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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Quadrat-octaedrische Grundformen. Isostaura octopleura.
deutlich ausgeprägt zeigen, und also unmittelbar an die Krystallformen
des tetragonalen Systems sich anschliessen, gehören grösstentheils
wieder der Radiolarien-Klasse an. Gewöhnlich ist bei denselben die
reine stereometrische Krystallform des Organismus desshalb so klar
ausgesprochen, weil sie radiale, sehr entwickelte Kieselstacheln be-
sitzen, die durch ihre Lagerung vollkommen den Axen des Quadrat-
Octaeders entsprechen, und die man geradezu als verkörperte Kry-
stallaxen ansehen darf. Auch unter den Diatomeen und Desmidiaceen
(Taf. II, Fig. 25) ist das Quadrat-Octaeder sehr verbreitet (z. B. Staura-
strum dilatatum),
ferner bei vielen Pollenkörnern (z. B. Annona tripetala,
Phyllidrum lanuginosum).
Vor Allen merkwürdig und höchst wichtig
für die Frage von der Formenverwandtschaft der Krystalle und der
Organismen sind hier aber diejenigen Radiolarien, welche zwanzig
nach Müller
's Gesetze symmetrisch vertheilte Radialstacheln
besitzen. (Taf. II, Fig. 26). Wir haben dieses höchst interessante Stellungs-
gesetz, welches zuerst von Johannes Müller entdeckt wurde, und
welches wir ihm zu Ehren benannt haben, in unserer Monographie der
Radiolarien weitläufig erörtert und als ein in dieser Thierklasse sehr
weit verbreitetes nachgewiesen (l. c. p. 40--45) und müssen hier auf
die dort gegebenen ausführlichen Erläuterungen und zahlreichen Ab-
bildungen verweisen (z. B. Taf. IX, X, XV--XXIV).

Müller's Gesetz von der Stellung der 20 symmetrisch ver-
theilten Radialstacheln der Radiolarien
lässt sich am kürzesten
folgendermaassen formuliren: "Zwischen 2 stachellosen Polen stehen 5 Gürtel
von je 4 radialen Stacheln; die 4 Stacheln jedes Gürtels sind gleich weit
von einander und auch gleich weit von demselben Pole entfernt, und alter-
niren so mit denen der benachbarten Gürtel, dass alle 20 zusammen in
4 Meridian-Ebenen liegen." Zur Bezeichnung der einzelnen Stachelgürtel
haben wir nach Müller's Vorgange das Bild des Erdglobus gewählt und
die stachellose Axe der Erdaxe gleichgesetzt, die beiden stachellosen
Pole dieser Hauptaxe den beiden Polen der Erdaxe. Es fällt dann der
mittlere, unpaare von den 5 Stachelgürteln in die Aequatorialebene und
demgemäss sind die 4 Stacheln, welche in dieser liegen und 2 rechtwinklig
gekreuzte aequatoriale Durchmesser darstellen, als Aequatorialstacheln
zu bezeichnen. In denselben beiden (auf einander senkrechten) Meridian-
Ebenen, wie die 4 aequatorialen, liegen auch die 8 Radialstacheln, welche
zu je Vieren die beiden Pole umgeben, und deren Spitzen in die Polar-
kreise des fingirten Erdglobus fallen würden; sie heissen desshalb Polar-
stacheln
. Zwischen den beiden Zonen der 8 polaren und der unpaaren
Zone der 4 aequatorialen Stacheln liegen die beiden mit ihnen alterniren-
den Zonen der 8 Tropenstacheln, in zwei senkrecht gekreuzten (inter-
radialen) Meridianebenen, welche zwischen den beiden ersten (radialen)
Meridianebenen in der Mitte liegen; die Spitzen von je 4 Tropenstacheln
fallen in einen Wendekreis. Um eine allgemein gültige Bezeichnung für
die 20 nach diesem merkwürdigen Gesetz vertheilten Stacheln durchzu-

