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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Promorphologische Thesen.
18. In den organischen Individuen ebenso wie in den Krystallen
spricht sich diese stereometrische Grundform unverkennbar mit mathe-
matischer Bestimmtheit aus in den gegenseitigen Verhältnissen der
Axen, nach welchen die constituirenden Bestandtheile des Individuums
geordnet erscheinen, und der beiden Pole, welche an jeder Axe zu
unterscheiden sind.
19. Durch die Zahl dieser idealen (und oft zugleich realen, kör-
perlichen) Axen, sowie durch das Verhältniss der Gleichheit oder Un-
gleichheit der Axen sowohl als ihrer beiden Pole, werden gewisse ein-
fache stereometrische Grundformen mit mathematischer Sicherheit be-
stimmt, auf welche sich die nicht direct messbaren und berechenbaren
organischen Formen ebenso wie diejenigen der Krystall-Individuen zu-
rückführen lassen.
20. Die stereometrische Grundform oder die Promorphe jedes or-
ganischen Individuums drückt alle wesentlichen und die allgemeine
Gestalt bestimmenden Lagerungs-Verhältnisse ihrer constituirenden Be-
standtheile mit mathematischer Sicherheit ganz ebenso wie bei den
individuellen Krystallen aus.
21. Jede wissenschaftliche Darstellung einer individuellen organi-
schen Form hat zunächst die Aufgabe der Erkenntniss ihrer stereo-
metrischen Grundform, an welche sich dann die detaillirte Beschrei-
bung, Ausmessung und Berechnung, ebenso wie dies bei den Krystall-
Individuen geschieht, anzuschliessen hat. 1)
22. Auf dieser sicheren promorphologischen Grundlage ist eine
mathematische Erkenntniss der organischen Individuen ganz ebenso
wie bei den Krystallen möglich.
III. Thesen von der Constitution der individuellen Grundformen.
23. Die Promorphe oder die stereometrische Grundform, welche
jeder axenfesten organischen Form zu Grunde liegt, ist unmittelbar
mit mathematischer Nothwendigkeit bedingt durch die Zahl und Grösse,
die Lagerung und Verbindung, die Gleichheit oder Ungleichheit
(Differenzirung) der constituirenden Form-Bestandtheile.
24. Bei den einfachen Organismen, d. h. denjenigen, welche ein
einziges Individuum erster Ordnung, eine einzelne Plastide darstellen,
1) In allen Fällen, in denen eine wissenschaftlich genaue Darstellung einer
individuellen organischen Form gefordert wird, müssen demnach zunächst die
bestimmenden Axen aufgesucht, unterschieden und gemessen werden. Dann ist
der Abstand der einzelnen Theile von den Axen und von ihren beiden Polen zu
messen, und erst an diese mathematisch sichere Grundlage kann sich die detail-
lirte Beschreibung der besonderen Einzelheiten der Form, wie an ihr festes
Skelet, anlehnen. Die eventuelle Ausmessung und Berechnung der Ober-
flächen-Verhältnisse hat sich stets unmittelbar auf die Abstände der Oberflächen-
punkte von den Axen und ihren Polen zu beziehen.
Promorphologische Thesen.
18. In den organischen Individuen ebenso wie in den Krystallen
spricht sich diese stereometrische Grundform unverkennbar mit mathe-
matischer Bestimmtheit aus in den gegenseitigen Verhältnissen der
Axen, nach welchen die constituirenden Bestandtheile des Individuums
geordnet erscheinen, und der beiden Pole, welche an jeder Axe zu
unterscheiden sind.
19. Durch die Zahl dieser idealen (und oft zugleich realen, kör-
perlichen) Axen, sowie durch das Verhältniss der Gleichheit oder Un-
gleichheit der Axen sowohl als ihrer beiden Pole, werden gewisse ein-
fache stereometrische Grundformen mit mathematischer Sicherheit be-
stimmt, auf welche sich die nicht direct messbaren und berechenbaren
organischen Formen ebenso wie diejenigen der Krystall-Individuen zu-
rückführen lassen.
20. Die stereometrische Grundform oder die Promorphe jedes or-
ganischen Individuums drückt alle wesentlichen und die allgemeine
Gestalt bestimmenden Lagerungs-Verhältnisse ihrer constituirenden Be-
standtheile mit mathematischer Sicherheit ganz ebenso wie bei den
individuellen Krystallen aus.
21. Jede wissenschaftliche Darstellung einer individuellen organi-
schen Form hat zunächst die Aufgabe der Erkenntniss ihrer stereo-
metrischen Grundform, an welche sich dann die detaillirte Beschrei-
bung, Ausmessung und Berechnung, ebenso wie dies bei den Krystall-
Individuen geschieht, anzuschliessen hat. 1)
22. Auf dieser sicheren promorphologischen Grundlage ist eine
mathematische Erkenntniss der organischen Individuen ganz ebenso
wie bei den Krystallen möglich.
