">Physiologische Individualität der Organismen.</fw><lb/> schliessen, treten theils mehr regelmässig, theils mehr zufällig aus<lb/> dem Verbande des Ganzen zu Zeiten hervor, um sich selbstständig<lb/> zu einem vollkommenen actuellen Bionten auszubilden. Dahin können<lb/> wir z. B. die Gemmulae der Spongien rechnen. 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Physiologische Individualität der Organismen.
schliessen, treten theils mehr regelmässig, theils mehr zufällig aus
dem Verbande des Ganzen zu Zeiten hervor, um sich selbstständig
zu einem vollkommenen actuellen Bionten auszubilden. Dahin können
wir z. B. die Gemmulae der Spongien rechnen. Auch andere Poly-
sporen (mehrkernige Keimzellen) können hierher gerechnet werden.
Unter den Protisten und Thallophyten gilt dasselbe von manchen
„Brutzellen“.
b. Organe zweiter Ordnung oder einfache Organe (Ho-
moplasten) als virtuelle Bionten finden sich allgemein als vor-
übergehende Entwickelungsstadien bei allen höheren Organismen,
welche sich aus einer Zelle (Ei oder Spore) entwickeln. Wir müssen
als solche virtuelle Bionten vom Formen-Werthe eines Organs zweiter
Ordnung alle noch nicht differenzirten Furchungskugeln betrachten,
welche aus der fortgesetzten Eitheilung entstanden sind, ferner alle
„Embryonal-Anlagen“ und „Proembryonen“, auch Embryonen, so
lange ihre Zellenmasse noch aus lauter gleichartigen Furchungs-
producten besteht. Ebenso müssen wir hierher alle abgelösten Paren-
chymstücke von Organismen dritter bis sechster Ordnung rechnen,
welche aus lauter gleichartigen Zellen bestehen und fähig sind, sich
zum actuellen Ganzen zu entwickeln, z. B. eine Gruppe gleich-
artiger Zellen von Hydra.
c. Organe dritter Ordnung oder zusammengesetzte Or-
gane (Heteroplasten) finden sich als virtuelle Bionten ebenfalls
bei allen höheren Organismen, welche sich aus einer Plastide (Ei
oder Spore) entwickeln. Es gilt dies von denjenigen vorübergehenden
Entwickelungszuständen, welche differenzirte Plastidencomplexe dar-
stellen, die sich aber noch nicht in Antimeren oder Metameren diffe-
renzirt haben. Als solche sind z. B. die Wirbelthier-Embryonen zu
betrachten, wenn zwar die drei Keimblätter in der Embryonal-Anlage
differenzirt, aber die Antimeren noch nicht durch die Bildung des
Primitivstreifens angedeutet sind. Auch der Phanerogamen-Embryo
gehört hierher, so lange die homotypische Zusammensetzung noch
nicht durch das Hervorknospen der Cotyledonen bestimmt ist. Ferner
können wir alle durch Knospung entstehenden Metameren, Sprossen
u. s. w. so lange als virtuelle Bionten vom Formwerthe eines Organs
dritter Ordnung betrachten, als ihre differenzirte Zellenmasse noch
nicht die homotypische Zusammensetzung des Ganzen erkennen lässt.
Endlich rechnen wir hierher alle aus einem höheren Organismus aus-
gelösten Parenchymstücke, welche aus ungleichartigen Plastiden be-
stehen und fähig sind, sich zum actuellen Ganzen zu entwickeln
(z. B. Blattstücke mit Gefässbündeln, Parenchym und Oberhaut von
Bryophyllum etc.).
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