Quadrat-octaedrische Grundformen. Isostaura octopleura.
deutlich ausgeprägt zeigen, und also unmittelbar an die Krystallformen
des tetragonalen Systems sich anschliessen, gehören grösstentheils
wieder der Radiolarien-Klasse an. Gewöhnlich ist bei denselben die
reine stereometrische Krystallform des Organismus desshalb so klar
ausgesprochen, weil sie radiale, sehr entwickelte Kieselstacheln be-
sitzen, die durch ihre Lagerung vollkommen den Axen des Quadrat-
Octaeders entsprechen, und die man geradezu als verkörperte Kry-
stallaxen ansehen darf. Auch unter den Diatomeen und Desmidiaceen
(Taf. II, Fig. 25) ist das Quadrat-Octaeder sehr verbreitet (z. B. Staura-
strum dilatatum),
ferner bei vielen Pollenkörnern (z. B. Annona tripetala,
Phyllidrum lanuginosum).
Vor Allen merkwürdig und höchst wichtig
für die Frage von der Formenverwandtschaft der Krystalle und der
Organismen sind hier aber diejenigen Radiolarien, welche zwanzig
nach Müller
’s Gesetze symmetrisch vertheilte Radialstacheln
besitzen. (Taf. II, Fig. 26). Wir haben dieses höchst interessante Stellungs-
gesetz, welches zuerst von Johannes Müller entdeckt wurde, und
welches wir ihm zu Ehren benannt haben, in unserer Monographie der
Radiolarien weitläufig erörtert und als ein in dieser Thierklasse sehr
weit verbreitetes nachgewiesen (l. c. p. 40—45) und müssen hier auf
die dort gegebenen ausführlichen Erläuterungen und zahlreichen Ab-
bildungen verweisen (z. B. Taf. IX, X, XV—XXIV).

Müller’s Gesetz von der Stellung der 20 symmetrisch ver-
theilten Radialstacheln der Radiolarien
lässt sich am kürzesten
folgendermaassen formuliren: „Zwischen 2 stachellosen Polen stehen 5 Gürtel
von je 4 radialen Stacheln; die 4 Stacheln jedes Gürtels sind gleich weit
von einander und auch gleich weit von demselben Pole entfernt, und alter-
niren so mit denen der benachbarten Gürtel, dass alle 20 zusammen in
4 Meridian-Ebenen liegen.“ Zur Bezeichnung der einzelnen Stachelgürtel
haben wir nach Müller’s Vorgange das Bild des Erdglobus gewählt und
die stachellose Axe der Erdaxe gleichgesetzt, die beiden stachellosen
Pole dieser Hauptaxe den beiden Polen der Erdaxe. Es fällt dann der
mittlere, unpaare von den 5 Stachelgürteln in die Aequatorialebene und
demgemäss sind die 4 Stacheln, welche in dieser liegen und 2 rechtwinklig
gekreuzte aequatoriale Durchmesser darstellen, als Aequatorialstacheln
zu bezeichnen. In denselben beiden (auf einander senkrechten) Meridian-
Ebenen, wie die 4 aequatorialen, liegen auch die 8 Radialstacheln, welche
zu je Vieren die beiden Pole umgeben, und deren Spitzen in die Polar-
kreise des fingirten Erdglobus fallen würden; sie heissen desshalb Polar-
stacheln
. Zwischen den beiden Zonen der 8 polaren und der unpaaren
Zone der 4 aequatorialen Stacheln liegen die beiden mit ihnen alterniren-
den Zonen der 8 Tropenstacheln, in zwei senkrecht gekreuzten (inter-
radialen) Meridianebenen, welche zwischen den beiden ersten (radialen)
Meridianebenen in der Mitte liegen; die Spitzen von je 4 Tropenstacheln
fallen in einen Wendekreis. Um eine allgemein gültige Bezeichnung für
die 20 nach diesem merkwürdigen Gesetz vertheilten Stacheln durchzu-