III. Thesen von der Constitution der individuellen Grundformen.
23. Die Promorphe oder die stereometrische Grundform, welche
jeder axenfesten organischen Form zu Grunde liegt, ist unmittelbar
mit mathematischer Nothwendigkeit bedingt durch die Zahl und Grösse,
die Lagerung und Verbindung, die Gleichheit oder Ungleichheit
(Differenzirung) der constituirenden Form-Bestandtheile.
24. Bei den einfachen Organismen, d. h. denjenigen, welche ein
einziges Individuum erster Ordnung, eine einzelne Plastide darstellen,
1) In allen Fällen, in denen eine wissenschaftlich genaue Darstellung einer
individuellen organischen Form gefordert wird, müssen demnach zunächst die
bestimmenden Axen aufgesucht, unterschieden und gemessen werden. Dann ist
der Abstand der einzelnen Theile von den Axen und von ihren beiden Polen zu
messen, und erst an diese mathematisch sichere Grundlage kann sich die detail-
lirte Beschreibung der besonderen Einzelheiten der Form, wie an ihr festes
Skelet, anlehnen. Die eventuelle Ausmessung und Berechnung der Ober-
flächen-Verhältnisse hat sich stets unmittelbar auf die Abstände der Oberflächen-
punkte von den Axen und ihren Polen zu beziehen.
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[543/0582] Promorphologische Thesen. 18. In den organischen Individuen ebenso wie in den Krystallen spricht sich diese stereometrische Grundform unverkennbar mit mathe- matischer Bestimmtheit aus in den gegenseitigen Verhältnissen der Axen, nach welchen die constituirenden Bestandtheile des Individuums geordnet erscheinen, und der beiden Pole, welche an jeder Axe zu unterscheiden sind. 19. Durch die Zahl dieser idealen (und oft zugleich realen, kör- perlichen) Axen, sowie durch das Verhältniss der Gleichheit oder Un- gleichheit der Axen sowohl als ihrer beiden Pole, werden gewisse ein- fache stereometrische Grundformen mit mathematischer Sicherheit be- stimmt, auf welche sich die nicht direct messbaren und berechenbaren organischen Formen ebenso wie diejenigen der Krystall-Individuen zu- rückführen lassen. 20. Die stereometrische Grundform oder die Promorphe jedes or- ganischen Individuums drückt alle wesentlichen und die allgemeine Gestalt bestimmenden Lagerungs-Verhältnisse ihrer constituirenden Be- standtheile mit mathematischer Sicherheit ganz ebenso wie bei den individuellen Krystallen aus. 21. Jede wissenschaftliche Darstellung einer individuellen organi- schen Form hat zunächst die Aufgabe der Erkenntniss ihrer stereo- metrischen Grundform, an welche sich dann die detaillirte Beschrei- bung, Ausmessung und Berechnung, ebenso wie dies bei den Krystall- Individuen geschieht, anzuschliessen hat. 1) 22. Auf dieser sicheren promorphologischen Grundlage ist eine mathematische Erkenntniss der organischen Individuen ganz ebenso wie bei den Krystallen möglich. III. Thesen von der Constitution der individuellen Grundformen. 23. Die Promorphe oder die stereometrische Grundform, welche jeder axenfesten organischen Form zu Grunde liegt, ist unmittelbar mit mathematischer Nothwendigkeit bedingt durch die Zahl und Grösse, die Lagerung und Verbindung, die Gleichheit oder Ungleichheit (Differenzirung) der constituirenden Form-Bestandtheile. 24. Bei den einfachen Organismen, d. h. denjenigen, welche ein einziges Individuum erster Ordnung, eine einzelne Plastide darstellen, 1) In allen Fällen, in denen eine wissenschaftlich genaue Darstellung einer individuellen organischen Form gefordert wird, müssen demnach zunächst die bestimmenden Axen aufgesucht, unterschieden und gemessen werden. Dann ist der Abstand der einzelnen Theile von den Axen und von ihren beiden Polen zu messen, und erst an diese mathematisch sichere Grundlage kann sich die detail- lirte Beschreibung der besonderen Einzelheiten der Form, wie an ihr festes Skelet, anlehnen. Die eventuelle Ausmessung und Berechnung der Ober- flächen-Verhältnisse hat sich stets unmittelbar auf die Abstände der Oberflächen- punkte von den Axen und ihren Polen zu beziehen.

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/582>, abgerufen am 25.11.2024.