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[441/0480] Quadrat-octaedrische Grundformen. Isostaura octopleura. deutlich ausgeprägt zeigen, und also unmittelbar an die Krystallformen des tetragonalen Systems sich anschliessen, gehören grösstentheils wieder der Radiolarien-Klasse an. Gewöhnlich ist bei denselben die reine stereometrische Krystallform des Organismus desshalb so klar ausgesprochen, weil sie radiale, sehr entwickelte Kieselstacheln be- sitzen, die durch ihre Lagerung vollkommen den Axen des Quadrat- Octaeders entsprechen, und die man geradezu als verkörperte Kry- stallaxen ansehen darf. Auch unter den Diatomeen und Desmidiaceen (Taf. II, Fig. 25) ist das Quadrat-Octaeder sehr verbreitet (z. B. Staura- strum dilatatum), ferner bei vielen Pollenkörnern (z. B. Annona tripetala, Phyllidrum lanuginosum). Vor Allen merkwürdig und höchst wichtig für die Frage von der Formenverwandtschaft der Krystalle und der Organismen sind hier aber diejenigen Radiolarien, welche zwanzig nach Müller’s Gesetze symmetrisch vertheilte Radialstacheln besitzen. (Taf. II, Fig. 26). Wir haben dieses höchst interessante Stellungs- gesetz, welches zuerst von Johannes Müller entdeckt wurde, und welches wir ihm zu Ehren benannt haben, in unserer Monographie der Radiolarien weitläufig erörtert und als ein in dieser Thierklasse sehr weit verbreitetes nachgewiesen (l. c. p. 40—45) und müssen hier auf die dort gegebenen ausführlichen Erläuterungen und zahlreichen Ab- bildungen verweisen (z. B. Taf. IX, X, XV—XXIV). Müller’s Gesetz von der Stellung der 20 symmetrisch ver- theilten Radialstacheln der Radiolarien lässt sich am kürzesten folgendermaassen formuliren: „Zwischen 2 stachellosen Polen stehen 5 Gürtel von je 4 radialen Stacheln; die 4 Stacheln jedes Gürtels sind gleich weit von einander und auch gleich weit von demselben Pole entfernt, und alter- niren so mit denen der benachbarten Gürtel, dass alle 20 zusammen in 4 Meridian-Ebenen liegen.“ Zur Bezeichnung der einzelnen Stachelgürtel haben wir nach Müller’s Vorgange das Bild des Erdglobus gewählt und die stachellose Axe der Erdaxe gleichgesetzt, die beiden stachellosen Pole dieser Hauptaxe den beiden Polen der Erdaxe. Es fällt dann der mittlere, unpaare von den 5 Stachelgürteln in die Aequatorialebene und demgemäss sind die 4 Stacheln, welche in dieser liegen und 2 rechtwinklig gekreuzte aequatoriale Durchmesser darstellen, als Aequatorialstacheln zu bezeichnen. In denselben beiden (auf einander senkrechten) Meridian- Ebenen, wie die 4 aequatorialen, liegen auch die 8 Radialstacheln, welche zu je Vieren die beiden Pole umgeben, und deren Spitzen in die Polar- kreise des fingirten Erdglobus fallen würden; sie heissen desshalb Polar- stacheln. Zwischen den beiden Zonen der 8 polaren und der unpaaren Zone der 4 aequatorialen Stacheln liegen die beiden mit ihnen alterniren- den Zonen der 8 Tropenstacheln, in zwei senkrecht gekreuzten (inter- radialen) Meridianebenen, welche zwischen den beiden ersten (radialen) Meridianebenen in der Mitte liegen; die Spitzen von je 4 Tropenstacheln fallen in einen Wendekreis. Um eine allgemein gültige Bezeichnung für die 20 nach diesem merkwürdigen Gesetz vertheilten Stacheln durchzu-

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/480>, abgerufen am 23.11.2024.